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Ethik in der Medienpraxis. Analyse, Etablierung und Evaluierung von Maßnahmen zur Einhaltung des Trennungsgrundsatzes in einem Fachverlag – der Österreichische Wirtschaftsverlag

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Verschwimmende Grenzen zwischen Journalismus, Public Relations, Werbung und Marketing

Part of the book series: Forschung und Praxis an der FHWien der WKW ((FPGHW))

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Zusammenfassung

Seit dem Jahr 2011 beschäftigt sich der Österreichische Wirtschaftsverlag (ÖWV) intensiv mit der Thematik des Trennungsgrundsatzes. Hierunter fällt üblicherweise die gesetzlich gebotene deutliche Abgrenzung und unabhängige Behandlung von inhaltlichen Beiträgen und werblichen Teilen. Dabei geht es um den Schutz der Nutzerinnen und Nutzer, die durch spezielle Kennzeichnungen redaktionelle und werbliche Teile zum Beispiel in Zeitschriften unterscheiden können. Oftmals ist aber genau diese Trennung in der Medienpraxis unzureichend. Die Motivation für die Auseinandersetzung mit diesem Thema innerhalb des Österreichischen Wirtschaftsverlages war vielseitig. Einerseits sollte dadurch die Qualität der redaktionellen Beiträge erhöht bzw. hervorgehoben werden, nicht zuletzt, um sich vom Mitbewerb am Markt abheben zu können. Andererseits ging es dabei um das Selbstverständnis der Redaktionen hinsichtlich der Qualität ihrer Arbeit. Dazu wurden 2012 konkrete Maßnahmen entwickelt und umgesetzt, um qualitativ hochwertigen Fachjournalismus im Verlag zu etablieren und zu festigen.

Im nachfolgenden Beitrag wird dieser Prozess des Verlags genauer vorgestellt, der hausintern unter den Stichworten „Trennungsgrundsatz“ (§ 26 MedienG) bzw. „Redaktionsstatuten“ lief und der folglich die Einführung von Maßnahmen zur Selbstregulierung (u. a. journalistische Ethik, Antikorruption) umfasste. Im Mittelpunkt stehen dabei die Ergebnisse einer Vorbefragung aus dem Jahr 2011 und vor allem einer evaluierenden Nachbefragung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Umfeld dieser Einführung aus dem Jahr 2015.

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Notes

  1. 1.

    Der Österreichische Wirtschaftsverlag (ÖWV) wurde 1945 von Julius Raab gegründet und beschäftigt derzeit rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Business-to-Business-Verlag publiziert mehr als 30 Fachmedien in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Gastronomie, Tourismus, Bau, Automotive sowie in einem eigenen Medizinbereich „Medizinmedien Austria“ und erreicht damit jährlich 400.000 Empfängerinnen und Empfänger von Fachzeitschriften. Werden die digitalen Services wie Websites und Newsletter mit einbezogen, erweitert sich der Kreis von Leserinnen und Lesern auf 1.450.000 im Jahr. Darüber hinaus bietet der Wirtschaftsverlag Veranstaltungen und Kongresse sowie Produkte im Bereich Corporate Publishing an (www.wirtschaftsverlag.at).

Literatur

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Correspondence to Stefan Böck .

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Anhang

Anhang

1.1 Redaktionsstatuten des Österreichischen Wirtschaftsverlags

1.1.1 Präambel

1.1.1.1 § 1 Unternehmen
  1. (1)

    Der Österreichische Wirtschaftsverlag (ÖWV) ist ein politisch unabhängiger Verlag.

  2. (2)

    Die Fachpublikationen des Wirtschaftsverlages dienen der Wissensvermittlung vorwiegend auf Berufsebene („business to business“). Dabei geht es um technisches Wissen, Wissen über Entwicklungen von Märkten und Branchen sowie Wissen über Angebote von für die Branche relevanten Produkten, Lösungen und Dienstleistungen. Zusätzlich transportiert der Wirtschaftsverlag Serviceinformationen für Unternehmer sowie branchenrelevante Reportagen, Hintergründe und Zusammenhänge. Als modernes Medienhaus publiziert der Wirtschaftsverlag in Print und Digital. Der Wirtschaftsverlag bietet darüber hinaus redaktionelle Dienstleistungen an und produziert Auftragsmedien (Corporate Publishing). Auftragsmedien sind nicht an diese Redaktionsstatuten gebunden.

1.1.1.2 § 2 Qualität
  1. (1)

    Der Wirtschaftsverlag ist ein unabhängiger Qualitätsfachverlag. Die Medien des Wirtschaftsverlages sind Qualitätsfachmedien. Qualitätsfachmedien werden von Qualitätsfachjournalisten gemacht.

  2. (2)

    Die Qualität der Medienangebote steht an oberster Stelle. Für die Redaktionen bedeutet das vor allem journalistische Qualität. Die Qualität der Medienangebote erkennt man am Grad der Relevanz der Inhalte, am Grad der Professionalität ihrer Aufbereitung, an der Relevanz der Medien selbst und an der Relevanz ihrer Repräsentanten, also der Redakteurinnen und Redakteure für eine Branche.

1.1.1.3 § 3 Tradition
  1. (1)

    Der Wirtschaftsverlag wurde 1945 vom späteren Bundeskanzler Julius Raab gegründet. Seit seiner Gründung leistet der Wirtschaftsverlag einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung der publizistischen Kultur des Landes. Die Tradition verpflichtet uns, Verantwortung zu übernehmen, für die Qualität unserer Produkte, für die Nachhaltigkeit unseres Wirtschaftens und für die prosperierende Weiterentwicklung des Verlages.

1.1.1.4 § 4 Vertrauen
  1. (1)

    Ein Großteil der Leserinnen und Leser unserer Medien sind Unternehmer, Inhaberinnen und Inhaber oder Managerinnen und Manager in Klein- und Mittelbetrieben oder haben eine Stellung als Fachkraft mit Entscheidungskompetenz. Ihr Vertrauen in unsere Medien ist eine Grundlage für unseren unternehmerischen Erfolg.

  2. (2)

    Den Redakteurinnen und Redakteuren des Wirtschaftsverlages ist bewusst, dass ihnen durch die Beschreibung von Angeboten, Produkten, Dienstleistungen und Lösungen eine sehr hohe Verantwortung gegenüber dem Leser erwächst. Berichte in Fachmedien können zu Investitionsentscheidungen führen oder diese beeinflussen. Deshalb sind Fachredakteurinnen und Fachredakteure zu besonderer Sorgfalt und Ausgewogenheit angehalten. Sie müssen ihre Quellen prüfen, ihre Fachkompetenz und ihr Netzwerk ständig erweitern, um die Qualität der Berichterstattung zu garantieren und das Vertrauen der Leserinnen und Leser zu erhalten.

1.2 Statuten entlang des Ehrenkodex

§ 8 Genauigkeit

  1. (1)

    „Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in Recherche und Wiedergabe von Nachrichten und Kommentaren sind oberste Verpflichtung von Journalisten.“ (Ehrenkodex Presse 2.1)

  2. (2)

    Das trifft besonders auf Fachjournalisten zu, da es sich meist um überprüfbare Inhalte handelt, um Wissen, das vom Leser zur Anwendung gebracht wird. Daraus erwächst eine besondere Verantwortung.

§ 9 Unterscheidbarkeit

  1. (1)

    „Für die Leserinnen und Leser muss klar sein, ob es sich bei einer journalistischen Darstellung um einen Tatsachenbericht oder die Wiedergabe von Fremdmeinung(en) oder um einen Kommentar handelt.“ (Ehrenkodex Presse 3.1)

  2. (2)

    Zur Wiedergabe von Fremdmeinungen zählt auch die Veröffentlichung von Texten, die von PR-Agenturen oder Pressestellen angeboten werden. Diese Texte werden im Wirtschaftsverlag immer von der Redaktion überprüft und redigiert und mit Klarnamen oder Namenskürzel der Redakteurin/des Redakteurs oder Angabe der Textquelle gekennzeichnet. Textteile oder Aussagen, die den Eindruck einer objektiven Beurteilung, etwa eines Produktes oder eines Unternehmens, erwecken könnten und nicht von der Redaktion überprüft wurden, werden entweder entfernt oder als Zitat geführt oder klar als Aussage einer Quelle zuordenbar gemacht („… wie das Unternehmen XY in einer Aussendung bekannt gibt…“ o. Ä.).

§ 10 Einflussnahmen

  1. (1)

    „Eine Einflussnahme Außenstehender auf Inhalt oder Form eines redaktionellen Beitrags ist unzulässig.“ (Ehrenkodex Presse 4.1)

  2. (2)

    Das regelt auch die ÖWV-Richtlinie zum Umgang mit „§ 26 MedienG“. Dort heißt es: „Die Redaktion genießt Text-, Bild-, Format- und Terminhoheit“ (siehe Anhang „Merkblatt Paragraph_26“).

  3. (3)

    Die Redaktionen des ÖWV verwehren sich auch gegen Einflussnahme von Innungen, Kammern, Verbänden und Interessenvertretungen. Auch wenn Zeitschriften sogenannte „Innungsteile“ beinhalten oder als offizielles Organ geführt werden, gelten diese Redaktionsstatuten, solange der Wirtschaftsverlag der Herausgeber ist. Auch wenn sich oftmals die Meinung von Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern mit der Blattlinie decken mag: Eine kritische Überprüfung der Inhalte im Sinne der Leserinnen und Leser ist verpflichtend, eine abweichende Meinung ist selbstverständlich erlaubt und eine Einflussnahme unzulässig.

    Anmerkung: Laut Mediengesetz ist Medieninhaber (Verleger), „wer ein Medienunternehmen oder einen Mediendienst betreibt oder sonst das Erscheinen von Medienwerken durch Inverkehrbringen der Medienstücke besorgt“, und Herausgeber ist „wer die grundlegende Richtung des periodischen Mediums bestimmt“.

§ 11 Compliance

  1. (1)

    „Unzulässige Beeinflussungsversuche sind nicht nur Interventionen und Pressionen, sondern auch die Zuwendung persönlicher Vorteile, die über den Bereich unmittelbarer beruflicher Tätigkeit hinausgehen.“ (Ehrenkodex Presse 4.2)

  2. (2)

    Die Journalistinnen und Journalisten des Wirtschaftsverlages weisen in geeigneter Form darauf hin, wenn die Berichterstattung aufgrund von Einladungen erfolgt ist oder teure Produkte zu Testzwecken zur Verfügung gestellt wurden. Geschenke, die den Eindruck persönlicher Vorteilnahme erwecken, werden von den Journalistinnen und Journalisten des Wirtschaftsverlages grundsätzlich nicht angenommen. Davon ausgenommen sind Kleinmaterialien (Kugelschreiber, Datenträger, Kalender etc.) oder geringwertige Aufmerksamkeiten (Weihnachtsstollen, Flasche Wein, o. Ä.), wenn deren geschätzter Wert insgesamt 100 Euro nicht übersteigt.

  3. (3)

    Essenseinladungen, die über freundliche Gesten hinausgehen und den Charakter einer Unverhältnismäßigkeit oder Vorteilsnahme haben, dürfen nicht angenommen werden. Einladungen im Zusammenhang mit einer Dienstreise werden mit der/dem Vorgesetzten besprochen. Diese Einladungen dürfen nicht den Eindruck der Unverhältnismäßigkeit oder Vorteilsnahme erwecken. Bei Einladungen zu Reisen entsteht der Gastgeberin bzw. dem Gastgeber kein Anspruch auf eine bestimmte Form der redaktionellen Berichterstattung. Auch hier gilt: Die Redaktion genießt Text-, Bild-, Format- und Terminhoheit. Bei redaktioneller Berichterstattung, die durch eine Einladung einer Kundin bzw. eines Kunden zustande gekommen ist, wird im Text an geeigneter Stelle auf den Umstand der Einladung hingewiesen.

§ 12 Redaktionelle Spezialbereiche

  1. (1)

    „Reise- und Tourismusberichte sollen in geeigneter Weise auch auf soziale und politische Rahmenbedingungen und Hintergründe (z. B. gravierende Menschenrechtsverletzungen) verweisen.“ (Ehrenkodex Presse 9.1)

  2. (2)

    „Umwelt-, verkehrs- und energiepolitischen Zusammenhängen soll auch im Autoteil Rechnung getragen werden.“ (Ehrenkodex Presse 9.2)

  3. (3)

    Journalistinnen und Journalisten des Wirtschaftsverlages blicken über den Tellerrand und beschreiben Zusammenhänge, auch dann, wenn der Grund für eine Reportage vorwiegend fachlicher Natur ist. Das ist besonders dann wichtig, wenn die Reportage aufgrund einer Reiseeinladung erfolgt. Einseitige Berichterstattung ist zu vermeiden. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Jede Medaille hat zwei Seiten. Wir hinterfragen kritisch und beleuchten alle Aspekte eines Themas. In den Medien des Wirtschaftsverlages ist Platz für Meinungsvielfalt. Die Meinung von Autorinnen und Autoren sowie Redakteurinnen und Redakteuren kann dabei auch im Widerspruch zum Mainstream einer Branche stehen.

  4. (4)

    „Tourismus-, Auto- und Gastronomieberichte sollen wie alle Bewertungen von Konsumgütern und Dienstleistungen nachvollziehbaren Kriterien folgen sowie von journalistisch qualifizierten Personen verfasst werden.“ (Ehrenkodex Presse 9.3)

  5. (5)

    Im Wirtschaftsverlag arbeiten Fachjournalistinnen und Fachjournalisten, die in der Lage sind, Güter und Dienstleistungen von Unternehmen zu bewerten. Deshalb versuchen sie, einen möglichst genauen Eindruck von diesen Angeboten zu bekommen, indem sie sich auf Fachmessen und direkt bei Herstellerinnen und Herstellern sowie Anwenderinnen und Anwendern informieren und wenn möglich Produkte selbst testen. Aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz können die Journalistinnen und Journalisten des Österreichischen Wirtschaftsverlages Produkte und Dienstleistungen auch anhand von technischen Daten beurteilen. Der Umstand einer nicht überprüften Aussage ist der Leserin bzw. dem Leser bekannt zu machen, etwa durch Verwendung des Konjunktiv oder Textbausteinen wie „laut Herstellerangaben“ o. Ä. Die Journalisten des Wirtschaftsverlages vermeiden die unreflektierte Übernahme von bewertenden Texten. Sie entfernen Textteile, die den Eindruck einer gemachten Erfahrung erwecken oder die den Anspruch einer objektiven Beurteilung erheben. Dies gilt insbesondere für Aussendungen von PR-Agenturen und Pressestellen. Diese werden redigiert und von werblicher Sprache befreit, zugunsten von überprüfbaren Fakten und technischen Daten (siehe auch § 9).

  6. (6)

    Journalistinnen und Journalisten des Wirtschaftsverlages sind verpflichtet, Interessenkonflikte zwischen eigenem Wertpapierbesitz und journalistischer Tätigkeit zu vermeiden. Der Besitz an unternehmensrelevanten Wertpapieren ist der Chefredaktion unter Zusicherung der Vertraulichkeit und ohne Angabe der Anzahl zu melden.

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Böck, S., Danbauer, D. (2017). Ethik in der Medienpraxis. Analyse, Etablierung und Evaluierung von Maßnahmen zur Einhaltung des Trennungsgrundsatzes in einem Fachverlag – der Österreichische Wirtschaftsverlag. In: Gonser, N., Rußmann, U. (eds) Verschwimmende Grenzen zwischen Journalismus, Public Relations, Werbung und Marketing. Forschung und Praxis an der FHWien der WKW. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13578-2_10

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-13578-2_10

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-13577-5

  • Online ISBN: 978-3-658-13578-2

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