Zusammenfassung
Bei der Lindenstraße handelt es sich um eine Variante der Textsorte Fernsehserie, die in dieser Art zuvor in Deutschland nicht produziert wurde. Die Lindenstraße, die sich weniger an der anglo-amerikanischen Tradition der Seifenoper als an früheren deutschen Familienserien und britischen Langzeitfernsehserien orientiert, ist die erste deutsche Endlosserie (vgl. Frey-Vor 1990b, 31). Unmittelbares Vorbild war die englische Serie Coronation Street (vgl. Frey-Vor 1991, 41–43). Diese wird von Feil (1983) als „das TV-Serien-Wunder schlechthin“ (4) angesehen und stellt den Prototyp der sozialrealistischen britischen Alltagsserie dar. Die Lindenstraße war in der bundesdeutschen Medienlandschaft in ihrer spezifischen Machart etwas Neues und wurde in ihrer Anfangsphase, wie andere Serien auch — insbesondere aber Dallas (vgl. Mikos 1994a, 215) — überaus kritisch aufgenommen.174 Nach Hikkethier (1986) sei durch sie „ein neuer Abschnitt bundesdeutscher Serienunterhaltung eingeläutet (worden)“, dessen Grund darin liege, daß die alten Krimireihen durch den „jahrzehntelangen Gebrauch im Fernsehen verschlissen (seien)“ (3). Man suchte dementsprechend nach neuen Konzepten und Ideen, wie man erfolgreich das Publikum an eine bestimmte Sendung binden konnte. Gleichzeitig mit dem Erscheinen der Lindenstraße geht auch die Deregulierung des Fernsehmarktes mit der Etablierung des dualen Systems vonstatten, das neben den bisherigen öffentlich-rechtlichen Anstalten auch private Anbieter erlaubt. Es überrascht daher auch nicht, daß gerade in einer Situation, wo eine massive Konkurrenz auftritt, die nicht an die gesellschaftspolitischen Vorgaben (Kultur- und Bildungsauftrag) der öffentlich-rechtlichen Anstalten gebunden ist, sondern weitgehend ein publikumsattraktives Unterhaltungsprogramm anbieten kann, sich bereits etablierte Sender bemühen, Programme zu kreieren, die eine nahezu feste Zahl von Zuschauern regelmäßig dazu bewegen, eben dieses Programm zu schauen.175
Man hat von dem besonderen »Raum« des Fernsehens gesprochen [...]; man hat die Besonderheiten der »Zeit« im Fernsehen notiert [...];sowie die Beziehung zu einem Publikum in besonderer psychologischer Disposition; und hat folglich gesprochen von der besonderen Art des kommunikativen Rapports zwischen Fernsehen und Publikum [...].
Es sind die Themen, mit denen eine Poetik des Fernsehens sich zu befassen hat.
Umberto Eco
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Jurga, M. (1999). Offenheitsmerkmale von Fernsehserien. In: Fernsehtextualität und Rezeption. Studien zur Kommunikationswissenschaft, vol 41. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10061-4_6
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