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Die Totale Gesellschaft

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Die totale Freiheit

Part of the book series: Staat und Politik ((STOPP,volume 10))

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Zusammenfassung

Es war nicht nur Fichte, der zu seiner Zeit von dem »Gegenstand« des »Natur-und Staatsrechts« mit »unwiderstehlicher Stärke« angezogen wurde 389. Je mehr Kant selbst mit einer Schrift zu diesen Fragen auf sich warten ließ, desto stärker mußte bei seinen Schülern das Bedürfnis werden, die Lücke auszufüllen. Die Fülle der Naturrechtslehren, die, selbständig oder in Niethammers ‚Philosophischem Journal‘ veröffentlicht 390, in jenen Jahren erschienen, lassen sich als Arbeiten der Kant-Schule denn auch dahingehend zusammenfassen, daß sie fast alle, an die ,Kritik der praktischen Vernunft‘ sich anschließend, die Rechtslehre aus dem Sittengesetz deduzieren zu müssen glaubten. Die große Aufgabe, die ja über das Ausfüllen einer Lücke eines Schule machenden Systems weit hinausreichte, die Aufgabe, das seiner selbst kritisch neu bewußt gewordene Subjekt nun mit dem Allgemeinen auch in praktischer Hinsicht, also mit Recht und Staat zu vermitteln, war schon Theodor Schmalz 1791 in dieser zweifachen Hinsicht klargeworden391. Denn einerseits erkannte er als kantianer die Möglichkeit, »die Grundsätze der Kantischen Philosophie auf das Naturrecht« anzuwenden, und zwar als Erster, wie er behauptet392; ferner ahnte er aber auch die über die Schule hinausgehende Bedeutung der Frage wenn er jenem neuen kritischen Selbstbewußtsein der Subjektivität Ausdruck gab, indern er in seinem ‚Reinen Naturrecht‘ sagte, Naturrecht »kann nichts anderes seyn, als Analyse des Begriffs: Freiheit.«393

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Literatur

  1. Schulz, I, 300.

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  2. Vgl. dazu neuestens Schottky, a.a.O., ‚Anhang: Zur Frage vermutlicher historischer Anregungen für Fichtes Grundlage des Naturrechts‘. Vor allem: ,B. Verhältnis zu rechtsund staatsphilosophischen Autoren aus Niethammers Philosophischem Journal’. Im Gegensatz zu der von Schottky konstruierten problemgeschichtlichen Verbindung Hobbes-Fichte (s. weiter unten) ist die Untersuchung der Autoren aus dem ‚Philosophischen Journal‘, die Fichte sicher kannte, erschöpfend und einleuchtend. Immer noch wichtig in diesem Zusammenhang ist Léon; Fichte et son temps. Bd. I, 272 ff. Metzger, a.a.O., 148 ff. sieht vor allem in der Betonung der »äußerlich-staatlichen Seite am Recht«, die bei Erhard, Maimon und in Kants ,Zum ewigen Frieden‘ vorliege, die Anregungen für Fichtes ,Grundlage d. N.‘. Wesentlich ist hier vor allem Joh. Benj. Erhard, der schon im Gegensatz zu den meisten Kantianern in seiner ,Apologie des Teufels‘ (Phil. Journ. I, 2, 1795) geschrieben hatte: »Die Herleitung des Rechts geschieht daher nicht aus der Moral, sondern aus der Möglichkeit der wechselseitigen Verträglichkeit der eigennützigen Triebe beim Menschen.« Zu Erhards Einfluß auf Fichte s. auch Walz, a.a.O., 466 ff. und am ausführlichsten eben Schottky, a.a.O., 216 ff.

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  3. Theodor Schmalz; Das reine Naturrecht. 1. Auflage 1791. Hier zitiert nach der zweiten Auflage, Königsberg 1795.

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  4. Schmalz, a.a.O., 12.

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  5. Ebda. 16.

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  6. Zum Einfluß Schmalz’ schon auf Fichtes ‚Beiträge‘ vgl. Strecker, a.a.O., 39 ff. und Schottky, a.a.O., 338 Anm. 9 und 341 Anm. 22.

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  7. Schmalz, a.a.O., 16.

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  8. Schmalz behauptet zwar a.a.O., 24. »eine gemeinschaftliche Wurzel für Naturrecht und Moral«, trennte aber gleichfalls beides in der Durchführung voneinander.

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  9. ‚Grundlage des Naturrechts nach Principien der Wissenschaftslehre‘, Jena und Leipzig 1796. Der zweite Teil: ‚Angewandtes Naturrecht‘ erschien 1797. Im Weiteren zitiert als »Grundlage d. N.‘

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  10. Die hier angedeutete dialektische Beziehung der einzelnen Positionen Fichtes ist etwa in der sonst sehr bemerkenswerten, schon in der Einleitung genannten Arbeit von Hatzelmann nicht gesehen. Auch sind die Grenzen Fichtescher Dialektik, deren Enge durch den Utopismus überspielt wird, von Hatzelmann nicht erkannt. Die besten Bemerkungen über Fichtes Dialektik finden sich m. E. in dem Buch von Wolfgang Ritzel; Fichtes Religionsphilosophie, Stuttgart 1956, 109 ff.

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  11. Vgl. Schottky, a.a.O., 115/16.

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  12. Vgl. Anm. 384. Die Schwierigkeit bildet hier vor allem die Problematik der Dialektik als Methode, auf die hier aber nicht weiter eingegangen werden kann.

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  13. V, 288.

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  14. So hat Medicus die Revolutionsschriften in seine Ausgabe nicht aufgenommen, was allerdings auch schon von Julius Binder, Rickert und Reinhard Strecker bedauert wird. Aber selbst letzterer wertet die ‚Beiträge‘, obgleich er sie ausführlich behandelt, gegen die späteren Schriften ab. In der Arbeit von Torretti schließlich, die doch einen systematischen Ansatz verspricht, kommen die Revolutionsschriften nicht vor. Vgl. auch Wallner, a.a.O., 84.

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  15. Die Bemerkungen Fichtes V, 288 über seine Revolutionsschriften im Vergleich zu der ‚Grundlage‘ sind kompliziert formuliert; sie bestehen aus Eingeständnissen, die wieder zurückgenommen werden, vorsichtigen Erklärungen, halben Zurücknahmen und versteckten Bestätigungen.

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  16. Wallner überträgt den neuzeitlichen Dualismus Staat-Gesellschaft unkontrolliert auf Fichtes Denken. So kommt es bei ihm zu keiner durchgehenden Erklärung des Fichteschen Freiheitsansatzes; er konstatiert lediglich ein fortschreitendes Aufgeben der liberalen Grundposition‘ zugunsten eines ,sozialistisch-zentralistischen Staates‘. Folgerichtig verschiebt sich dann ‚Gesellschaft‘ in den Bereich der Moralität (108). Das politische Problem des vergesellschafteten Staates, bzw. der verstaatlichten Gesellschaft kommt so nicht in den Blick.

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  17. Mit Ausnahme allerdings der Stellen, die zu einer ‚Organismustheorie‘ des Staates hinführen. Aus methodischen Gründen wird aber dies wichtige Problem hier erst im Kapitel IV behandelt werden.

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  18. »Das aufklärerische Vergnügen, sich selbst für vernünftig und die Wirklichkeit für unvernünftig zu halten ...« (Jonas; Staatseingriff bei wirtschaftlichen Strukturanpassungen. In: Der Staat, Bd. 2, Heft 3, S. 295). Das ‚Vergnügen‘ hatte allerdings seine historische Notwendigkeit in der best. revolutionären Situation.

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  19. S. Kap. I.

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  20. Vgl. ,Grundlage d. N.‘, Einleitung.

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  21. Torretti, a.a.O., 20. Vgl. dazu über Torrettis Arbeit die Bemerkungen in der Einleitung. — Metzger, a.a.O., 157/58 ist ein charakteristischer Beleg dafür, wie wenig die Beziehung von Recht und Sittlichkeit im Gesamtwerk Fichtes durchschaut wurde.

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  22. Die Bemerkungen Hegels in der Einleitung zur Rechtsphilosophie von der »gottverlassenen«, vom »Atheismus der sittlichen Welt« als die der Staat in der Theorie einer subjektivistischen Vernunft erscheine, der die »Vorstellung als ob die Freiheit des Denkens und des Geistes überhaupt sich nur durch die Abweichung, ja Feindschaft gegen das öffentlich Anerkannte beweise, ...« fest »eingewurzelt« sei, weisen die ‚Rechtsphilosophie deutlich als nachrevolutionäre Theorie aus. Hier ist versucht worden zu zeigen, wie Fichte als der eigentliche Denker der Revolution ebenso notwendig zu seinem Vernunftbegriff kam, wie Hegel die Notwendigkeit einsah, diesem herrschenden Vernunftbegriff besonders »in Beziehung auf den Staat« entgegenzutreten.

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  23. VI, 293/4.

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  24. VI, 306.

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  25. Ebda.

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  26. III, 10.

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  27. Ebda.

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  28. III, 11.

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  29. Ebda.

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  30. III, 54.

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  31. In seinem Naturrechtsaufsatz von 1802/3 hat Hegel bereits den Blick auf die entscheidende Schwäche des Fichteschen Systems, nämlich die ‚Zerreißung‘ in Moralität und Legalität, gelenkt. Die Aufgabe, die dem revolutionären Denken gestellt war, die Vermittlung der so machtvoll aufgetretenen Subjektivität mit dem Allgemeinen, konnte von Fichtes Ansatz her nur unter Gewaltsamkeiten erreicht werden. (Auch in der Kritik dieser Gewaltsamkeit hat Hegel bereits Endgültiges gesagt.) Den Ansatz aber nennt auch Wallner mit Recht eine ‚notwendige Stufe‘ (a.a.O., 87). Es war die Konsequenz, die Fichte zum Handelsstaat als »einer Darstellung der vollständigen Herrschaft des Verstandes, und Knechtschaft des Lebendigen« (Hegel, W. I, 1, 14) trieb. Dagegen lobt Hegel die »Inkonsequenz« als »das Vollkommenste an unvollkommenen Staaten«. (Ebda.) Eben diese Inkonsequenz hatte Fichte in den ‚Beiträgen‘ gelobt (VI, 66) aber mit entgegengesetzter Intention!

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  32. »Ja, das Sittengesetz verbietet sehr oft die Ausübung eines Rechts, das dann doch, nach dem Geständnis aller Welt, nicht aufhört, ein Recht zu sein.« (III, 54)

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  33. 421III, 98. Zum Problemhistorischen vgl. Metzger, a.a.O., 36, 133 f., 150 f. Zu einem ‚soziologischen‘ Grund der Trennung von Recht und Moral vgl. Walz, a.a.O., 487 ff., den auch Scholz noch zustimmend zitiert. (Scholz, a.a.O., 200 ff.)

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  34. 422K.d.r.V. A 316, B 373.

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  35. Scholz betont zwar, ebenso wie etwa Marianne Weber die Verbindung der Politischen Theorie, bzw., der ‚ökonomik‘ mit Fichtes Gesamtphilosophie. Aber diese Verbindung ist in beiden Arbeiten nicht durchgehalten, sonst könnte Scholz nicht zu dem völlig unverständlichen Zweifel an der Relevanz von Fichtes Aussage kommen, daß die Grundlage d. N.‘ nach ‚Prinzipien der Wissenschaftslehre‘ ausgeführt sei. (Scholz, a.a.O., 178). Ambivalent ist folgende Äußerung Windelbands: »Ja ich meine nicht nur, daß es möglich ist, die wesentlichsten Züge der Staatstheorie Fichtes ohne Anknüpfung an jene schwierigen Prinzipien klarzulegen, sondern ich glaube auch, daß man umgekehrt aus dieser — ex ungue leonem — am leichtesten die ganze Philosophie des Mannes und damit den Mann selbst verstehen lernen könne.« (Windelband; Fichtes Idee des deutschen Staates, o. O. 1890, S. 2).

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  36. Schelsky hat seine erste ‚Theorie der Gemeinschaft‘ in Anlehnung an Fichtes ,Grund-lage‘ verfaßt, weil er in dieser das Werk Fichtes sah, »das außer einem kurzen Abriß des idealistischen Denkansatzes auch eine Theorie der Vermittlung des Einzelnen mit dem Allgemeinen in praktischer Hinsicht — also eine Theorie der Gemeinschaft — enthält, die hier am weitesten im idealistischen Denken vorgetrieben ist«. Was diese Vermittlung‘ angeht, so kommt zwar diese Untersuchung zu kritischen Ergebnissen, aber eine gewisse Repräsentanz der »Grundlage d. N‘ für Fichtes Denken überhaupt ließe sich vertreten.

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  37. Dieses Ergebnis Fichtes, in der Gegenwart als die wahre philosophische Grundlage der ‚Interpersonalität‘ entdeckt und begrüßt, (Lauth, W. Schulz, vgl. Einleitung) ist hoch-problematisch. Wenn Schottky behauptet, Fichtes »Grundlage d. N.‘ sei »die krönende Zusammenfassung« der »aufklärerischen Tradition«, (a.a.O., 208) so haben dagegen Torretti und vor allem Vaughan sehr deutlich betont, daß der aufklärerische Individualismus in der ,Grundlage d. N.‘ liquidiert sei. Torretti verwahrt Fichte geradezu vor dem ihm zugeschriebenen Individualismus: »Welche Bedeutung kann da noch dieser berüchtigte Terminus behalten, wenn das Individuum selbst so aufgefaßt wird, daß es nicht das, was es je ist, sein kann ohne ein vorgängiges, im strengsten Sinne existentielles Verhältnis zu anderen Individuen zu erhalten« (a.a.O., 80). Eingehend beschäftigt sich Vaughan mit dieser Frage. Er entwickelt vor allem auch schon für Fichtes frühe Schriften den beherrschenden Widerspruch zwischen der individualistischen Vertragstheorie und »the idea of progress and that of the moral or educative, function of the state« (a.a.O., 103). Mit der Vertragstheorie sieht er auch die Trennung von Legalität und Moralität gegeben. »The conception of contract, as the expression of a deepseated belief in the sovereignty of the individual, logically goes hand in hand with a sharp separation between the spheres of politics and of morals« (104). Aber sowohl diese wie auch der Vertragsgedanke, verschwindet ihm in der ‚Grundlage d. N.‘, trotz Fichtes starker Betonung beider, »to almost nothing« (105). Vaughan übersieht zwar, daß Moralität — wenn auch schließlich nur als bloße Innerlichkeit, aber mit utopischer Dynamik — aus Fichtes Denken nicht ganz verschwindet, wie auch die Bestimmung der Gesellschaftlichkeit als ‚Pflicht‘, aber es ist ihm völlig zuzustimmen, wenn er klar herausstellt, daß mit der ‚Grundlage d. N.‘ — dem Geiste nach — die Tradition der Aufklärung verlassen ist. Schottky, der Vaughan zitiert, übersieht dies völlig, ebenso wie den Widerspruch, der zwischen der Behauptung eines radikalen Denkwandels von ‚Beiträgen‘ zur ‚Grundlage d. N.‘ und dem Bestehen auf Durchhalten der aufklärerisch-individualistischen Position zu liegen scheint. Jene erste Leistung von Fichtes Denken, die hier als die Dimensionierung der Subjektivität bezeichnet ist, ist — unter dem Einfluß des personalistischen Denkens — in ihrer grundlegenden Bedeutung für das moderne Bewußtsein wieder entdeckt worden. In dieser Wiederentdeckung wurde als wesentlichste Dimension der Fichteschen Subjektivität eben jene ,Interpersonalität‘ erkannt. So schreibt Walter Schulz in seiner Gedenkrede zum Fichte-Jahr 1962: »Allein am anderen Ich gewinnt das Ich Halt und Selbständigkeit.« (W. Schulz; J. G. Fichte, Vernunft und Freiheit, Pfullingen 1962, S. 20) Und: »... daß Fichte nicht nur die Ich-Du-Beziehung thematisiert hat, sondern daß sein Ansatz der modernen Fassung dieses Problems überlegen ist« (a.a.O., 21). Die wichtigste Arbeit in dieser Hinsicht ist der Aufsatz von R. Lauth: Le Problème de L’interpersonalité chez J. G. Fichte, in: Archives de Philosophie, Tome XXV, Cahier III-IV, 1962. (Vgl. auch den Bericht von H. M. Baumgartner; ,Nachlese zum Fichte-Jahr 1962‘ im Phil. Jahrbuch der Görresgesellsch., Jg. 71, 2. Hbbd.) Daß die das Individuum konstituierende Setzung anderer Iche in gleicher Freiheit für das ,andere‘ Problem in Fichtes Denken, nämlich das der Vermittlung der so gewonnenen Subjektivität zum Allgemeinen in Recht und Staat, also für die politische Theorie gefährliche, letztlich die Freiheit bedrohende Konsequenzen hat, davon handelt die vorliegende Arbeit. Der Gewinn an Konkretheit, der der Subjektivität in der sie bestimmenden Dimension der ,Interpersonalität‘ zuwuchs, setzte sich bei Fichte nicht in konkrete politische Theorie um. Angesichts der Notwendigkeit, mit der Fichtes politische Theorie aber aus seinem Ansatz hervorgeht, scheint die Frage unabweisbar, ob die die Subjektivität scheinbar so ganzheitlich prägende Dimension der ,Interpersonalität‘, — die bestimmten Richtungen zeitgenössischen Denkens so sehr entgegenkommt — in Wahrheit ein Gewinn sei, und ob nicht das Beharren auf einer Position der Entzweiung, deren eine Seite dann die — zugegeben — abstrakte Subjektivität bleibt, und das Bemühen, solche Entzweiung als Voraussetzung der Wirklichkeit von Freiheit, also als Errungenschaft zu begreifen, für eine ,reelle‘ Philosophie fruchtbarer werden könnte.

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  38. III, 52.

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  39. III, 55.

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  40. TIT. 9.

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  41. Für ein abstrakt-rationalistisches Denken besteht so immer, wenn es sich auf politische Theorie einläßt, die Schwierigkeit der Demonstrabilität eines freiheitlichen Systems. Ein ausgezeichneter Beleg dafür ist das große Werk von Arnold Brecht; Politische Theorie (Tübingen 1961), das getreu alles Scheitern verzeichnet, zu dem solches Denken in der Zuwendung zur politischen Theorie im 20. Jh. verurteilt war — ohne selber schließlich diesem Schicksal zu entgehen.

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  42. III, 89.

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  43. In der ,Grundlage d. N.‘, III, Hauptstück, § 8 (III, 103) schreibt Fichte: »Das positive Gesetz schwebt in der Mitte zwischen dem Rechtsgesetz und dem Rechtsurteile.« Könnte hier der Schein einer ‚Vermittlung‘ auftauchen, so ist im Auge zu behalten, daß dies alles auf Seiten der Legalität bleibt.

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  44. III, 89.

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  45. Ein interessanter Beitrag zum Thema des totalitären Denkens ist die Analyse des Gemeinplatzes ,Wer A sagt muß auch B sagen‘ durch Hannah Ahrendt. (Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, Frankfurt/M. 1956.) In gewissem Sinne ist Fichtes Theorie der Legalität, d. h. der menschlichen Gemeinschaft im praktischen Sinne eine Anwendung dieser Denkstruktur. Das dem Individuum (abstrakt) als freiheitliche Entscheidung zugegebene A verpflichtet es in der Folge zu B, C usw. als ,vernünftiger‘ Konsequenz. (Vgl. dazu wieder Hegels ,Lob der Inkonsequenz‘; Anm. 3, S. 169.)

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  46. »Das Individuum selber, wie dessen Name bis heute gebraucht wird, reicht der spezifischen Substanz kaum allzuweit hinter Montaigne oder den Hamlet, allenfalls auf die italienische Frührenaissance zurück.« So Th. W. Adorno in: Individuum und Organisation; ersch. in: Die Herausforderung, München 1963, S. 143. Die veränderte gesellschaftliche Wirklichkeit, die das Individuum hervorbrachte, das sich schließlich in der Französischen Revolution spektakulär »zum Subjekt von Recht und Staat« machte (Ritter, Hegel u. d. Fr. Rev.) zwang dieses, sich nunmehr wieder mit dem als Unmittelbarkeit verlorengegangenen Allgemeinen zu vermitteln. Erkenntnistheoretisch war dieser Versuch die Transzendentalphilosophie, in der praktischen Philosophie die Freiheitslehre des Idealismus. »Das Problem, das die Forderung politischer Freiheit durch die Revolution aufgeworfen hatte, liegt darin, die Rechtsform der Freiheit zu finden, d. h. eine Rechtsordnung auszubilden, die der Freiheit des Selbstseins angemessen ist und ihr gerecht wird und es dem Einzelnen ermöglicht, er selbst zu sein und zu seiner menschlichen Bestimmung zu kommen« (Ritter, a.a.O., S. 20).

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  47. Torretti erkennt dies als die eigentlich systematische Komponente in Fichtes idealistischer Konzeption (a.a.O., 20). Wie stark Fichte dann doch an das gesellschaftliche Rechtsempfinden seiner Zeit gebunden war, zeigt sein ,Eherecht‘, das nichts anderes ist als eine oberflächliche Rationalisierung schichtenspezifischer ‚Selbstverständlichkeiten‘.

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  48. Vgl. Kap. I,5 d. Arbeit.

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  49. Aus dieser Struktur erklärt sich Fichtes Festhalten am Vertragsgedanken. Aber dieser verliert völlig seine Bedeutung für die politische Theorie, wenn er nicht die Wirklichkeit der Legalität tatsächlich mitstrukturiert, sondern, wie bei Fichte, in der Bewahrung der bloßen moralischen Innerlichkeit sich erschöpft (vgl. Anm. 425). Gegen seine Absicht gibt das Scholz zu, wenn er schreibt: »So gewinnt Fichte durch die scharfe Tren­ nung von Recht und Sittlichkeit die Möglichkeit, Grundsätze herauszuarbeiten, die der äußeren (!) Seite menschlichen Zusammenlebens als Regel dienen können, ohne daß die sittliche Freiheit des autonomen Individuums dabei bedroht erscheint« (a.a.O., 208) vgl. auch Wallner, a.a.O., 86.

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  50. Fichtes ganze politische Theorie erweist sich so als eine Theorie der Revolution unter Ablehnung der Gewaltanwendung. Von der Basis des Moralischen her — die deswegen auch aus dem Bereich der Legalität herausgehalten wird — will sie zur Umwandlung aller bestehenden Wirklichkeit in die Moralität hineinkommen.

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  51. Vgl. dazu Schottky, a. a. O., 131.

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  52. So von J. Ritter in der Interpretation Hegels erarbeitet. Im Gegensatz dazu ist Fichtes Recht — Legalität — zwar umwillen der Freiheit da, aber zum Verschwinden bestimmt, (was Hegel merkwürdigerweise nicht sah, vgl. Hegel, Werke Bd. I, S. 110/11) um schließlich Platz zu machen der absoluten Freiheit. In der Theorie ergibt sich so einerseits die Forderung rigoroser Praxis — totale Gesellschaft — andererseits die gefährliche Möglichkeit der inneren Emigration des ‚Eigentlichen‘ der Subjektivität als solcher in sich selbst hinein. Das letztere brachte allerdings auch die ,Gelehrtenrepublik‘ hervor und ein Bildungs- und Universitätsideal, das bis heute maßgebend ist. Vgl. Anm. 563.

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  53. Das Verhältnis von Fichte zu Hobbes ist neuerdings — und eigentlich erstmalig — von Schottky untersucht worden. Schottky konstatiert bei Hobbes eine »totalitäre Souveränitätsidee«, die dann zu einem »der beiden entscheidenden Momente in Rousseaus synthetischer Staatskonzeption« wurde, und die schließlich Fichte voll rezipierte (a.a.O., 152). Das Mißverständnis von Hobbes ist fundamental. Zwar stimmen Fichte und Hobbes an einem Punkt — dem Kampf Aller gegen Alle und der daraus resultierenden Notwendigkeit von ,Staat‘ — überein (davon noch weiter unten), aber Schottky gibt selbst zu, daß dies keine Übereinstimmung in »höchsten Zwecken« bedeute (140). Das ist aber der springende Punkt. Wenn bei Hobbes, wie Schottky selbst sagt, »die reale Friedensordnung« der höchste Zweck ist (139), so hat Fichte ja wohl deutlich genug gemacht, daß höchster Zweck in seiner politischen Philosophie die Vervollkommnung des Menschengeschlechts sei und zwar, wie Schottky selbst schreibt: »Es ist nämlich die Überzeugung, der Inhalt aller legitimen staatlichen Anordnungen und Maßnahmen sei eindeutig durch nachrechenbare Deduktion aus dem abstrakten Vernunftsrechtsprinzip zu gewinnen, alle ‚richtigen‘ Gesetze und Verfügungen seien nur dessen subsumtive Anwendung auf den konkreten Staat und seine Situation. »Solche für Fichte überaus treffende Bemerkung trifft ja aber auf Hobbes gerade nicht zu. Solange aber der Unterschied in den ,höchsten Zwecken‘ so bagatellisiert wird, wie Schottky die Unterscheidung von Gesellschaft und Staat bei Hobbes nicht zu treffen in der Lage scheint und so notwendig total mit totalitär verwechselt (vgl. etwa 176), solange wird die Rede vom ‚totalitären‘ Hobbes nicht aufhören. 442 »Fingiert man den Versuch, ihn (Fichtes Entwurf) so wie er ist in die Praxis zu übertragen, kann man sich das Ergebnis kaum anders als totalitär vorstellen.« So auch Schottky, a.a.O., 189/90.

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  54. III, 97.

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  55. III, 123. So erscheint vom Rechtsstandpunkt aus die Sphäre der Freiheit dem Zufall, dem ‚blinden Ohngefähr‘ verhaftet, das Fichte ansonsten als nicht ,anmutbar‘ ablehnt.

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  56. Über die entscheidenden Verschiebungen der Pol. Theorie von Hobbes über Locke und Kant zu Fichte s. w. u.

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  57. Es sei nochmals an die in der Einleitung zitierten Bemerkungen von Zeller, Walz, Lösch und Torretti erinnert. Daß das Problem des Totalitarismus ein Problem des Verhältnisses von Gesellschaft und Staat ist, wird immer noch weitgehend nicht eingesehen. Für die Freiheitlichkeit einer Theorie sind ihre Unterscheidungen — Entzweiungen — konstitutiv. Die Hineinnahme des Ökonomischen — im weitesten Sinne — und schließlich des Pädagogischen in den Staat bedeutet seine Vergesellschaftung und läßt mit dem Terrorismus der unfehlbaren Vernunft, die auch im Politischen detaillierte Anweisungen postulierend festlegt, bei Fichte den Totalitarismus entstehen, der die eigentliche Pervertierung des Politischen ist.

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  58. Vgl. f. d. Folgende III, 92 ff.

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  59. III, 94/95.

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  60. Eines der bemerkenswertesten Bücher über Hobbes und die politische Theorie seiner Zeit ist Macpherson; The political Theory of Possessive Individualism. Oxford 1962. Schon der Titel verrät Konzeption und Grundthese; die politische Theorie des 17. Jahrhunderts ist Theorie der durch Eigentum konstituierten Individualität, um die schwer übersetzbare Formulierung sinngemäß zu verdeutschen. Über Individuum und Eigentum wird hier in einem eigenen Abschnitt gehandelt werden; wir stimmen Macpherson völlig zu und glauben seine Charakterisierung des politischen Denkens des 17. auch auf das 18. und 19. Jhdt. übertragen zu können. Fichte erweist sich in der Tat als ein extremer Theoretiker des ,Possessive Individualism‘. Was den ,Naturstand‘ bei Hobbes angeht, so ist es eines der interessanten Ergebnisse des Buches von Macpherson, daß es im einzelnen aufzeigt, wie es sich bei Hobbes keineswegs um eine abstrakt-hypothetische Theorie vom Urstande ,des Menschen‘ handelt, sondern um eine genaue Analyse der bürgerlichen Gesellschaft seiner Zeit, als ,market-society‘, in der der ,Possessive Individualism‘ zwangsläufig zum Krieg Aller gegen Alle führt, wenn die politische Institution — Staat als Garantie des Friedens und der Ordnung — suspendiert ist, was Hobbes in den Bürgerkriegen seiner Zeit erlebt hatte. Über die Konkretisierung in der zeitgenössischen Gesellschaft nähern sich so die Ansätze Hobbes‘ und Fichtes wieder einander; der Unterschied liegt in der Beantwortung der Fragen aus der gleichen, bzw. ähnlichen Ausgangssituation.

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  61. Von der ,Grundlage‘ an spricht Fichte fast immer nur noch vom ,Staat‘, nicht mehr von Gesellschaft. Das hat in der Interpretation zu Schwierigkeiten geführt. Das ,Gemeine Wesen‘ oder der ,Staat‘ in Fichtes ausgeführter politischer Theorie ist nicht der Staat des durch das 19. Jh. bis heute geläufigen Gegensatzes Gesellschaft — Staat. Die Dreiteilung Subjektivität-Gesellschaft-Staat, die seit Hegel zum Begreifen jeder politischen Wirklichkeit maßgebend ist, ist bei Fichte gefaßt im Dualismus — Subjektivität (Moralität) einerseits und Gesellschaft — Staat (Legalität) andererseits. Staat ist also hier immer der vergesellschaftete oder der ,Handelsstaat‘. Wir werden von jetzt an Fichtes Ausdruck ‚Gemeinwesen‘ benutzen oder wenigstens ,Staat‘ — in Anführungszeichen.

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  62. III, 98.

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  63. III, 99. Naturrecht war für den Fichte der ,Beiträge‘ noch gleich ,Vernunftrecht‘. Konsequent mußte Fichte auf dem Standpunkt der ,Grundlage‘ die Frage nach einem »eigentlichen Naturrecht« verneinen. Naturrecht bedeutet für Fichte dann Vernunftrecht im

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  64. Gemeinwesen. Vgl. auch VIII, 431.

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  65. Der, radikale Unterschied‘ zwischen ,Beiträgen‘ und ,Grundlage d. N. reduziert sich, wenn man das dialektische Verhältnis der beiden Werke zueinander berücksichtigt, darauf, daß in den ‚Beiträgen‘ der Staat als mögliches Mittel zu einer vollkommenen Gesellschaft erscheint, aber in der ,Grundlage d. N.‘ als notwendiges.

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  66. Daß sich im Verlauf der Entwicklung des modernen Staates ,Recht‘ immer mehr zum ,Gesetz‘ wandelt, hat Schmitt als wesentlich herausgestellt. (Staat als konkreter, an geschichtliche Epochen gebundener Begriff. In: Verfassungsrechtliche Aufsätze, Berlin (1958) Fichte schreibt: »Es soll sein ein Gesetz, d. h. es soll unmöglich sein, daß davon eine Ausnahme geschehe, es soll allgemeingültig und kategorisch gebieten, nachdem es einmal übernommen ist« (III, 93). In diesen Gesetzesbegriff sind zwei Bestimmungen eingegangen. Erstens das Naturgesetz, als dessen Alternative überhaupt der Freiheitsbegriff schon von Kant und ebenso von Fichte begriffen wurde. Außerdem der Gesetzesbegriff des ‚Sittengesetzes‘ mit den kategorischen Geboten. So kommt eine gewisse begriffsimmanente Heterogenität zustande, die im Verlauf dieses Denkweges durch Disjunktion von Moralität und Legalität beiseite gebracht wird. Die Folge für das Recht ist dann aber das Herrschen des Gesetzesbegriffs in der ersten Bestimmung, die die Unmöglichkeit der Ausnahme meint. Für die politische Theorie — besonders für die Theorie der Polizeimuß das erhebliche Folgen haben. Die Nähe zum naturwissenschaftlichen Gesetzesbegriff ist auch von Rickert nicht gesehen. »Fichte hat selbstverständlich, wenn er von Menschenrecht und Menschenwert handeln will, stets die Notwendigkeit des Sollens, nicht die des Müssens, er hat das Gesetz als Imperativ, nicht als Naturgesetz im Auge.« H. Rickert; Die allgemeinen Grundlagen der Politik Fichtes, in: 2s. f. deutsche Kulturphilosophie, Bd. 4, 1938, S. 18.

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  67. Das wichtigste begriffliche Allgemeingut des ,possessive Individualism‘ und der Aufklärung, die Vertragshypothese, wird von Fichte beibehalten. Vgl. dazu Anm. 111.

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  68. III, 102.

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  69. III, 104.

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  70. Die Tendenz der Totalität der Gesetzgebung ist in der Gegenwart evident und oft beklagte Crux von Juristen, Parlamentariern und Staatsbürgern. Sie ergibt sich aber zwangsläufig nicht nur aus der zunehmenden Kompliziertheit der Lebensverhältnisse, sondern vor allem — und dafür ist Fichtes Theorie ein überzeugender Beleg — aus der Konzeption des vergesellschafteten Staates, die Fichte als Konsequenz seines Freiheitsbegriffes entwickelt, und deren Bewältigung in der gegenwärtigen Wirklichkeit die eigentliche Aufgabe der Politik und Politiktheorie ist. Das für die Entwicklung von Fichtes politischer Theorie so wichtige Problem der »Vorwegnahme der ges. zukünftigen Erfahrung« wird etwa von Torretti überhaupt nicht beachtet. (Vgl. a.a.O., S. 46 ff.)

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  71. S. Anm. 276 und 277.

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  72. III, 93.

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  73. III, 138.

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  74. Vgl. Abschnitt III, 1, d.

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  75. III, 106 ff.

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  76. III, 107.

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  77. Zum Verhältnis Fichte-Rousseau vgl. außer den älteren Arbeiten von Fester, Haymann, Gurwitsch jetzt vor allem Schottky, a.a.O.

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  78. Die Deduktion Fichtes ist hier vollkommen schlüssig, dennoch leuchtet die Gefahr für die Freiheit des Einzelnen m. E. unmittelbar ein. Die Abstraktheit wird hier besonders deutlich. In solcher Deduktion ist kein Platz für (negativ bestimmte) Grundrechte, also auch nicht für eine Differenzierung Gesellschaft-Staat.

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  79. 467III, 108. 468 Ebda.

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  80. Die Übertragung der Denkstruktur des kategorischen Imperativs auf die Legalität läßt deutlich werden, wie Fichte dieser Bereich — vor allem seine politische Seite — im Grunde fremd war. Er ging alle Probleme von der Moralität her an, von dem in abstrakter Freiheit aufgefaßten Subjekt.

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  81. Bei der berühmten Disputation in Hampton Court 1604 (bei der u. a. der Beschluß zur Neuübersetzung der Bibel gefaßt wurde — die 1611 vollendete berühmte King-James-Edition) faßte der König wiederholt seinen Standpunkt in dem Ausspruch zusammen »No Bishop no king«. The Oxford History of England; Bd. IX, The Early Stuarts, 1603–1660 by G. Davies, Scd. Ed. 1959, S. 70. Das ,Book of Common Prayer‘, das von Elisabeth eingeführt worden war, war im 17. Jh. immer wieder der Anknüpfungspunkt heftiger Auseinandersetzungen. Bei Marston Moor wurden die Kavaliere zum ersten Male vernichtend von Cromwell geschlagen (2. Juni 1644) Oxf. Hist. a.a.O., S. 137. Praktisch endgültig vernichtet wurde die Armee der Royalisten am 14. Juni 45 bei Naseby durch Cromwells Ironsides. (Ebda. S. 141)

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  82. Neuerdings hat v. Krockow Hobbes’ Lehre von der ,Natur des Menschen‘ kurz und übersichtlich referiert. (V. Krockow; Soziologie des Friedens, Gütersloh 1962.) Seine Darstellung, die einer gute Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse der Forschung ist, ist allerdings durch das gleichzeitig erschienene Buch von Macpherson entwertet. 472 Macpherson, a.a.O., S. 17 ff. Mit dieser Interpretation sind Hobbes und Rousseau wieder einander angenähert, wie auch Fetscher schon ausführte, daß Rousseau und Hobbes den Grundcharakter des zivilisierten Menschen gleich bestimmt hätten. (Fetscher; Rousseaus politische Philosophie. Neuwied 1960, S, 31/32.

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  83. Der junge Fichte konnte so alle empirischen Beziehungen der Menschen nur als Verträge auffassen — in der Vernachlässigung des historisch-sozial konkret Vermittelten mit Recht u. a. von Wallner (a.a.O. 59/60) kritisierte, aber richtige Erkenntnis der ‚Gesellschaft‘, für die die abstrakte Herkunftslosigkeit kennzeichnend ist. ... »if you make individual freedom a function of possesion, you must accept the full 474 market society ...« (Macpherson, a.a.O., 226). Ebenso klar, aber von Macpherson nicht gesehen, ist, daß das Subjekt der Verträge ja in dem System dieser nicht aufgeht, die Subjektivität bleibt außerhalb des Vertragssystems. Durch die Trennung von Moralität und Legalität gelang Fichte keine Vermittlung des Subjekts als solchen zu einer tragfähigen politischen Theorie; es war erst Hegel, der die Vertragssphäre als Dasein der Freiheit auch »aller substantiellen geistigen und sittlichen Ordnungen« begreifen konnte. So J.Ritter; Person und Eigentum, in: Pädagogische Rundschau, 15. Jg. Heft 1/2, 1962 (Festschrift für Lichtenstein).

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  84. Fichtes Insistieren auf dem Vertrag als Grundlage aller emp. Beziehungen der Menschen hatte in Kant ein unmittelbares Vorbild, bei dem die Relation von Freiheit des Individuums und Vertragseigentum zu jener bekannten Definition der Ehe als eines Vertrags »zum lebenswierigen wechselseitigen Besitz ihrer Geschlechtseigenschaften« (Werke, VI, 277). Wenn man von der unbeholfenen Einteilung absieht, die die Ehe als ,Erwerbung‘ faßt und als auf ,dingliche Art persönliches Recht‘, — worüber Hegel so sehr empört war -, so scheint hier doch im Grunde nur die Freiheitlichkeit auch dieses Verhältnisses ausgedrückt sein, indem es als Vertrag aufgefaßt wird. Von Heinrich Brunner stammt die These: »Der eigentliche Vorläufer der Soziologie aber ist die Philosophie des Naturrechts, deren Gesellschaftstheorie als spekulative Soziologie angesehen werden muß.« (Heinrich Brunner; Die Wirtschaftsphilosophie Fichtes. Nürnberg 1935, S. So gesehen wäre der Vertrag eine der wesentlichen Kategorien solcher ‚spekulativen Soziologie‘, und es wäre zu untersuchen, welche Bezeichnungen das gesellschaftliche Selbstverständnis für den, für die Gesellschaft ja so konstitutiven Tatbestand in der neuen Soziologie gefunden hat. Der Gedanke kann hier nicht fortgeführt werden; möglicherweise könnte eine Analyse des Begriffs der ,Rolle‘ — wenn man deren Positivität nicht übersieht — zu Vergleichen mit dem spekulativen Begriff des Vertrages anregen.

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  85. »Die Dämonen, die Hobbes erschreckten, bedrängten Locke nicht mehr. Während es Hobbes angesichts elementarer Gefahr auf elementare Sicherung ankommt, setzt Locke diese im Grunde schon als selbstverständlich voraus. Hobbes erkennt: Um den Bürgerkrieg zu bannen, muß man auf alles Moralisieren verzichten und erreichen, daß der Staat überhaupt einmal als Ordnungsmacht funktioniert. Locke aber kann wieder ,moralisieren und moralisierend den bürgerlichen Bewegungsraum gegen den konsolidierten Staat ausweiten.« (v. Krockow, a.a.O., S. 62.)

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  86. Für den Fortschritt der Theorie der bürgerlichen Vertragsgesellschaft, den Lockes ,On Property‘ gegenüber den Theorien der ‚Levellers‘ darstellt, vgl. Macpherson, a.a.O.,

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  87. ff. Insofern der Fortschritt im Wesentlichen durch eine Erkenntnis der Klassenstruktur der kommenden Gesellschaft gekennzeichnet ist, ergäbe sich die Möglichkeit eines höchst interessanten Vergleichs der politischen Theorie Fichtes mit der der ,Levellers‘, die aber hier ungenutzt bleiben muß.

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  88. Macpherson, a.a.O., 271.

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  89. Kant, Werke 6, 314.

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  90. Daß Fichte die Gefahren, die mit der Freisetzung der gesellschaftlichen Kräfte der Gleichheit drohten, eben aus denkerischer Konsequenz heraus klar erkannte, darauf weist vor allem Vaughan hin: »No one will maintain, that Fichte has not here laid his finger on what are indeed the gravest sores of modern civilization« (a.a.O., 123). Ein Vergleich des Handelsstaates mit der Fr. Revolution in ihrer terroristischen Phase findet sich ebenfalls bei Vaughan. (Ebda. S. 122.) Marianne Weber hat in ihrem Buch ,Fichtes Sozialismus‘ (Tübingen 1925) Fichte als den ,ersten deutschen Sozialisten‘ und den ,Handelsstaat‘als die ,genaue Ausführung und Ergänzung zum sozialistischen System‘ (Ergänzung der ,Grundlage’) bezeichnet. So verständlich diese Bemühungen, in Fichte einen Sozialisten — vor allem einen nicht-marxistischen Sozialisten zu sehen, scheinen, so sind die Ergebnisse Marianne Webers in dieser Hinsicht doch nur um den Preis erheblicher Verkürzungen und problematischer Akzentverschiebungen erlangt. So finden wir bei ihr, trotz der Bemühungen, die philosophischen Voraussetzungen zu erfassen, doch ein recht vordergründiges Verständnis der Zusammenhänge, das etwa der Trennung von Moralität und Legalität Erwähnung tut, deren systematische Bedeutung aber verfehlt. In den so notwendig sich ergebenden Lücken im Verständnis des Systems werden dann ‚Inkonsequenzen‘ (29) und ,Widersprüche‘ (39) Fichtes gesehen. Marianne Weber führt aus: »Er (Fichte, B.W.) sinkt deshalb, ohne sich dessen bewußt zu sein, ... aus der Sphäre allgemeingültiger Gesetze in die Sphäre historischer Bedingtheit herab« (61/62). Nun muß zugegeben werden, daß Fichte sich ,in der Sphäre allgemeiner Gesetze‘ glaubte, zu historischer Bedingtheit aber nicht erst herabzusinken brauchte. Die ,historische Bedingtheit‘ seines Denkens, die doch wohl nicht so bedauerlich ist, wie M. W. glaubte, ist hier im Revolutionskapitel versucht worden, darzustellen. Das kann aber gerade nicht dazu veranlassen, dem ,Wirtschaftstheoretiker‘ Fichte sich zuzuwenden, bzw. seinen speziell ,ökonomischen’ Theorien als solchen erhöhte Beachtung zu schenken. Denn dieser Blick auf die ökonomischen Theorien scheint die eigentliche Bedeutung dessen, was in diesem Denken zur Aussage kommt, zu verstellen. M. W. gewinnt die Möglichkeit, den ,Wirtschaftstheoretiker und ‚Sozialisten‘ Fichte sich ,begreiflich und plastisch‘ zu machen (62) gerade indem sie sich vom Philosophen, der ,sich in Zwiespalt verwickelt habe‘ abwendet. Dabei ist ein weiteres charakteristisches Ergebnis der Betrachtung: »Fichte hat zufolge der Trennung von Recht und Moral und seiner ursprünglichen Auffassung des Staates als bloßen Rechtsinstituts noch keine selbständigen politischen Ideale aufgestellt« (61). Das Mißverstehen ist bezeichnend: In der Zuwendung zum nur-Ökonomischen, das durch die nichtdurchschauten Inkonsequenzen und Widersprüche des Philosophen sich motiviert, muß auch die eigentliche Bedeutung des Ökonomischen durch Wegfall der philosophischen Dimension verlorengehen. Aber nicht nur dieses verschließt sich einer solchen Betrachtung in seiner eigentlichen Bedeutung. Viel wichtiger ist, daß auch der Blick für die durchaus bestimmte und sich aus den philosophischen Voraussetzungen allerdings konsequent ergebende politische Theorie Fichtes verlorengeht — eine Theorie, die vielleicht nicht als ,positives politisches Ideal‘ anzusprechen ist, die aber erst auch seinen »Sozialismus im richtigen Licht erscheinen lassen. Bei Walz (a.a.O., 511 ff.) findet sich zwar eine Bestimmung des Eigentumsbegriffs und seiner Wirkungen auf die politische Theorie, nicht aber eine Diskussion seines Ortes in der Gesamtphilosophie. (Über den von Walz an dieser Stelle gebrauchten Terminus ‚Staatssozialismus‘ weiter unten.) Ausführlich behandelt auch Metzger das Problem des Eigentums, a.a.O., 165 ff. Hier wird besonders der Wechsel von dem auf ,Formation‘ gegründeten Eigentum von 1793 zu dem ‚dynamischen’ der ,Grundlage d. N.’ beschrieben. Die eigentliche Begründung des Fichteschen Eigentumsbegriffs aus dem Kern seines philoso phischen Ansatzes aber leistete Rickert in dem Aufsatz: Die philosophischen Grundlagen von Fichtes Sozialismus, in: Logos, XI, 2, 149 ff. Rickert stellt eingangs die Frage: »Besteht bei ihm (Fichte, B. W.) zwischen Wissenschaft und Politik in der Tat ein notwendiger Zusammenhang und wenn ja, von welcher Art ist er?« (a.a.O., 151) Rickert erkennt, daß der transzendentalphilosophische Eigentumsbegriff in das Zentrum von Fichtes theoretischer Philosophie zurückweist und kommt zu dem Schluß: »... enger können die letzten Prinzipien des philosophischen Systems mit einer sozialistisch gerichteten Politik nicht verbunden sein« (162). Ebda. 176/77 führt Rickert schließlich den Nachweis, daß Fichte von seiner individualistischen Freiheitsvoraussetzung notwendig zu seinem ‚Sozialismus‘ kommen mußte. Rickert geht es hier offensichtlich um eine nichtmarxistische Begründung des Sozialismus. Eigentlich wesentlich ist aber die Kernthese dieses Aufsatzes, die Fichtes politische Theorie als Konsequenz aus seinem prinzipiellen Ansatz behauptet. Ebendies tut die vorliegende Arbeit, nur werden hier die Linien nicht nur bis zum gesellschaftlich-ökonomischen, sondern zum eigentlich politischen Problem weitergezogen. Denn der ‚Sozialismus‘ führte bei Fichte weiter zur totalen Gesellschaft. Wird die Verbindung dieser mit dem freiheitlichen Grundansatz plausibel -wozu Rickerts Untersuchung ein wesentliches Argument ist -, so wäre damit eben dieser Grundansatz als die Quelle dieses späteren Totalitarismus erkannt. Auf die Gefahren des dynamischen Eigentumsbegriffs wies auch schon Walz, a.a.O., 530 hin; in Verbindung mit der Untersuchung der Vertragsstruktur vgl. auch Schottky, a.a.O., 168 ff. Einige der erheilendsten Bemerkungen zu diesem Problem machte schon Eduard Zeller im Jahre 1865. (E. Zeller: Fichte als Politiker, in: Zeller, Vorträge und Abhandlungen geschichtlichen Inhalts, Leipzig 1865.) Zeller sieht sehr richtig in der Fichteschen Fassung des Eigentumsbegriffs den Staat von der »negativen Tätigkeit« (Rechtsschutz) zu einer positiven Austeilungsordnung werden (Sozialismus) (a.a.O., 162), erkennt allerdings nicht, wie später Rickert, den Zusammenhang mit dem Freiheitsansatz, sondern sieht die »staatliche Bevormundung« in »grellem Kontrast« zu dem »Maß politischer Freiheit, das der Philosoph fordert« (162). Kaum könnte man aber, vor allem in Hinblick auf das Verhältnis Gesellschaft und Staat in der Fichte-Literatur eine prägnantere Bemerkung finden als folgende: »Von der Voraussetzung ausgehend, daß der Staat nicht mehr sei als eine Vereinigung zum Rechtsschutz, kommt er in der Folge zu der Überzeugung, er habe sich auch mit der Fürsorge für die Interessen seiner Angehörigen zu befassen. Weil er sich aber doch zugleich von jener Voraussetzung nicht loszumachen weiß, macht er nun die Interessen selbst zu Rechten und verlangt von dem Staate, daß er ihre Befriedigung ebenso erzwingen, wie er die Achtung der Rechte zu erzwingen verpflichtet und befugt ist« (166). In den neueren Arbeiten wird der Eigentumsbegriff von Scholz gleichfalls als »Bindeglied‘ zwischen theoretischen und politischen Schriften Fichtes angesehen, vgl. Scholz, a.a.O., 44, 318, 649, 651. Torretti geht auf den Eigentumsbegriff nur kurz referierend ein, was im Hinblick auf die Intentionen seiner Arbeit merkwürdig anmutet. Vgl. a.a.O., 81 ff. »Bedenkliche Ergebnisse« des Fichteschen Eigentumsbegriffs stellt auch Schottky, a.a.O., S. 172 ff. fest.

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  91. ,Possessive Individualism‘ scheint in ähnlicher Prägnanz kaum übersetzbar?

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  92. VI, 125.

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  93. VI, 177/78.

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  94. VI, 117.

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  95. VI, 118. Daß der Grund von Fichtes Eigentumslehre bereits in den ,Beiträgen‘ gelegt ist, zeigen Metzger, a.a.O., 139, Walz, a.a.O., 430 und Strecker, a.a.O., 106 und 173. Scholz untersucht den Eigentumsbegriff des frühen Fichte gesondert im Verhältnis zu Schmalz und Rehberg (a.a.O., 100 ff.) und macht darauf aufmerksam, daß für dieses Problem schon die ganz frühe Schrift Fichtes, ,Uber die Achtung des Staates für die Wahrheit‘ hinzuziehen sei (a.a.O., 44).

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  96. Für Fichte: W. VI, 121, Kant, vgl. Werke, 6, 251, Locke: Scd. Treat, o. Gov. Chapt. V, Sect. 26.

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  97. III, 441.

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  98. IV, 291.

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  99. IV, 292.

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  100. Ebda.

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  101. IV, 294. Wallner behauptet, a.a.O., S. 87, daß in der Sittenlehre von 1798 »das absolute Trennungsverhältnis von Recht und Moral nicht mehr vorhanden« sei. In der Sittenlehre ist von Recht und Eigentum durchaus die Rede, aber eben als Teil der Sittenlehre, also insofern von Pflichten (kategorisch) gehandelt ist. Deshalb ist doch der Bereich der Legalität als solcher, wie hier gezeigt wurde, durchaus davon getrennt. IV, 294 etwa (»Man kann die Legalität gar nicht wollen außer um der Moralität willen«) spricht keineswegs dagegen.

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  102. IV, 298.

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  103. III, 110: »eine Person als Person, d. h. als Individuum«.

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  104. III, 112/13. Fichte zeigt hier die größte Nähe zu Locke, für den das Eigentumsrecht der Person ebenfalls etwas dem Staate Vorgängiges ist. Im Gegensatz dazu Rousseau, für den Eigentum vor der gesellschaftlichen Organisation ,usurpation‘ ist.

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  105. III, 113.

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  106. VI, 121.

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  107. Auch Recht war ja nicht als Recht auf Sachen, sondern stets nur als Recht auf Handlungen erklärt worden. III, 401. Schmoller hatte bereits darauf hingewiesen, daß Fichtes Eigentumsbegriff sich dem ursprünglich ‚germanischen‘ nähere im Gegensatz zum römischrechtlichen. (Schmoller; Zur Literaturgeschichte der Staats- und Sozialwissenschaften, Leipzig 1888, S. 63). Ebenso auch Heinrich Brunner, a.a.O., 30 und Scholz, a.a.O.,

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  108. ff. Fichtes Verhältnis zu den Wirtschaftslehren seiner Zeit behandelt erschöpfend Scholz, a.a.O., 371 ff.

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  109. »Nun ist es aber gerade die Theorie des Eigentums, über welche von der meinen höchst abweichende Begriffe im Umlauf sind. .. Meines Erachtens ist der Grundirrthum der entgegengesetzten Theorie über das Eigenthum . .. dieser, daß man das erste ursprüngliche Eigenthum in den ausschließenden Besitz einer Sache setzt... Im Gegensatze gegen diese Theorie setzt die unsrige das erste und ursprüngliche Eigenthum, den Grund alles anderen, in ein ausschließendes Recht auf eine bestimmte freie Tätigkeit.« III 440/41.

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  110. III, 440.

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  111. »Was Wunder, daß wir bei dieser herrschenden Ansicht sogar eine Theorie erlebt haben, nach welcher der Stand der großen Güterbesitzer oder der Adel, der einige, den Staat bildende Bürger ist, und alle übrigen nur Beisassen ...« III, 441. »Ein Eigenthum des Bodens findet nach unserer Theorie gar nicht statt. ..«, III, 442.

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  112. III, 441.

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  113. Ebda.

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  114. III, 441/42.

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  115. Vgl, (dazu nochmals die in Anm. 481 mitgeteilte Bemerkung Zellers!

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  116. VI, 306.

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  117. III, 126.

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  118. III, 127.

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  119. III, 195.

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  120. Diese Einsicht Fichtes ist der eigentliche Grund für die Aufwertung des ,Gemeinwesens‘ in der ,Grundlage‘ gegenüber den ,Beiträgen‘. Je eindeutiger für Fichte so die Notwendigkeit des ,Gemeinwesens — also einer verstaatlichten Gesellschaft — wurde, um so wichtiger mußte dieses natürlich auch im Hinblick auf den eigentlichen Endzweck werden — zunächst allerdings nur als ,Durchgang‘.

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  121. III, 130. Über die angrenzenden Staaten‘ und wieder die an diese angrenzenden erreicht Fichte hier die Konstruktion der in seiner Theorie geforderten Garantie des Eigentums durch ,das ganze menschliche Geschlecht‘. Die großen Glieder sind hier wieder der Einzelne und die ,Menschheit‘ — Staat als Konkretion eines Teiles ,Menschheit‘. 512 Es war August Wilhelm Rehberg, der schon 1801 in den ,Göttinger Gelehrten Anzeigen‘, Nr. 32 sagte: »in dem großen Zuchthause, welches der Verfasser ,Geschlossenen Handelsstaat’ nennt« (A. W. Rehberg; Sämtl. Schriften, Hannover 1829, Bd. 4, S. 311). Allgemein zum ,Handelsstaat’ bei Walz, a.a.O., 516/17, 527 f. und 537 f. Zur Frage des systematischen Zusammenhangs von ,Ich‘ und ,Handelsstaat‘ vgl. Walz, 528. Im Gegensatz zu allen anderen Autoren vertritt Heinrich Brunner die These eines wesentlichen Unterschiedes zwischen ,Grundlage d. N.‘ und ,Handelsstaat‘. »Der politische Staat des ,Naturrechts‘ ist der spekulativ gewonnene Rechtsstaat. Das Recht aber ist hier Menschenrecht, d. h. Weltrecht. Der politische Staat ist daher notwendigerweise Glied der Weltgemeinschaft des Völkerbundes. In dem gleichen Naturrecht (Handelsstaat) aber entwirft Fichte ein Bild der Wirtschaft, das nun nicht mehr der Spekulation entstammt, sondern eine Fixierung der historisch gewordenen deutschen Volkswirtschaft darstellt.« (H. Brunner, a.a.O., 20) Brunner sieht die Bedeutung des ,Handelsstaates dann schließlich in der erstmaligen Darstellung der Nation »als endgültig letzte Großform der Gesellschaft«, (a.a.O., 20) er scheint aber doch die ‚spekulative’ Grundlage auch des Handelsstaates zu übersehen, dem sich zwar konkrete volkswirtschaftliche Beobachtungen einfügen, aber doch nur soweit sie mit dem Apriori zusammenstimmen. Zu der ‚wirtschaftlichen‘ Seite des Handelsstaates zusammenfassend Scholz, a.a.O., 654 ff. (Vgl. auch unten Anm. 429 über Fichtes ‚Sozialismus‘.)

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  122. Strauß führt den interessanten Nachweis, daß Hobbes seine ,passions‘-Lehre bis zu fast wörtlicher Übereinstimmung aus der Rhetorik des Aristoteles übernimmt. Leo Strauß; The political philosophy of Hobbes; Its Basis and its genesis. 2. Aufl. Chicago, 1952. S. 30 ff.

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  123. Hobbes, Leviathan, Chapter VI, Chapter XL

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  124. Die Relationierung von Hobbes‘ Naturzustandslehre auf die Gesellschaft Englands im 17 Jh., die auch Strauß und Oakeshott noch nicht völlig erfaßten, und die Einordnung Hobbes in die politische Theorie des ,possessive individualism‘ sollte seit Macpherson endgültig ‚feststehen. Über die Aktualität, die Hobbes dadurch erhält, siehe Macphersons Schlußkapitel.

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  125. Das Individuum als solches und seine Privatzwecke sind so als das Element der Gesellschaft erkannt und gerechtfertigt. »Jeder ordnet den gemeinen Zweck seinem Privatzweck unter.« III, 150.

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  126. VI, 130.

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  127. »Not the rational and therefore always uncertain knowledge, that death is the greatest and supreme evil, but the fear of death, i.e. the emotional and inevitable, and therefore necessary and certain aversion from death is the origin of law and the state.« Strauß, a.a.O., 17.

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  128. Vgl. bei Hobbes dazu De Cive 13,6.

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  129. In der ,Zurückforderung‘ hatte Fichte noch geschrieben : »Nein, Fürst, du bist nicht unser Gott. Von ihm erwarten wir Glückseligkeit; von dir die Beschützung unserer Rechte.« Hier meinte Fichte noch tatsächlich den Staat und begriff seine reduzierte Funktion im Gegensatz zur Gesellschaft; der Gegensatz ist aber in der ,Grundlage bereits völlig verschwunden. Vgl. Anm. 441 über die letzten Zwecke Hobbes‘ und Fichtes.

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  130. V. Krockow schreibt an einer Stelle (polemisch gegen Schmitt), daß die Leistung des Hobbes »auf besonderen, nicht beliebig reproduzierbaren gesellschaftlichen Umständen beruhte«. (a.a.O., 31) Historische gesellschaftliche Umstände sind nicht nur nicht beliebig, sondern gar nicht reproduzierbar. Aber auf einer gewissen Vergleichbarkeit der Strukturen und der sich daraus ergebenden Problemstellungen ist ja das große Interesse an Hobbes in der Gegenwart überhaupt zu erklären. Vgl. dazu besonders Strauß, On the Basis of Hobbes‘ Political Philosophy. In: What is Political Philosophy? Glencoe, 1959, S. 170 ff. Collingwood, The New Leviathan; Oxford 1947, Macpherson, a.a.O., 176/77.

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  131. Macpherson bemerkt sehr scharfsinnig, daß, wenn aus der Grundannahme des ,possessive individualism‘ eine »valid theory od political obligation« entwickelt werden soll, »one must be able to postulate, that the individuals of whom the society is composed see themselves or are capable of seeing themselves as equal in some respect more fundamental than all the respects in which they are unequal« (a.a.O., S. 272). Macpherson sieht diese Bedingung zu Beginn der Vertragsgesellschaft im England des 17. Jh. gegeben. Fichte mußte schon in ganz anderem Maße mit der beginnenden Tendenz auf Zerfall der Gesellschaft in Klassen rechnen. Für seine politische Theorie fehlten ihm aber die Kategorien, dem zu begegnen; sie wird also in dem Stemmen gegen die historische Entwicklung abstrakt und gewaltsam.

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  132. Die Bedeutung von ,Demokratie‘ zur Zeit Fichtes untersucht Schenkel, a.a.O., S. 69 ff.

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  133. III, 14; 157.

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  134. ,Der demokratische Gedanke bei J. G. Fichte‘ ist der Untertitel des Buches von Schenkel.

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  135. Zur Tradition der ‚totalitären Demokratie‘ vgl. jetzt die Untersuchung von Talmon, Die Ursprünge der totalitären Demokratie (Köln u. Opladen, 1961).

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  136. Der Freiheitszuwachs solcher politischen Theorie, die das Phänomen der Herrschaft liquidieren will, ist immer nur scheinbar. Das zeigt kurz und überzeugend H. Lübbe; Typologie der politischen Theorie. In: Das Problem der Ordnung, Meisenheim, 1961, S. 91 ff. Für Fichte halten wir die Frage allerdings für differenzierter, insofern in der ,Grundlage‘ die Trennung von Moralität und Legalität ja noch beibehalten ist. Lübbes Ausführungen treffen aber da für Fichte in vollem Umfang zu, wo er im utopischen Vorgriff den Bereich der Legalität und der Herrschaft überhaupt abstoßen zu können glaubt.

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  137. Vgl. Lübbe, Typologie, a.a.O., 92 f.: »Darin erweist sich die Politik der Liquidation des Politischen durch die Politisierung der Moral und der Menschlichkeit in nur scheinbarer Paradoxie als die am meisten politische, am meisten herrschende Politik. Das ist die Rache des politischen Prinzips an seinen moralischen Verächtern.«

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  138. Schmoller hatte 1864 von Fichtes »Sozialistischem System‘ gesprochen, (a.a.O., S. 50) aber schon H. Ahrens hatte auf den Handelsstaat die Bezeichnung ,Staatssozialismus‘ angewandt. (H. Ahrens, Die Philosophie des Rechts und des Staates, Bd. I, Wien 1852, S. 338 ff. Bei Ahrens ist noch zu lesen, daß es gerade die Aufhebung des Unterschieds von Gesellschaft und Staat sei, die die Freiheit bedrohe.) Für die eigenartige Fichte-Rezeption bei Lassalle sei auf das Buch von Trautwein verwiesen. (Carl Trautwein, Über Friedrich Lassalle und sein Verhältnis zur Fichteschen Sozialphilosophie, Jena 1913.) 1900 erschien das Buch von Marianne Weber (vgl. Anm. 481), das Fichte als ,Sozialisten‘ endgültig in die Diskussion brachte. Ferdinand Toennies bezeichnete dann 1926 den Handelsstaat als »das erste sozialistische System, das die deutsche Literatur hervorgebracht«. (Toennies, Die Entwicklung der sozialen Frage bis zum Weltkrieg, Berlin und Leipzig 1926) Metzger schließt sich der Sozialismus-These mit Vorbehalten an; er besteht vor allem darauf, daß Fichte, den — wenn man so wolle — »sozialistischen Akkord« schon 1793 »sehr vernehmlich hat erklingen lassen«. (Metzger, a.a.O. 140). Bei Walz über den ,Staatssozialismus‘ Fichtes 418 ff. Bei Richard Kroner desgl. in der Rede: Der soziale und nationale Gedanke bei Fichte. Freiburg und Leipzig 1920, S. 9/10. Kro ner betont zum erstenmal den Unterschied von Fichtes Sozialismus zum Parteisozialismus seiner Zeit (a.a.O., 4 u. 9), was dann sehr stark ebenfalls Bruno Bauch tut, indem er auf dem »ethischen Charakter« von Fichtes »Staatssozialismus« besteht. (B. Bauch, Fichte und unsere Zeit, Erfurt 1920, S. 18) Bauch wendet sich gegen die »Verwirtschaft-lichung« des ganzen menschlichen Lebens« (a.a.O., 19) und empfiehlt dagegen, auf Fichte sich beziehend, die »Arbeit« gegen das »sittliche Unheil« der Zeit, die ihm ebenso wie Fichte seine Zeit ein ,Zeitalter der vollendeten Sündhaftigkeit‘ ist. (18) Bauch hat großen Anteil an den sozial-pädagogischen Tendenzen der ,Fichte-Gesell-schaft‘ und erkennt aus solchen Tendenzen heraus auch Fichtes Staatserziehung noch an. (Vgl. auch seine andere Schrift: Fichte und der deutsche Staatsgedanke, Langensalza 1925, S. 22 ff. u. 26) Heinrich Rickert stellte dann ebenfalls den nicht-marxistischen Sozialismus Fichtes stark heraus. Als Folge des Fichteschen Eigentumsbegriffs ist sein Sozialismus in seinem Grund mit dem Freiheitsansatz notwendig verbunden. »... haben wir nicht vielleicht Fichtes wirtschaftlichen Sozialismus, sobald wir an seinen Begriff des Eigentums denken, geradezu als notwendige Folge seines ethischen Individualismus zu verstehen?« (Rickert, Die philosophischen Grundlagen von Fichtes Sozialismus, Logos XI, 2, S. 164) Rickert gelang, was bei Marianne Weber (ebenso wie später bei Scholz) bloßes Postulat blieb, nämlich die Ableitung der politischen Theorie Fichtes aus dem Grundansatz der Wissenschaftslehre Seine Interpretation versucht die vorliegende Arbeit allerdings dahingehend zu ergänzen, daß die spezifisch politische Theorie mit ihrer totalitären Tendenz über einen Sozialismus, den Rickert noch schätzen konnte, hinaus ebenfalls aus dem Grundansatz folgen mußte. Wichtig in diesem Zusammenhang ist folgender Widerspruch Rickert: Einerseits sagt er, daß Fichte sich schon in den ‚Beiträgen‘ als Sozialist zeige (157). Andererseits legt er Wert darauf, zu betonen, daß Fichtes eigentlicher Sozialismus erst später und zwar dann aus »rein philosophischen Prinzipien« abgeleitet sei (174). So kam nicht in den Blick die gemeinsame Rückbeziehung des Sozialismus einerseits und jener »philosophischen Prinzipien«, der WL nämlich, auf den revolutionären Ansatz. Erschöpfend diskutiert die Frage von Fichtes Sozialismus — vor allem in bezug auf zeitgenössische Wirtschaftstheorien — die Arbeit von Scholz. Scholz sieht allerdings nicht die totalitäre Denktradition zu Fichte; er kommt schließlich zu dem Ergebnis, daß Fichte der letzte Merkantilist sei (654) und schließt etwa den »Sozialismus Babeufs« . . . »als Vorbild für Fichtes Wirtschaftsauffassung aus«. (680)

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  139. III, 294.

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  140. Zu »vormarxistischer« Sozialismus, vgl. Metzger, a.a.O., 173.

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  141. III, 457/58.

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  142. Vgl. Anm. 449. Audi Ricken schreibt, daß Fichte die »Anarchie des Wirtschaftslebens« erkannt habe. (Rickert, Die allgem. Grundlagen, a.a.O., 175.)

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  143. Vgl. in diesem Sinne auch III, 474, wo Fichte die unbeschränkte Handelsgesellschaft schildert. Dagegen vermag er nur seinen Vernunftstaat als Heilmittel einzusetzen, und zwar mit der extrem abstrakten »politischen‘ Maßnahme der ‚Schließung des Handelsstaates‘.

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  144. Die angesprochene Entartung der kleinstaatlichen Monarchien charakterisiert Fichtes Zeit in der Tat als eine Zeit, in der, soziologisch gesprochen, »ein allseitiges strukturelles Wachstum zu registrieren ist«. (Tenbruck, Bildung, Gesellschaft, Wissenschaft, in: Wissenschaftliche Politik; Hrsg. von Oberndörfer, Freiburg 1961.) Für das Politische würde das bedeuten, daß im Zuge dieses Strukturwandels, der »die gewohnten Stabilisierungen als Beschränkungen ausweist« und »eine maximale Offenheit der Situation des Individuums« zur Folge hat, der Staat als Kleinstaat der Zeit revolutionär angegriffen wurde, während gleichzeitig ein noch unbestimmtes Bewußtsein der ,Nation‘ sich bildet. Und zwar, wie Tenbruck sehr richtig feststellt, über die neue geistige Kommunikation der Individuen über die alten Grenzen hinweg. So stellt sich diese Zeit, wie Tenbruck sagt und worin ihm Schelsky nachdrücklich beipflichtet, (Einsamkeit und Freiheit, Hamburg 1963) als die »sozialgeschichtliche Stunde dieses (nämlich des klassischen deutschen) Bildungsideals« dar. Solche für eine Theorie der Universität günstige ,Stunde‘ muß allerdings für die politische Theorie als äußerst ungünstig bezeichnet werden, wie das Beispiel Fichte zeigt.

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  145. Sehr nachdrücklich lehnt ja Fichte die seit Locke und Montesquieu klassische ,Gewalten- teilung‘ ab. Vgl. III, 16; 160.

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  146. Der ‚Begriff des Politischen‘ ist damit verloren. Vgl. Schmitt, Der B. d. P., a.a.O., S. 26 ff. Auch Lübbe, s. Anm. 229.

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  147. Fichte, der sich noch in seiner Zürcher Zeit eine Stelle als Prinzenerzieher gewünscht hatte, (s. etwa Schulz, Briefe, Bd. I, S. 61, 80) entwickelte sich schließlich — wenigstens in seinem Selbstverständnis — zum Erzieher der Nation. Die Erneuerung seiner sozialpädagogischen Lehre wurde zur Aufgabe der 1914 gegründeten Fichte-Gesellschaft.

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  148. Mit der Durchdringung von Staat und Gesellschaft mußte die Aufwertung des ‚Gemeinwesens‘ Hand in Hand gehen. Vgl. Kap. IV dieser Arbeit.

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  149. Eine der wesentlichsten Erkenntnisse in der neuesten Literatur um die Frage der Universität ist in dem bereits zitierten Buch von Schelsky die Feststellung: »Wenn man heute in vielen soziologischen und politikwissenschaftlichen Untersuchungen von der ‚Vergesellschaftung des Staates‘ und der parallelen Verstaatlichung der Gesellschaft‘ spricht, so ist strukturell damit der gleiche soziale Tatbestand gemeint, dem Humboldt und Fichte vor der Gründung ihrer philosophischen Bildungsuniversität gegenüberstanden« (a.a.O., 133). Wenn Schelsky so die Aktualität des klassischen Universitätsideals aus dieser sozialen Strukturidentität behauptet, so gilt solche Aktualität auch für die politische Theorie. Hier stellen sich die Probleme allerdings etwas anders, sozusagen mit umgekehrten Vorzeichen.

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  150. »Dieser Vertrag garantiert sich selbst.« (III, 207).

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  151. Gesellschaftliche Rechts- und Eigentumsordnung als notwendig unendlicher Zwang einerseits und als Dasein und Wirklichkeit der Freiheit andererseits sind so die verschiedenen Ergebnisse der politischen Theorie bei Fichte und Hegel. Diese Ergebnisse mußten notwendig auch verschiedene Konsequenzen für die Theorie der Subjektivität als solcher haben. Für Hegel vgl. besonders J. Ritter, Person und Eigentum, a.a.O., S. 19 u. p. Fichte wird in seinen späten Werken den Dualismus von der Subjektivität und ihrer Moralität her zu überwinden suchen.

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  152. »Daß jeder, der zu einer Vergehung gegen das Gesetz versucht ist, ganz sicher vorhersehe, er werde entdeckt und auf die ihm wohlbekannte Weise bestraft werden, ist die ausschließende Bedingung der Wirksamkeit der Gesetzgebung und der ganzen Staatseinrichtung. .. Die Forderung an die Dienerin der Gesetzgebung, die Polizei, daß sie jeden Schuldigen ohne Ausnahme herbeischaffe, ist schlechthin unerläßlich« (III, 300). Die Konsequenz hat schon Hegel erkannt: ».. .und es gibt in diesem Ideal von Staat kein Tun noch Regen, das nicht notwendig einem Gesetze unterworfen, unter unmittelbare Aufsicht genommen und von der Polizei und den übrigen Regierern beachtet werden müsse...« (Differenzschrift; Werke I, S. 112) Vgl. auch Walz, a.a.O., 516/18. Wieweit im einzelnen diese Forderung der Perfektion der Polizei zusammen mit der Totalgarantie des Eigentums geht (»im weitesten Sinne des Wortes«), dazu vgl. etwa Grundlage III, 193 ff. oder auch vor allem im zweiten Teil des ,Handelsstaates‘ »Was in Ansehung des Handelsverkehrs im Vernunftstaate rechtens sey«, 399 ff. Fichte schrieb selber: »In den gewöhnlichen Staaten wäre die Forderung, den Urheber jeder gesetzwidrigen Tat herbeizuschaffen, allerdings unausführbar, oder wenn sie ausgeführt werden könnte, wenn z. B. ein bestehender Staat einige der hier angegebenen Polizeimittel sich zunutze machen wollte, so wäre dies eine Ungerechtigkeit, die das Volk nicht lange dulden und durch die der Staat sich nur seinen Untergang zubereiten würde.« (III, 301 f.) »Die Quelle allen Übels in unseren Notstaaten ist einzig und allein die Unordnung ... Dagegen ist der Vernunftstaat dadurch gekennzeichnet, daß es niemanden gibt, um den der Staat (Polizei) sich nicht kümmert.« (III, 302) »In einem Staat, wo alles in Ordnung ist und alles nach der Schnur geht, bemerkt diese ungewöhnlichen Bewegungen die Polizei, und wird sogleich aufmerksam;« (Ebda.) »In einem Staat von der hier aufgestellten Konstitution hat jeder seinen bestimmten Stand, die Polizei weiß so ziemlich wo jeder Bürger zu jeder Stunde des Tages sei und was er treibe.« (Ebda.)

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  153. Zum Ephorat, das als Repräsentation des ,Volkes‘ zur Kontrolle der — aus Legislative und Exekutive zusammengesetzten — Obrigkeit gedacht war (VIII, 432/33), schreibt Fichte im ,System der Rechtslehre‘ von 1812: »... die Realisation eines Ephorates« sei »unausführbar« »weil die Menschen im Ganzen viel zu schlecht sind«. (NW II, 633.) Dort allerdings »ausführbar«, von Medicus in seiner Ausgabe berichtigt.) Trotz dieser späteren Zurücknahme finden sich in der Literatur zahlreiche Bemühungen, diesen merkwürdig archaischen Einfall Fichtes zu interpretieren, von denen Schenkel der Sache am nächsten zu kommen scheint. Er schreibt, Fichte sähe im Ephorat »die oberste Instanz für die Angelegenheiten des Staatslebens nicht im juristischen, sondern im moralischen Begriff der Gemeinde«. (a.a.O., S. 93) »Für die moralische Beurteilung sieht er in den Ephoren ein besonderes Organ vor« (94). Schenkel sieht richtig, daß den Ephoren »eine erzieherische Aufgabe« obliegt, (98) und daß Fichte »gleichsam Menschen seiner eigenen Wesensart als die für das Ephorat geeigneten Persönlichkeiten ansah«. (96) Er übersieht aber, wie irreal wieder dies Eindringen des Erzieherischen in das Politische ist. Wallner sieht im Ephorat — unter Verweis auf »das antike Vorbild und auf Rousseau« (93) eine Institution, die »als Sicherheitsventil« ... »das ausgesprochen aristokratische Element in diesem System verkörpert.« (116) Die Sinnlosigkeit, im Ernstfall am Ephorat eine Funktion als Sicherheitsventil zu erwarten, hat schon Hegel dargetan. Werke, I 479/80. Schmoller bezeichnete das Ephorat als »Surrogat der Volksvertretung« (a.a.O., 49). Zeller argumentierte gegen das Ephorat ganz im Sinne Hegels: »Ein durchaus unpraktischer Vorschlag .. . denn entweder müßte er die Revolution permanent machen, oder wenn es dies nicht wollte, hätte es einer kräftigen Regierung gegenüber nicht die mindeste reale Macht in Händen.« (Zeller, a.a.O., 161) Man kann auch hier wieder Zellers Einsicht bewundern, der die Tendenz auf permanente Revolution klar erkannt hat. Von den neueren Arbeiten vgl. über das Ephorat (und seine Zurücknahme in der Rechtslehre von 1812) Torretti, a.a.O., 60 ff. Schottky meint (a.a.O., 176), daß das Ephorat das Prinzip der Gewaltenteilung »in seinem eigentlichen Sinne« sei. Über die ,Gewalt‘ des Ephorats vgl. die mitgeteilten Bemerkungen Hegels und Zellers. Schottky ist allerdings auch klar, daß die Funktionabilität von Fichtes Verfassungskonstruktion von der Überzeugung der Deduzierbarkeit der ,richtigen‘ Gesetzgebung und Politik abhängt. Diese als der eigentliche Grund des auch von Schottky herausgearbeiteten Totalitarismus Fichtes ist aber bei ihm zu wenig gesehen. (Vgl. Schottky, 180 ff.)

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  154. In dieser Entwicklung spannt sich der Bogen der Theorie der bürgerlichen Gesellschaft von den Anfängen bei Hobbes zu der universalen Theorie Hegels, in der das Individuum in seiner Bedürfnisnatur in der Gesellschaft seinen Ort hat, im Staat aber die Wirklichkeit seiner Substanzialität.

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  155. Hier ist Fichte wieder durchaus mit Locke zu vergleichen; vgl. die Bemerkung v. Krockow zu dem unterschiedlichen Ansatz Hobbes‘ und Lockes.

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  156. So Fichte in der Rezension von Kants ,Zum ewigen Frieden‘. VIII, 432.

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  157. VI, 117.

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  158. Insofern geht es auch hier bei Fichte um das Leben, aber in Unterordnung unter das Allgemeinere ,Eigentum‘.

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  159. In den Beiträgen hatte Fichte noch ein ‚Existenzminimum‘ gefordert. (VI, 186) Solange dieses nicht für jeden erreicht sei, müsse der Luxus gekürzt werden. (VI, 186) Viel weiter geht er aber im ,Handelsstaat‘, wo wir lesen: »Dies soll nur sein ein Wohlstand der Nation ... er soll so ziemlich über alle im gleichen Maße sich verbreiten.« Also ein Recht auf Lebensstandard im Verhältnis zum Sozialprodukt.

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  160. Wallner: »Die konsequente und einseitige Verfolgung dieser Linie führt Fichte zu einer ungeheuren Erweiterung der Staatlichen Befugnisse, die sich zur Gesamtaufsicht über das gesamte Wirtschaftsleben ausweitet und eine sozialistische Omnipotenz des durchaus zentralistisch gewordenen Staates allerdings nur auf diesem Gebiet zur Folge hat« (a.a.O., S. 115). Wenn man Fichtes Bestimmung des Eigentums als die empirische, reelle Freiheit im Auge behält, so ist fraglich, was W. hier mit der Einschränkung »allerdings nur auf diesem Gebiet« meint. Das wird klar, wenn wir seine folgende Formulierung betrachten: »... rücksichtsloser Zwang des Staates in den niederen Sphären des Daseins wie Recht und Wirtschaft (!), um die Freiheit in den oberen Sphären der Kultur zu vertiefen«. Mit Recht bezeichnet W. diesen »Kernsatz« als Paradox. Fichte mußte auf dieser Stufe in der Tat Recht und Staat als niedere Sphären ansehen, die als eine neue Art von ,minimum condition‘ die Subjektivität (und durch sie die Menschheit) zum Aufschwung in das Eigentliche befähigen sollte. Aber diese »minimum condition‘ mit ihrem ‚rücksichtslosen Zwang‘ greift ja in den gesamten empirischen Bereich aus. So konnte Fichte von der Subjektivität her eine Theorie der Bildung gelingen (s. Schelsky, a.a.O.), aber aus dieser mußte auch die Gefahr entstehen, daß sich diese Bildung in ihren Trägern aus den ,niederen Sphär en‘ zurückzog um dann den Zwang als Ordnungsgrundlage des »höheren Daseins‘zu akzeptieren; Gefahren, die in der Geschichte des 19. und 20 Jh. keineswegs immer vermieden worden sind und die auch bei einer Aktualisierung des alten Universitätsideals beachtet werden müssen.

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  161. »Er sieht, wie häufig, so auch hier daran vorbei, daß vor lauter Bemühen, die Freiheit durch ein menschenwürdiges, der Vergeistigung zugängliches Dasein möglich zu machen, die ,Freiheit‘ zum Teufel geht, indem nur der unerträglichste wirtschaftliche Polizeistaat ... eine solche Aufgabe durchführen könnte.« (Gertrud Bäumer, zit. bei Wallner, a.a.O., 127).

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  162. Zu der Freiheitlichkeit eines Staates gehört wesentlich, daß Freiheit des einzelnen formal und negativ bestimmt bleibt und daß diese so bestimmte Freiheit vom Staat garantiert ist. (Grundrechte der mod. Verfassungen). Garantiert aber vor allem gegen ,petty authorities‘ ,potestates indirectae‘, gegen die potentiell totalitären Kräfte der Gesellschaft, die als Organisation der Interessen naturgemäß keinen Halt vor der Freiheit des einzelnen machen. Der Kampf gegen ,potestates indirectae‘ ist einer der wesentlichen systematischen Punkte bei Hobbes.

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  163. VI, 181 ff.

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  164. III, 206.

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  165. Ebda.

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  166. Die Organismustheorie des Staates hat den Interpreten erhebliche Schwierigkeiten gemacht. Die Erkenntnis der Identifizierung von Gesellschaft und Staat wird auch hier weiterführen. Vgl. Kapitel IV.

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  167. III, 205.

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  168. Ebda., Anm.

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  169. Insofern der einzelne Eigentum zu Geld gemacht hat, ist er allerdings »über alle Aufsicht des Staates hinaus«. (III, 242) Geld wäre so das eigentliche Privat- oder das absolute Eigentum, das auch auf das Haus ausgedehnt sein kann. (III, 241) Aber angesichts der sonstigen Eingriffsrechte des Staates scheint dieses Privateigentum kaum sicher -außerdem ist die Entwertung des ‚Weltgeldes‘ die eigentliche Vernunftmaßnahme zur Schließung des Handelsstaates. Rickert sieht in den Bemerkungen Fichtes über das »Haus« (an dessen Stelle auch die »Lade der Dienstmagd« treten kann), obgleich er sie »drollig« findet, noch einen genügenden Schutz des Individuums vor dem Zugriff der totalen Gesellschaft (Rickert, Grundlage, a.a.O., 180).

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  170. »Das Ganze ist insofern Eigentümer des ganzen Besitzes und der Rechte aller einzelnen, indem es alle Beeinträchtigungen derselben ansieht und ansehen muß als ihm selbst geschehen.« (III, 205) Hieraus könnte ein bloßer Schutz des Ganzen für das Privateigentum gefolgert werden, aber das Ganze schützt auch jedes Privateigentum vor den privaten Besitzern. Schutz bedeutet für Fichte immer auch selbstverständlich Aufsichtsund Eingriffsrecht und -pflicht des Gemeinwesens.

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  171. Vgl. Kapitel I dieser Arbeit.

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  172. Angesichts der Wirklichkeit des Notstaates wurde für Fichte immer mehr die ,Bestimmung des Gelehrten‘, d. h. die Kultivierung der Subjektivität, die in eine ,Gelehrten-republik‘ ausmündete, zu einem Ventil für die unversöhnliche Konstruktion des abstrakt freien Individuums als solchem und des Zwangsstaates. Auf diesem Boden gedieh die Universitäts- und Bildungstheorie Fichtes, von der Schelsky sagt, daß sie »die Universität selbst zur Utopie erhoben« und ihr so »die höchste und lebendigste Bestimmung« zugewiesen habe. (Schelsky, a.a.O., 111.) Schelsky übersieht dabei keineswegs den »soziologischen Dualismus«, d. h. — die neue Klasseneinteilung der Gesellschaft — »Akademikerschicht« und »Volk« (110). Nur sei eben der Führungsgedanke der Akademikerschicht gegenüber dem ,Volk‘ »als eine geistige und sittliche Verpflichtung« geboren. Zu dem allen muß gesagt werden, daß die Entfremdung von höchst entwickelter Subjektivität zum Not- und Zwangsstaat damit nur in der utopischen Spannung auf Aufhebung des letzteren in die erstere beseitigt ist. Solche Theorie stellt sicher ein optimales Universitätsideal in ,Einsamkeit und Freiheit‘ auf — hier stimmen wir mit Schelsky völlig überein. Für die politische Theorie, die aus den gleichen Denkimpulsen kommt, ist die Gefährlichkeit hier versucht worden aufzuzeigen.

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  173. »Überdies, wer wagt ein Verbrechen, wo er sicher weiß, daß es entdeckt und bestraft werde. Nur ein halbes Jahrhundert so verlebt, so werden die Begriffe der Verbrechen aus dem Bewußtsein des glücklichen Volkes, das nach solchen Gesetzen regiert ist, verschwinden. (III, 186) Verschwinden wird so die Zwangswelt des Notstaates, zunächst durch Zwang selbst, dann aber auch vor allem durch die Kultivierung der Subjektivität Statt der Vermittlung die Utopie!

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  174. III, 183.

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  175. Ebda.

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  176. Die Subjektivität als solche ist so als das Umwillen der politischen Theorie übriggeblieben. Als solche ist sie aber notwendig abstrakt. Wenn ihr empirisches Dasein nicht das Dasein ihrer Freiheit ist, so kann der Entfremdung nur begegnet werden durch Beseitigung statt durch Vermittlung. Die metaphysische Strenge des absoluten Ich der Wissenschaftslehre hat sich in der praktischen Philosophie zur Subjektivität als solcher verflüchtigt. Insofern ist es doch vielleicht nicht nur ein Mißverstehen der Romantiker, wenn sie sich an Fichte anschlossen, wie Schmitt es auffaßt. (Schmitt, Politische Romantik, München und Leipzig 1925, S. 119/20).

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Willms, B. (1967). Die Totale Gesellschaft. In: Die totale Freiheit. Staat und Politik, vol 10. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-02253-4_4

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