Zusammenfassung
Die Stimme ist eine sensible Organfunktion, die besonders störanfällig ist. Temporäre Fehlfunktionen der Stimme werden von klinischen Störungen der Stimme (Dysphonien) unterschieden. Kapitel 7 widmet sich den Stimmstörungen. Deren multifaktorielle Genese wird betont, Symptomatik, Diagnostik sowie direkte und indirekte therapeutische Interventionen werden angerissen. Es wird auf die sog. „funktionelle Dysphonie“, ein komplexes biopsychosoziales Geschehen, näher eingegangen und diese unter dem Vorzeichen der „berufsbedingten Dysphonie“ vorgestellt. Personen in sprechintensiven Berufen können einer Stimmstörung vorbeugen, z. B. durch ein individuelles Stimmtraining die Belastbarkeit ihrer Stimme stärken. Aber auch im therapeutischen Kontext dürfen Vorsorge sowie Nachsorge grundsätzlich nicht vernachlässigt werden.
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Notes
- 1.
Hierbei handelt es sich um eine laryngeale Reaktion auf vermehrte Schleimbildung im Kehlkopf und den Versuch, den kratzigen Stimmklang zu beheben.
- 2.
Bei einer Vollnarkose wird ein Beatmungsschlauch (Tubus) durch den Mund in die Luftröhre eingeführt.
- 3.
Häufigkeit eines Symptoms (oder einer Krankheit) in der Bevölkerung oder in einer definierten Gruppe zu einem bestimmten Zeitpunkt.
- 4.
im Nacken bzw. Bereich der Halswirbelsäule.
- 5.
Genauer: Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie (Facharzt für Sprach-, Stimm-, und kindliche Hörstörungen) seit dem Jahr 1992. Die Fachbezeichnung „Phoniatrie“ für das Fachgebiet „medizinische Stimm- und Sprachheilkunde“ wurde 1920 von Hugo Stern eingeführt, nachdem das Fach inhaltlich durch die Habilitation von Hermann Gutzmann sen. (siehe auch in Kap. 1) 1905 begründet wurde.
- 6.
Messung von 4 Sprechintensitäten mit dem Vokal „a“: leisestes Sprechen; Gesprächslautstärke; Vortragslautstärke; Rufstimme – bei Einhaltung eines Mindestgeräuschpegels in der Umgebung und eines definierten Mund-Mikrofonabstands.
- 7.
Gemäß der „International Classification of Diseases“ ICD-10 Kap. V (World Health Organization WHO, 2013) sind diese Störungsbilder unter F44.4 = Dissoziative Bewegungsstörungen kodiert.
- 8.
Mit der Überarbeitung des Diagnostischen Krankheitsklassifikationssystem für psychische Störungen, DSM-IV, der amerikanischen Psychiatervereinigung (American Psychiatric Association; nun DSM-V; 2013) wurde die Diagnosegruppe „Somatoforme Störungen“ neu konzipiert. Als obligates Diagnosekriterium sind psychische Kriterien wie kognitiv-emotionale und Verhaltensmerkmale im Umgang mit dem körperlichen Symptom festgelegt. Eine Revision ist auch für die Internationale Statistische Klassifikation von Krankheiten und verwandten Gesundheitsproblemen der WHO, ICD-11, geplant.
- 9.
Ein Sprechberuf ist ein Beruf, in dem überdurchschnittlich viel gesprochen werden muss, die berufsbedingte Stimmbelastung also hoch ist.
- 10.
In den Niederlanden bleiben weibliche Lehrer wegen Stimmproblemen häufiger von der Arbeit fern als ihre männlichen Kollegen.
- 11.
Das ist eine Studienform, um die Häufigkeit, Verbreitung bzw. Verteilung einer Störung oder Erkrankung festzustellen.
- 12.
Für einen Stimmberuf ist eine Person voll tauglich, wenn sie keine laryngealen Auffälligkeiten und keine Artikulationsfehler aufweist, über eine gut steigerungsfähige Stimme mit maximalen Schalldruckpegeln über 90 dB verfügt sowie über einen Tonhöhenumfang der Singstimme von mindestens zwei Oktaven mit guter Belastbarkeit (Schneider-Stickler und Bigenzahn 2013).
- 13.
Eine prospektive Studie ist (im Gegensatz zu einer retrospektiven Studie) auf die Zukunft gerichtet. Erst ab Untersuchungsbeginn werden Daten zur Bearbeitung einer Fragestellung erhoben (im Gegensatz zur retrospektiven Studie, bei der die Daten schon vorliegen).
- 14.
Das sind operative Methoden zum Erhalt, zur Verbesserung oder Wiederherstellung der stimmlichen Leistungsfähigkeit.
- 15.
Das ist eine gutartige oberflächliche Schwellung, die die Stimmlippenschwingung mechanisch behindert.
- 16.
Vor dem Hintergrund des 1999 in Kraft getretenen Psychotherapeutengesetzes kann in Deutschland jeder gesetzlich Krankenversicherte Kontakt zu einem Psychotherapeuten mit Krankenkassenzulassung aufnehmen, um eine Psychotherapie-Indikation klären zu lassen.
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Kiese-Himmel, C. (2016). Die Krankheit der Stimme (Stimmstörungen). In: Körperinstrument Stimme. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-49648-0_7
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