Zusammenfassung
Die postindustrielle Gesellschaft der Bundesrepublik unterliegt seit Längerem nicht nur digitalen, sondern auch tiefgreifenden sozialen Transformationsprozessen. Es schreitet in einem der reichsten Länder der Welt eine Abkehr von sozialstaatlicher Vorsorge und Versorgung – hin zur Privatisierung und Individualisierung von sozialen Risiken – fort. Ein Auswuchs dieser vielschichtigen Transformation ist die Verstetigung und Verfestigung von Armut in allen Generationen. Dabei stellt sich Armut komplex und differenziert dar: Armut äußert sich nicht nur in einem Mangel an lebenswichtigen Gütern wie Nahrung, Obdach und Kleidung, sondern drückt sich zum Beispiel auch durch fehlende Zuwendung, Teilhabe sowie in gesundheitlichen Risiken aus.
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Notes
- 1.
Die Grundsicherung ist keine Rentenart, sondern eine Sozialleistung, die aus Steuermitteln finanziert wird. Im Alter und bei Erwerbsminderung hat man darauf Anspruch, wenn die Rente zusammen mit eventuell weiteren Einkommen nicht für den Lebensunterhalt ausreicht. Dadurch wird die Zahlung von Sozialhilfe vermieden (vgl. Deutsche Rentenversicherung).
- 2.
Vgl. Antworten der Bundesregierung auf Anfragen der Linken-Bundestagsfraktion (2011).
- 3.
Als Armutsgrenze gilt in Deutschland für eine alleinstehende Person ein Einkommen von 969 EUR monatlich (vgl. Amtliche Sozialberichterstattung des Bundes und der Länder).
- 4.
Vgl. Daten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).
- 5.
Das SOEP ist eine seit Mitte der 1980er-Jahre jährlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) durchgeführte Längsschnittstudie, die auf eine zeitnahe Erfassung des politischen und gesellschaftlichen Wandels zielt.
- 6.
Ziel des nationalen Pakts ist das Potenzial von Frauen für naturwissenschaftlich-technische Berufe angesichts des sich abzeichnenden Fachkräftemangels zu nutzen. Das bedeutet ein realistisches Bild der ingenieur- und naturwissenschaftlichen Berufe zu vermitteln und die Chancen für Frauen in diesen Feldern aufzuzeigen, junge Frauen für naturwissenschaftlich-technische Studiengänge zu begeistern und Hochschulabsolventinnen für Karrieren in technischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu gewinnen.
- 7.
Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day am 16. März 2016 anhand fortgeschriebener Ergebnisse mitteilte, verdienten Frauen mit einem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von 16,20 Euro 21 Prozent weniger als Männer (20,59 Euro).
- 8.
386 Euro erhalten Menschen mit teilweiser Erwerbsminderung, die noch bis zu sechs Stunden täglich arbeiten können. 664 Euro beträgt die monatliche Auszahlung bei voller Erwerbsminderung. Laut der deutschen Rentenversicherung bekommen Männer in den alten Bundesländern im Jahr 2014 im Schnitt 737 Euro und Frauen 702 Euro. In den neuen Bundesländern sind das bei den Männern 676 Euro und bei den Frauen 761 Euro (Statistiken der Deutschen Rentenversicherung, Aktuelle Daten 2016).
- 9.
Es gilt hier die Annahme, dass statistisch betrachtet, die amtlichen Statistiken dieses familialistische Modell der Pflege unterstützen, indem sie lediglich Daten der Pflegebedürftigen aus der Pflegeversicherung, der professionellen Pflegedienste und -einrichtungen regelmäßig und verpflichtend erheben, nicht aber zu den familiären Pflegepersonen – deren Situation bleibt damit amtlich unsichtbar.
- 10.
In dieser Studie identifiziert er Deutschland als konservatives beziehungsweise als korporatistisches Regime.
Literatur
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Anacker, M. (2020). Seniorisierung der Armut?. In: Woopen, C., Janhsen, A., Mertz, M., Genske, A. (eds) Alternde Gesellschaft im Wandel. Schriften zu Gesundheit und Gesellschaft - Studies on Health and Society, vol 4. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-60586-8_6
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