Zusammenfassung
Der Begriff der Minderwertigkeit ist sowohl in der Medizin als in der gerichtlichen Praxis seit langem in Verwendung. Man versteht darunter zumeist einen Zustand, der geistige Defekte aufweist, ohne daß man gerade von geistiger Krankheit sprechen könnte. Dieser Begriff enthält also ein Gesamturteil und eine herabsetzende Kritik über das Ganze einer Psyche. Die Minderwertigkeit, mit der ich rechne, betrifft das unfertige, in der Entwicklung zurückgebliebene, im ganzen oder in einzelnen Teilen in seinem Wachstum gehemmte oder veränderte Organ. Das Schicksal dieser minderwertigen Organe, der Sinnesorgane, des Ernährungsapparates, Atmungstraktes, Drüsen-, Harn-, Genitalapparates, der Zirkulationsorgane und des Nervensystems, ist ein ungemein wechselndes. Beim Eintritt ins Leben, oft nur auf kindlicher Stufe ist diese Minderwertigkeit nachzuweisen oder zu erschließen. Die Entwicklung und die Reizquellen des Lebens drängen auf Überwindung der Äußerungen dieser Minderwertigkeit, so daß als Ausgänge ungefähr folgende Stadien mit allen möglichen Zwischenstufen resultieren: Lebensunfähigkeit, Anomalien der Gestalt, der Funktion, Widerstandsunfähigkeit und Krankheitsanlagen, Kompensation (Ausgleichung) im Organ, Kompensation durch ein zweites Organ, durch den psychischen Überbau, Überkompensation im Organischen oder Psychischen.
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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
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© 1928 J. F. Bergmann in München
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Adler, A. (1928). Die Theorie der Organminderwertigkeit und ihre Bedeutung für Philosophie und Psychologie. In: Wexberg, E. (eds) Heilen und Bilden. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-91112-5_3
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