Zusammenfassung
Nach dem gegenwärtigen Stand unseres Wissens hat die Scheide drei verschiedene Funktionen:
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a)
Bei der Kohabitation dient sie zur Aufnahme des Membrum virile — „vaginae ad instar“ — und zur provisorischen Ablagerung des Spermas. Die Scheide wird hier zum „Sameneinführungsgang“ (Sellheim1).
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b)
Bei der Geburt wird sie zu einem Teil des Durchtrittsschlauches, zum „Eiausführungsgang“ (Sellheim1),
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c)
außerdem dient sie als Sekretausführungsgang zur Ableitung der Genitalsekrete — des Menstrualblutes, des Tuben-, Uterus- und Cervixsekretes, sowie ihres eigenen Inhaltes.
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Notes
Sellheim in Halban-Seitz, Bd. VII, 1. S. 185.
De morbis mulierum II. Editio Kühn. T. II. p. 821: „ἢν δέ ἔξϊ τοῦ αἰδοίον τό στὀμα τῶν μητϱέωυ ἐϰπέση … ἐϰτϱέπεται τὸ: στό:μα αύτέωυ σιὰ τοῦ αύχένος“ („wenn der Muttermund vor die Scham fällt … wendet er sich durch den Mutterhals hindurch nach außen“).
Im Anfang des 19. Jahrhunderts wurde vielfach auch das griechische τὸ ἔλυτϱου in Zusammensetzungen wie „Elytrotomie“, „Gastroelytrotomie“ verwendet (vgl. Nürnberger: Zur Geschichte des extraperitonealen Kaiserschnitts. Inaug. Diss. München 1909). τὁ ἔλυτϱον (von ἐλύω ich hülle ein) heißt die Hülle, das Futteral. Zur Bezeichnung der weiblichen Scheide wurde es im Griechischen anscheinend nicht verwendet, wenigstens findet es sich bei H. Stephanus, Thesaurus Graecae Linguae (Paris 1835) nicht in dieser Bedeutung erwähnt.
Oeuvres de Rufus d‘Ephèse, par Daremberg et Ruelle, Paris 1879, p. 160.
Gemeint sind die Ligg. rotunda (Daremberg).
Gemeint ist die Stelle in „de morbis mulierum“, I. Kap. 57.
Pseudolus ist der Sklave eines eleganten, schwächlichen Jünglings Kalidorus. Dieser liebt die Hetäre Phönizium, die sich im Besitze des Kupplers Ballio befindet und von diesem um 20 Minen an einen mazedonischen Offizier verkauft wurde. Ein Soldat, Harpax, dieses Offiziers soll den Rest der Kaufsumme bringen und Phönizium abholen. Pseudolus stellt sich diesem Soldaten als Hausmeister des Kupplers vor und listet ihm seinen Ausweis (Brief und Siegel) ab. Mit diesem läßt dann Pseudolus einen Gauner die Rolle des Soldaten spielen und das Mädchen abholen. Als dann Harpax, der die Zwischenzeit in einem Wirtshaus verbracht hat, erscheint, um den Rest der Kaufsumme zu zahlen, hält Ballio ihn für einen Abgesandten des Pseudolus. Er sucht deshalb „den vorgeschobenen Kerl solange an der Nase herumzuführen, bis dieser selbst dahinter kommt“. Dabei fallen die oben angeführten Worte.
Hier kommt Fallopius darauf zu sprechen, daß den Anatomen seiner Zeit die Klitoris vollkommen unbekannt war, obwohl schon die Griechen, ferner Avicenna und Abulcasis, sie kannten.
Die nachfolgenden Ausführungen sind entnommen aus L. R. Müller: Die Lebensnerven, Berlin 1924, S. 329.
Beispiele für diese Tatsache finden sich schon bei Riolanus (1577–1657). Joannis Riolani filii, Anthropographia et Osteologia, Parisiis 1626, p. 309: „Et quamuis nulla fiat generatio sine penis intromissione ex Galeni indicio, omniumque Medicorum consensu, nuper tarnen vidimus Parisijs mulierem quae ex laborioso & difficili partu laceratas habuerat partes genitales, cuius Nymphae & quatuor Carunculae tarn arctè coaluerant ut vix specilli cuspidem foramen admitteret; nihilominus decimoquarto abhinc anno concepisse. Intra pudendi labra effusum semen uterus huius pabuli auidissimus attraxit, quemadmodum è profundis cuniculis ceruus serpentes narium inspiratu allicit. Cùm instaret partus introducto speculo matricis foramen dilatatum fuit in earn amplitudinem, quae ad egressum foetus necessaria erat, sicque foetum perfectum emisit mulier incolumis & superstes. Exemplum simile visum fuerat Parisijs anno salutis 1609, mulier imperforata impotentiae & frigiditatis accusat maritum coram iudice, quod nondum ab eo quidquam passa fuisset; cùm utriusque partes diligenter inspicerentur, mulier inuenta fuit grauida. Clementina I. quaest. 15 de consang. refertur in Francia olim impraegnatam fuisse quándam, cuius virginitatis claustra omnia firma atque illaesa manserant, adeoque praegnatam esse virginem non desijsse. Historiam facetam reperies apud Fabricium in operat. Chirurg, de Sacerdote, qui percontatus est Fabricium de confessione feminae, quae ex viri amplexu sine penis intromissione conceperat. Hanc quaestionem examinat Carpus Comment, in Muninum p. 201“.
Sellheim: Zentralbl. f. Gynäkol. 1922, S. 1667.
Neben der Weiterstellung erfährt die Scheide in der Schwangerschaft auch eine aktive Längenzunahme, also ein Längenwachstum [Hyrtl (1865)]. Dieses beträgt nach Dittel (zit. nach v. Rosthorn in v. Winckel: Handb. d. Geburtsh. I, 1. S. 572) an der Vorderwand 2–3 cm, an der Hinterwand 3 bis 4 cm. Nach Mars ist bei Graviden die vordere Scheidenwand 7–8 cm, die hintere Scheidenwand 11–12 cm lang. Die Längenzunahme der Scheidenwand äußert sich in einer vermehrten Runzelung und Faltenbildung der Schleimhaut. Dieser Einschlag von „Vorratsfalten“ in die Scheidenwand begünstigt ebenfalls „die rapide Raumentwicklung“, die unter der Geburt nötig wird (Sellheim, 1. c. S. 170).
Unter Expansion versteht Sellheim (1. c. S. 159) die aktive Bewegung von dem zusammengezogenen Zustand, der Retraktion, zu dem ausgedehnten Zustand, der Distraktion. Das Gegenteil der Expansion ist die Kontraktion.
Auch über die Kontraktion der Scheide nach der Geburt ist heute noch wenig bekannt. Wir wissen nur, daß sich an die progressive Entwicklung des Organs in der Schwangerschaft eine regressive Phase nach der Geburt anschließt. Diese führt dazu, daß der gleiche Rohrabschnitt, der ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Verletzungen zum Ausführungsgang für das reife Kind benützt werden konnte, sich nach der Geburt „wieder auf die gerade für die Sameneinführung notwendige Lichtungsweite zurückstellt“ (Sellheim, I.c. S. 185).
So wußte Wigand z. B. nichts von dem Vorhandensein der Scheidenmuskulatur (S. 462): „Soviel sich nun vielleicht auch gegen manchen der angeführten Gründe einwenden ließe, so sind die meisten doch von der Art, daß sie billig jeden Anatomen anfeuern sollten, so oft sich ihm nur die Gelegenheit dazu darbietet, die Structur von der Mutterscheide einer Person, welche kurz nach der Geburt verstorben, recht genau und zwar darauf zu untersuchen, ob sich denn in derselben durchaus nichts von ähnlichen Bewegungsfasern, wie wir sie in der Gebärmutter sehen, auffinden lasse. Ich glaube nicht ungerecht zu seyn, wenn ich behaupte, daß man bisher, eben weil man die Mutterscheide für ein so unbedeutendes und passives Ding hielt, in dieser Sache wenig oder fast gar nichts gethan hat. Und darin hatte man gewiß unrecht. Sollte die Natur, welche den Uterus für den Akt der Geburt mit so viel Kräften und außerordentlichen Gaben ausgestattet und ihn dadurch zu einem wahren Wunder erhoben hat, sollte diese Natur, die dem Uterus so nahe gelegene und verwandte Mutterscheide so ganz leer haben ausgehen lassen?“
Sherington: Journ. of physiol. Vol. 4, p. 248. Zit. nach Waldeyer: Das Becken. S. 539.
Nach Kermaimer (1. c. S. 337) handelt es sich in diesen Fällen um eine pathologische Hyper-sekretion, die auf eine Hypertrophie der über der Atresie liegenden Abschnitte, speziell der Scheide und des Collum, hinweist. Man findet nämlich bei neugeborenen Mädchen zwar nicht selten beträchtlichen Schleimabgang aus der Scheide, Kermauner sah aber nie eine „Schleimproduktion, die in wenigen Tagen 50 oder 100 ccm betragen hätte“.
Henrich: Zentralblatt f. Gynäkol. 1920, S. 1283.
Gar nicht so selten (Simon, Kermaimer u. a.) verspüren die Kranken aber trotz der Anwesenheit von Hämatokolpossäcken, die bis zum Nabel reichen, nicht die geringsten Schmerzen und unangenehmen Empfindungen, sondern sie werden einzig und allein durch ihre Amenorrhoe zum Arzt geführt.
In dem Falle von Lohnstein wurde das Mädchen schon im Alter von 6 Jahren wegen eines Harnleidens behandelt. Mit dem 13. Jahre traten Zeichen von Pollakisurie und erschwerter Harnentleerung auf. Mit 15 Jahren trat eine 7 tägige Harnverhaltung ein (Katheter, 3 Tage sogar Dauerkatheter). Erst als 8 Wochen später wieder eine Harnverhaltung eintrat, wurde der Zustand erkannt.
Auf die schwierige Definition des (biologischen) Funktionsbegriffes soll hier nicht näher eingegangen werden. Unter „Funktion“ verstehen wir hier eine Tätigkeit, die ein Organ unter physiologischen oder pathologischen Bedingungen tut oder tun muß.
„Vermögen“ ist die Fähigkeit, etwas zu tun, was getan werden kann, aber nicht getan zu werden braucht.
Schröder, Hinrichs und Keßler: Arch. f. Gynäkol. Bd. 128, S. 146.
Jaeger: Ref. Zentralbl. f. Gynäkol. 1921, S. 1675.
Raab, Arch. f. Gynäkol. Bd. 134, S. 519.
Bei der Einwirkung von Jod auf Eiweiß und auf Aminosäuren (besonders Tyrosin und Histidin) geht das Jod eine mehr oder weniger feste Bindung ein. Dabei handelt es sich teils um eine Bindung des Jods an den Ringkohlenstoff, teils um eine Substitution von Wasserstoff durch Jod (Blum und Strauß: Zeitschr. f. physiol. Chem. 112 und 127).
Eine Veraschung im Vakuum haben wir nicht vorgenommen.
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Nürnberger, L. (1930). Funktion der Scheide. In: Nürnberger, L. (eds) Die Erkrankungen der Scheide. Handbuch der Gynäkologie, vol 5 / 2. J.F. Bergmann-Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-642-96018-5_1
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Publisher Name: J.F. Bergmann-Verlag
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