Zusammenfassung
Die Ausrichtungen Suizidalität und Sterben/Sterbewunsch sind bekannt und umfassend wissenschaftlich belegt. Der Fatalismus ist es nicht und wird später einer genaueren Umschreibung bedürfen. Die — wie es im medizinischen Sprachgebrauch heißt — „ differentialdiagnostische“ Abgrenzung und Unterscheidung von Suizidalität, Sterben/Sterbewunsch und Fatalismus bei depressiven Alterspatienten kann im Einzelfall auf Schwierigkeiten stoßen, wenn infolge erheblicher krankhafter Störung aus den Äußerungen des Patienten eine klare und eindeutige Stellungnahme und Zielsetzung seiner Motivation nicht abzuleiten ist. Beim Älteren mit einer depressiven Störung kann die Fähigkeit zur Reflexion, zum verbalen Ausdruck und zum Dialog so stark beeinträchtigt sein, daß er die Antwort auf Fragen nach seiner Einstellung schuldig bleibt. In manchen Fällen wird der Untersucher festzustellen haben, daß depressive Alterspatienten die an sie gestellten Fragen ausweichend beantworten. Es entsteht der Eindruck, daß Ambivalenz gegenüber Sterben/Tod und Leben bei schwerer Depression im Alter wohl häufiger anzutreffen ist, als eine klare, eindeutige Intentionalität, mit der der Therapeut leichter umgehen kann als mit „Fatalismus“.
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© 1992 Dr. Dietrich Steinkopff Verlag GmbH & Co. KG, Darmstadt
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Oesterreich, K. (1992). Suizidalität, Sterbewunsch und Fatalismus bei depressiven Alterskranken. In: Friedrich, I., Schmitz-Scherzer, R. (eds) Suizid im Alter. Internationale Kasseler Gerontologische Gespräche, vol 2. Steinkopff. https://doi.org/10.1007/978-3-642-72480-0_8
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