Zusammenfassung
Der Übergang von der traditionellen Herstellung eines Produkts auf ein additives Fertigungsverfahren (3D-Druck) führt dazu, dass in Niedriglohnländern der Umfang der Besteuerung zurückgeht. In dem Staat, in dem der Abnehmer ansässig ist, können sich ertragsteuerlich die Besteuerungsrechte mindern, erhöhen oder unverändert bleiben. Die konkreten Auswirkungen hängen davon ab, über welches Vertriebsmodell die Produkte bislang vertrieben werden („Versandhandel“, „Vor-Ort-Verkauf“) und wer den „Ausdruck“ des Produkts übernimmt (das Unternehmen, das das Produkt anbietet, Vertriebsunternehmen, 3D-Druckshop, Abnehmer). Umsatzsteuerlich kommt es bei Einsatz eines 3D-Druckers in Teilbereichen zu einer Erhöhung des Aufkommens in dem Staat, in dem der Abnehmer ansässig ist. Unternehmen aus einem Nicht-EU-Staat können durch die Einbindung eines 3D-Druckers in den Wertschöpfungsprozess die Erhebung von Zoll vermeiden. Ein weiterer Effekt besteht darin, dass beim Einsatz eines 3D-Druckers durch den Abnehmer sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich ein Teil der Wertschöpfung in den nichtsteuerbaren Bereich verlagert wird.
Prof. Dr. Wolfram Scheffler leitet den Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Steuerlehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Christina Mair, M.Sc., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Steuerlehre an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
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Notes
- 1.
Zum Überblick über den Einfluss der Digitalisierung auf die Besteuerung siehe Arbeitskreis Steuern 2017.
- 2.
Bei anderen Produkten umfasst die Produktentwicklung i.e.S. noch weitere Elemente, z. B. Festlegung der von dem Produkt zu erfüllenden Funktionen.
- 3.
Die bei der traditionellen Herstellung eingesetzten Produktionsmaschinen enthalten gleichfalls Softwarekomponenten. Die bei CNC-Maschinen verwendete Software ist im Ansatz mit der Steuerungssoftware des 3D-Druckers vergleichbar. Auf diese Softwarekomponenten wird in diesem Beitrag nicht eingegangen, da insoweit keine konzeptioneller Unterschied zwischen den beiden Fertigungsverfahren besteht.
- 4.
Da sich ertragsteuerlich die Verteilung der Besteuerungsrechte dem Grunde nach nicht verändert und auch die umsatzsteuerliche und zollrechtliche Beurteilung gleich bleibt, wird diese Alternative im Folgenden nicht betrachtet.
- 5.
Weitere Leistungsbeziehungen entstehen, wenn das Softwareunternehmen mit der Programmierung von Software für den „Ausdruck“ von anderen Modelltypen beauftragt wird.
- 6.
In der Abb. 19.5 wird dieser Effekt durch zwei Diagonalen gekennzeichnet.
- 7.
- 8.
- 9.
Zu der in den anderen EU-Staaten geltenden Lieferschwelle siehe Abschn. 3c.1 Abs. 3 UStAE. In den meisten Mitgliedstaaten gilt mit 35.000 € oder einem damit vergleichbaren Betrag in Landeswährung eine wesentlich niedrigere Lieferschwelle.
- 10.
Die Übertragung von Standardsoftware wird nur dann als Lieferung angesehen, wenn sie auf andere Weise als auf elektronischem Weg übertragen wird (Abschn. 3.5 Abs. 2 Nr. 1 UStAE).
- 11.
Das Reverse-Charge-Verfahren für sonstige Leistungen (§ 13b Abs. 5 UStG) kommt nur für sonstige Leistungen an Unternehmer zur Anwendung. Zur Besteuerung von auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen siehe z. B. Höreth und Stelzer 2014, S. 526; Ortmann-Babel et al. 2014, S. 1571; Radeisen 2015, S. 9.
- 12.
Die Kleinunternehmerregelung kommt nicht zur Anwendung, da diese nur für Unternehmer gilt, die im Inland ansässig sind (§ 19 Abs. 1 S. 1 UStG).
- 13.
Abweichungen ergeben sich, wenn das Modellbauunternehmen M ein anderes Entgelt verlangt als der 3D-Druckshop 3D.
- 14.
Der steuerliche Status des inländischen Leistungsempfängers ist allerdings für das Verfahrensrecht bedeutsam. Ist der Leistungsempfänger privater Abnehmer mit Wohnsitz in der EU und erbringt das im Drittland ansässige Unternehmen ausschließlich Umsätze nach § 3a Abs. 5 UStG, wird die Steuer über ein dem MOSS vergleichbares Verfahren erhoben (§ 18 Abs. 4c UStG). Ist der Leistungsempfänger Unternehmer, kommt das Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung (§ 13b Abs. 5 UStG).
- 15.
Umsatzsteuerlich wird auf den Begriff „Gegenstand“ abgestellt. Im Zollrecht wird der Begriff „Waren“ verwendet. Zur Abgrenzung zwischen diesen beiden Begriffen siehe z. B. Rau und Dürrwächter 2017, § 1 UStG, Anm. 1187; Thoma et al. 2016, S. 81; Im Anwendungsfall werden sowohl das physische Produkt als auch die Software umsatzsteuerlich und zollrechtlich gleich eingeordnet.
- 16.
Die unter bestimmten Voraussetzungen gewährten Zollpräferenzen bleiben unberücksichtigt.
- 17.
Ausnahmen gelten für alkoholische Erzeugnisse, Parfums und Toilettewasser, Tabak und Tabakwaren (Art. 24 ZollbefreiungsVO). Zu beachten ist, dass die EU-Kommission bereits einige Maßnahmen vorgestellt hat, mit denen die mehrwertsteuerlichen Rahmenbedingungen in der EU verbessert werden sollen. Darunter fallen z.B. die Abschaffung der Freigrenze von 22 € bei der Einfuhrumsatzsteuer. Außerdem kann die Mehrwertsteuer auf grenzüberschreitende Verkäufe im Wert von bis zu 10.000€ künftig im Inland abgerechnet werden; für Verkäufe im Wert von bis 100.000€ werden die Verfahren vereinfacht, vgl. Pressemitteilung der EU-Kommission, abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-4010_de.htm.
- 18.
Eingeschränkt wird der zollrechtliche Vorteil der beiden Alternativen „Ausdruck“ beim 3D-Druckshop 3D oder beim Abnehmer A, soweit beim Erwerb des Materials oder des 3D-Druckers Zoll anfällt.
- 19.
Zum Vertriebsmodell „Versandhandel“ siehe Abschn. 19.2.3.
- 20.
In der Abb. 19.9 wird diese Aussage durch zwei Diagonalen verdeutlicht.
- 21.
Zu den Effekten aus den Vorleistungen siehe Abschn. 19.2.4.
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Scheffler, W., Mair, C. (2018). Auswirkungen des Einsatzes von 3D-Druckern auf die Besteuerung im Land des privaten Abnehmers. In: Bär, C., Grädler, T., Mayr, R. (eds) Digitalisierung im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Recht. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56438-7_19
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