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Zusammenfassung

Die Bemerkung über die Probleme eines allgemeingültigen Ansatzes, die wir zu Anfang von Kap. 1 machten, gilt in noch höherem Maße für die Mechanik von strömenden Flüssigkeiten; dort erreicht man sogar ziemlich rasch die Grenze der Leistungsfähigkeit der heutigen Mathematik, d. h. wir können zwar – ausgehend von den Newtonschen Gesetzen (Bd. I/3) – eine Differentialgleichung für die Strömung von Flüssigkeiten aufstellen, die sog. Navier–Stokes-Gleichung, es sind aber keine allgemein anwendbaren Lösungsverfahren für diese Gleichung bekannt. Ein Blick in die Natur und auf die vielfältigen Strömungsphänomene zeigt, dass diese Tatsache nicht verwunderlich ist.

Auch hier hilft das schon in Kap. 1 angewandte Verfahren: Die Analyse von einigen typischen Strömungsformen mit Hilfe des Experiments und der Newtonschen Mechanik. Als besonders nützlich wird sich die Betrachtung der Flüssigkeitsströmung durch ein Rohr erweisen. In Abschn. 3.1 bis 3.6 werden wir ohne großen Aufwand eine Menge über das facettenreiche Gebiet der Strömungsmechanik lernen. In Abschn. 3.7 tragen wir einige mathematische Ergänzungen nach, die sich auch später, besonders in der Elektrizitätslehre, als nützlich erweisen werden.

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Notes

  1. 1.

    Nach Daniel Bernoulli (1700–1782), Angehöriger einer Gelehrtendynastie, die über 100 Jahre lang die Universität Basel zu einem Zentrum der mathematischen und physikalischen Forschung und Lehre machte.

  2. 2.

    vgl. hierzu A. Sommerfeld, „Vorlesungen über theoretische Physik, Bd. II: Mechanik der deformierbaren Medien“, Nachdruck, Verlag Harri Deutsch, Thun, 1992.

  3. 3.

    Von (lat.) lamina: Platte, Blatt. Der Ansatz (3.12) und (3.13) geht übrigens schon auf Isaac Newton zurück. Man nennt Flüssigkeiten, die sich nach (3.13) verhalten, Newtonsche Flüssigkeiten. Ein Beispiel für eine „nicht-Newtonsche“ Flüssigkeit ist Blut. Das liegt an dem Vorhandensein der roten und weißen Blutkörperchen im Blutplasma.

  4. 4.

    Näheres zu diesem interessanten Thema findet man z. B. in dem Artikel von S. Großmann, Physikalische Blätter Bd. 46, S. 2 (1990).

  5. 5.

    Obgleich (3.24) für viskose Strömung (\(Re\ll 1\)) abgeleitet wurde, gilt die Stokessche Gleichung auch noch im laminaren Fall. Eine Näherungsformel für etwas höhere Werte der Reynolds-Zahl ist \(F_{\text{w}}\approx 6\pi\eta rv\bigl(1+\frac{3}{8}Re\bigr)\).

  6. 6.

    Funktionentheorie = Theorie der analytischen Funktionen einer komplexen Variablen \(z=x+\mathrm{i}y\). Die Funktionentheorie findet nicht nur zahlreiche wichtige Anwendungen in der Physik, sie ist auch ein besonders schönes und faszinierendes Kapitel der Mathematik.

  7. 7.

    Hermann v. Helmholtz (1821–1894), hervorragender Physiker und Begründer der naturwissenschaftlichen Physiologie, wirkte vor allem in Heidelberg und Berlin.

  8. 8.

    Diese Formel für \(\vec{f}_{\text{visc}}\) geht auf Barré de Saint-Venant zurück (1834). Von Claude Navier (1822) stammt die für inkompressible Flüssigkeiten gültige Formel \(\vec{f}_{\text{visc}}=\eta\Updelta\vec{v}\). George Stokes gelangte 1845 zu einer Formel wie (3.61), jedoch mit \(\frac{1}{3}\eta\) statt \((\eta+\eta^{\prime})\). Die dieser Vereinfachung zugrunde liegende Hypothese ist jedoch fragwürdig. Im Übrigen ist Saint-Venant der einzige von den dreien, der das zugrunde liegende physikalische Prinzip klar erkannte und formulierte: In der strömenden Flüssigkeit treten Schubspannungen auf, die den Gleitgeschwindigkeiten proportional sind.

  9. 9.

    siehe z. B. S. Großmann, Physikalische Blätter, Bd. 51, S. 641 (1995).

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Aufgaben

Aufgaben

3.1 Wie schnell fließt Wasser einen Baumstamm hoch?

Es gibt Bäume, deren Wasserversorgung durch sehr lange Tracheen ohne Zwischenwände sichergestellt wird. Durch Verdunstung an den Blättern entsteht letztlich am Oberende der Tracheen ein Unterdruck gegenüber den Wurzeln, der zu einer Strömung nach oben führt. Berechnen Sie die Wassermenge, die pro Zeit durch eine Trachee fließt sowie die über den Querschnitt gemittelte Transportgeschwindigkeit mit folgenden Daten: Radius \(r=0{,}15\) mm (Eiche), Länge L = 10 m, effektive Druckdifferenz \(\Updelta p=10^{4}\,\mathrm{N/m}^{2}\) (die Differenz des Schweredrucks zwischen den Enden des Baumstammes ist bereits abgezogen), Zähigkeit \(10^{-3}\,\mathrm{kg/(m\,s)}\).

Kann die Kapillarität die Wasserströmung in einer hohlen Trachee in Gang setzen?

3.2 Wasserleitung.

Aus dem aufgedrehten Wasserhahn einer Wasserleitung fließen pro Minute \(12\,\ell\) Wasser. Der Innendurchmesser der Leitung beträgt \(2{,}3\) cm. Ist die Strömung laminar oder turbulent?

3.3 Kurvenfahrt.

Mit Informationen aus der Mechanik und aus diesem Kapitel lässt sich folgende Frage beantworten: Wenn auf ebener Straße ein Motorradfaher eine Rechtskurve fährt, neigt er sich nach rechts. Wenn ein Ausflugsdampfer eine Rechtskurve fährt, neigt sich das Schiffsdeck nach links. Warum?

3.4 Luftwiderstand von Kraftfahrzeugen.

Ein PKW werde auf ebener Straße bei Windstille bis auf eine Geschwindigkeit v 0 beschleunigt und rolle danach im Leerlauf. Dann nimmt die Geschwindigkeit kontinuierlich ab. Eine Verringerung um \(\Updelta v=10\,\mathrm{km/h}\) dauert bei der Anfangsgeschwindigkeit \(v_{0}=150\) km\(/\)h \(\Updelta t=4{,}7\) s, bei der Geschwindigkeit \(v_{0}=120\) km\(/\)h \(\Updelta t=7\) s und bei der niedrigen Geschwindigkeit 50 km/h \(\Updelta t=20\) s. Die Querschnittsfläche des Fahrzeugs ist \(A=2{,}2\,\)m\({}^{2}\), die Masse inklusive Fahrer m = 1300 kg, die Dichte der Luft \(1{,}2\,\mathrm{kg/m}^{3}\).

a) Schätzen Sie den Luftwiderstandsbeiwert \(C_{\text{w}}\) ab. Nehmen Sie neben dem Luftwiderstand auch noch eine konstante Reibungskraft an. Die Unsicherheit der Zeitintervalle sei 5 %.

b) Wie ändert sich die Maximalgeschwindigkeit mit der Motorleistung P, wenn alle anderen Daten immer die gleichen sind? Wie ändert sich der Benzinverbrauch pro 100 km mit der Geschwindigkeit, wenn man einen konstanten Motor-Wirkungsgrad unterstellt?

3.5 Schadstoffpartikel im Kamin.

Durch den Kamin einer Industrieanlage trete Abluft mit einer Geschwindigkeit v = 5 m\(/\)s nach oben aus. Bedingt durch einen defekten Filter am Kamineingang werden auch Staubpartikel mitgerissen. Bis zu welchem Radius können runde Partikel aus dem Kamin austreten, wenn ihre Dichte \(\rho=2{,}5\) g\(/\)cm\({}^{3}\) beträgt (Zähigkeit \(\eta=0{,}018\) mPa s)?

3.6 Gleitflug.

Ein Vogel der Masse m bewegt sich mit der Geschwindigkeit v 0 bei Windstille ohne Thermik im Gleitflug durch die Luft. Die ausgebreiteten Flügel bilden zusammen eine Tragfläche \(A_{\text{T}}\). In einem mit dem Vogel mitbewegten Koordinatensystem streicht die Luft an der Flügeloberseite mit der Geschwindigkeit \((1+\xi)v_{0}\) vorbei, während die Luftgeschwindigkeit an der Flügelunterseite \((1-\xi)v_{0}\) beträgt (\(\xi=0{,}15\)).

a) Vernachlässigen Sie zunächst die Reibung. Welche Geschwindigkeit hätte der Vogel, wenn er horizontal durch die Luft gleitet?

b) Der Vogel unterliegt aber auch einer Reibungskraft. Wenn der Betrag seiner Geschwindigkeit beim Gleiten konstant bleiben soll, muss er unter einem Winkel α zur Horizontalen nach unten segeln. Von vorn gesehen, besitzt der Vogel eine Querschnittsfläche \(A_{\text{R}}\), die Reibungskraft ist durch (3.26) gegeben. Wie groß ist der Winkel α?

Zahlenbeispiel: m = 4 kg, \(A_{\text{T}}=0{,}4\) m\({}^{2}\), \(A_{\text{R}}=0{,}15\) m\({}^{2}\), wir setzen \(C_{\text{w}}=0{,}3\).

Warum sind kleine Singvögel schlechte Gleiter?

3.7 Rotierender Wassereimer.

Ein triviales Beispiel zur Navier–Stokes-Gleichung ist ein gefüllter Wassereimer, der mit konstanter Winkelgeschwindigkeit um seine Symmetrieachse rotiert. Es wird sich ein Endzustand einstellen, in dem das Wasser wie ein starrer Körper um diese Achse mitrotiert.

a) Berechnen Sie mit der Navier–Stokes-Gleichung (3.66) in Verbindung mit (3.46) den Druck im Inneren des Wassers als Funktion des Abstands r zur Drehachse bei konstanter Höhe über dem Boden. Der Druck \(p_{0}(z)\) auf der Achse ist vorgegeben. Warum darf man die Bernoulli-Gleichung bei dieser Rechnung nicht verwenden?

b) Berechnen Sie mit der Navier–Stokes-Gleichung die Abhängigkeit des Druckes von der Höhe z über dem Boden bei konstantem r.

c) Die Wasseroberfläche ist gewölbt und an jeder Stelle der Wasseroberfläche ist der Druck gleich dem äußeren Luftdruck \(p_{\text{L}}\). Berechnen Sie mit den Resultaten von a) und b) die Form der Wasseroberfläche.

d) Für jedes Volumenelement an der Wasseroberfläche muss die Summe aus der Schwerkraft und der Zentrifugalkraft senkrecht zur Wasseroberfläche orientiert sein. Zeigen Sie, dass das Resultat von c) dieses Kriterium erfüllt.

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Heintze, J. (2016). Strömende Flüssigkeiten und Gase. In: Bock, P. (eds) Lehrbuch zur Experimentalphysik Band 2: Kontinuumsmechanik und Thermodynamik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-45768-9_3

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