Zusammenfassung
Wir stehen heute mitten in einer Epidemie von Meningitis cerebrospinalis, welche als erste der Kriegsseuchen auch unser Vaterland, die Schweiz, in einem Ausmaß heimgesucht hat, wie wir es bisher niemals gekannt haben, wurden doch in der Zeit vom 1. Januar bis zum 20. April 1940 insgesamt 407 Fälle von Genickstarre zur Anzeige gebracht. Dabei handelt es sich nicht so sehr um das Auftreten eigentlicher Epidemieherde, sondern um eine außerordentliche Zunahme und ganz beträchtliche Streuung der sporadischen Fälle. Wir erhielten den Eindruck, daß daran die Verhältnisse der Mobilisationszeit eine entscheidende Rolle spielten. Unser erster schwerer Fall ereignete sich Anfang September 1939, als in dem betreffenden Dorf viele Truppen zur Mobilisation eingerückt waren. Unter diesen Truppen finden sich zunächst nur vereinzelte Keimträger, aber bei dem nahen Kontakt in den Kantonnementen übertragen diese leicht ihre Meningokokken auf Kameraden und machen auch diese zu Keimträgern, ohne daß sie manifest erkranken. In der Anamnese der genickstarrekranken Kinder ergab sich fast mit Regelmäßigkeit, daß der Vater kurze Zeit vorher, ab und zu mit einem leichten Schnupfen behaftet, auf Urlaub heimgekehrt war, und bei dieser Gelegenheit sein Kind geküßt hat. Es ist dies unter Umständen ein sehr tragischer, ja geradezu ein Todeskuß Ahnlich wie bei der epidemischen Kinderlähmung spielen die Keimträger weitaus die wichtigste Rolle bei der Übertragung der epidemischen Genickstarre, während die Kranken selber kaum mehr kontagiös sind. So haben wir, wie bei der Poliomyelitis, auch bei der Genickstarre niemals eine Spitalinfektion erlebt. Ein sehr empfindliches Reagens auf einen solchen aus dem Militärdienst in die Familie zurückkehrenden Keimträger ist besonders der Säugling und das Kleinkind Nach unseren Erfahrungen ist der Säugling schon in den ersten Lebenswochen für Genickstarre empfänglich.
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Glanzmann, E. (1943). Meningitis cerebrospinalis im Säuglings- und Kindesalter. In: Einführung in die Kinderheilkunde. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-36802-2_39
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