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Part of the book series: DJI-Reihe ((DJI,volume 2))

Zusammenfassung

Oben wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, daß sich für Kinder in Armut damit ein Exklusionsrisiko verbindet, gerade weil sie in neuartiger Weise als Mitglieder der Gesellschaft anerkannt werden, also grundsätzlich inkludiert sind. Dieser Prozeß der Aufnahme der Kinder in die Gesellschaft hat sich natürlich nicht schlagartig vollzogen sondern als allmähliche Aufweichung der traditionellen Ausgrenzung. Dies wollen wir im folgenden in einer kurzen Skizze nachvollziehen und im Anschluß daran die neue Exklusionsgefahr zu beschreiben. Unter anderem können Kinder an einem von internalisierter auf kognitive, autonome Steuerung umgestellten Gesellschaftsprozeß nur teilnehmen, wenn ihnen die Ressourcen zur Verfügung stehen, an die diese Lernprozesse notwendig angebunden sind und mit denen sich die neue Autonomie realisieren läßt.482 Anders als der „moralische Charakter“und das „sittliche Verhalten“, das sich im richtigen Verhalten in der jeweiligen Situation erwies, die ihrerseits durch den sozialen Prozeß vorgegeben wurde, bewährt sich das unternehmerische Subjekt vor allem in der Produktion der von ihm selbst entworfenen Situation.

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Literatur

  1. Campbell 1996 sieht dagegen die Beschränkungen für das rationale Handeln vor allem in der Organismusgebundenheit der Person. Das reicht nicht, um die spezifische Abhängigkeit von einer technologisierten und monetarisierten Umwelt und ihre Auswirkung auf das Handeln zu beschreiben. Campbell scheint auch die Plastizität des organischen Substrats zu unterschätzen, ebenso wie die Transformierbarkeit durch technische Manipulation.

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  2. Wesentliche Positionen dieses Diskurses findet man in Qvortrup u.a. 1994; vgl. dazu auch Honig u.a. 1996, Zinnecker 1995. Den Zusammenhang mit der sich wandelnden ökonomischen Rolle von Kindern untersuchen BühlerNiederberger 1996 und Sgritta 1997. Den Unterschied zwischen Kinderbilder des „Nordens“ und Lebenswirklichkeit der Kinder im „Süden” betont Boyden 1990. Zur fundamentalistischen Variante dieses Diskurses vgl. etwa Alanen 1994 und dies. 1996. Als Vertreter einer gemäßigten Position, die vor allem auf Interaktionskollektive der Kinder und deren Bedeutung für die Entwicklung derselben abstellen vgl. Corsaro 1997, Krappmann 1993. Einen knappen Überblick über den Konfliktstoff gibt Herzberg 1997.

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  3. Vgl. hierzu Hengst 1994; Hengst betont dort die Bedeutung von Markt und Medienerfahrungen für diese kollektiven Prozesse. Der Titel der Abhandlung ist freilich etwas irreführend; denn Hengst betont gerade die wachsende Bedeutung der Teilnahme am Marktgeschehen für die Lebenswirklichkeit der Kinder. Von Rückzug des Marktes ist nur insoweit die Rede, als der Markt auf die Kinder nicht mehr via pädagogischem Entwicklungsauftrag auf diese einwirkt. Vgl. zur Kinderkultur auch Büttner u.a. (Hrsg.) 1992. Zur Kommerzialisierung der Kinderkulturen vgl. auch Feil 1999, die auch die medienpädagogischen Aspekte der Kommerzialisierung beleuchtet. Die Bedeutung der Kinder für den Konsum in den USA beleuchtet McNeal 1987.

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  4. Zum Spiel als Lern-und Entwicklungsmedium, in dem sich Innen-und Außenwelt begegnen vgl. grundlegend z.B. Schäfer 1986, bes. S. 67ff. Zur entwicklungspsychologischen Einschätzung vgl. etwa YawkeylPellegrini 1984.

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  5. Diese Position wird vehement vor allem von Alanen 1989 vertreten. Alanen zeichnet in dieser Arbeit den engen Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Sozialisationstheorien und der Sicht auf Kindheit als Phase der je individuellen „Zurichtung“ auf den zukünftigen gesellschaftlichen Bedarf nach. Kritisch zur radikalen Abkehr des neuen Kindheitsdiskurses von der Sozialisationstheorie z.B. Leu 1996. Leu weist auf die normativen Probleme hin, die sich zwangsläufig einstellen, wenn der der Sozialisationstheorie immanente Bezug auf die Gesellschaft ausgeblendet wird (ibd., S. 178ff.). Der Versuch, gegenwartsbezogene Eigenaktivität und zukunftsbezogene Sozialisation in eins zu denken, wird u.a. unter der Überschrift „Selbstsozialisation” gemacht. Vgl. etwa Zinnecker 2000, Fromme u.a. 1999, Gilgenmann 1986.

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  6. Zur konstruktivistischen Position vgl. vor allem James/Prout 1990 und Beiträge in James/Prout 1990. Die Einbettung der Kindheitskonstruktionen in zeitgeschichtliche und institutionelle Strömungen untersucht etwa Hultqvist 1997 am Beispiel der Etablierung des entwicklungspsychologischen Kindheitsdiskurses, der sich in Schweden mit der Veränderung der Vorschulinstitutionen zwischen den Weltkriegen etablierte. Den Zusammenhang mit dem feministischen Diskurs hat vor allem Alanen hergestellt (dies. 1997, S. 168ff.). Vgl. auch die Darstellung bei Corsaro 1997, S. 29–44 und Göppel 1997.

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  7. Vgl. etwa Corsaro 1997, S. 91ff. Die Nähe zur ethnographischen Forschung, die sich für diese Ansätze ergibt, betont z.B. Schafer 1997, S. 390ff. Ausführlich werden methodologische Fragen in dem Konferenzband behandelt: DJI (Hrsg.) 1999.

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  8. Das ohnehin gegebene Problem der Ethnomethodologie, den Zwang gesellschaftlicher Strukturen im Vergleich zur subjektiven Bedeutungsgenerierung zu unterschätzen, verschärft sich dadurch nochmals. Vgl. etwa Bourdieu 1997, S. 780.

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  9. Die Verbindung von Armut mit der prinzipiellen Möglichkeit, sich frei zu entscheiden und zu agieren, bringt besonders der Armutsbegriff in der Fassung zum Ausdruck, die von Sen entwickelt wurde. Vgl. bes. Sen 1992, S. 39ff. Auf die weiteren Unterscheidungen zwischen „well-beeing freedom“ und „agency freedom” und ihren jeweiligen Bezug zu individuellen Ressourcen und damit zur Armut im klassischen Verständnis vgl. ibd., Kap. 4. Auf Einzelheiten der Armutsdefinition gehe ich in dem Kapitel „Anmerkungen zu den Konstrukten der Armutsforschung: Definitionen, Konzepte, Maße und Effekt“ am Schluß des Buches ein.

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  10. Vgl. z.B. Goffman 1963; historisch dazu die diversen Arbeiten von M. Foucault zur Geschichte des Gefängnisses, der Anstalten und der Klinik.

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  11. Darin unterscheidet sich der moderne Armutsbegriff grundlegend von dem traditionellen, der bis an die Schwelle des 20. Jahrhunderts dominierte. Noch Simmel hatte gerade hinsichtlich der Individualisierung des Armen und angesichts der Ent-individualisierung der Hilfe, die er konstatierte, seine Probleme mit der Individualität des Armen: „Die eigentümliche Ausschließung, die der Arme von seiten der ihn unterstützenden Gesellschaft erfährt, ist das Bezeichnende für die Rolle, die er innerhalb der Gesellschaft, als ein besonders situiertes Glied derselben, spielt; indem er technisch ein bloßes Objekt der Gesellschaft ist, ist er im weiteren soziologischen Sinne ein Subjekt, das einerseits wie alle anderen die Realität jener bildet, andrerseits, wie alle anderen, jenseits ihrer überpersönlichen abstrakten Einheit steht“(ders. 1901, S. 355). Entsprechend charakterisiert bei Simmel den Armen auch, daß die Gesellschaft zwar eine Pflicht zur Hilfe hat, der Arme aber kein Recht, die Hilfe zu fordern (ibd. S. 357f.).

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  12. Vgl. etwa K. Hurrelmann, in: DIE ZEIT, 22. Juli 1999, Nr. 30/Politik.

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  13. Zur Klarstellung sei hier betont, daß damit die Einsicht in die prinzipielle Selbst-Tätigkeit von Kindern, die Abkehr vom Modell des Nürnberger-Trichters, wie sie vielfältig betont worden ist (vgl. etwa Schafer G. E., Nov. 1998), damit natürlich nicht in Frage gestellt wird. Es stellt sich aber dennoch die Frage, in welchen nicht selbst geschaffenen Umwelten und Rahmungen sich die Eigenaktivität der Kinder entfaltet und welchen Einfluß dies auf die Entwicklungsrichtung und -dynamik hat. Abstrakte Befunde über das Zusammenwirken von „Subjekt und Objekt“ können zur Beantwortung dieser Frage nur wenig beitragen.

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  14. Das Manko, über haushaltsinterne Ressourcenverteilung kein empirisches Wissen zu besitzen, wird in der Armutsforschung allgemein beklagt. Die Schwierigkeiten beginnen aber schon bei der Definition von Haushaltsgrenzen. Vgl. Baumann 1997, der den Einfluß von diffusen Formen des Zusammenlebens auf Armutsmaße untersucht, und Frongillo u.a. 1996, die am Nahrungsmittelmangel untersuchen, daß und wie sich dieser auf der Ebene von Haushalt, Erwachsenen und Kindern jeweils anders darstellen kann, und welche methodischen Probleme damit verbunden sind (vgl. auch u., Kap. 7).

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  15. Sehr subtile Formen der Einschränkung der Autonomiepotentiale von Heimkindern durch Unterdrückung der Rahmungskompetenz werden ausführlich untersucht und dargestellt in Goede-Besenherz 1996.

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  16. Vgl. zu diesem Phänomen der extrem grausam verstümmelnden und metzelnden Kinder in diversen Kriegerbanden, etwa in Liberia (DIE ZEIT Nr. 37, 08.09.95 Politik).

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  17. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man die Kindheit nicht bis weit ins Jugendalter ausdehnt, und über Kinder schreibt, wo man eigentlich Jugendliche meint (z.B. Beck, U., in: Childhood 1997). Auch die hier und da angemahnte Sichtweise auf Kinderarbeit, die deren bildende Nützlichkeit bzw. Teilnahme an der Arbeit als Kinderrecht betont, dürfte empirisch mit der Tatsache konfrontiert sein, daß Kinderarmut und Kinderarbeit i.d.R. eng verbunden auftreten. Vgl dazu: UNICEF 1998.

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  18. Das Problem des Kinderwohls, das hier angesprochen wird, verweist auf die Notwendigkeit einer der Kindheit entsprechenden Sozialpolitik. Vgl. dazu GarfinkellHochschildlLanahan 1996, S. 1–33. Für die Situation in Deutschland vgl. Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen 1998, bes. S. 143ff.

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  19. Dabei wäre es freilich verfehlt, nur auf materielle Ressourcen abzustellen. Aber auch der Rückgriff auf personelle Ressourcen, also besonders die gemeinsame Zeit mit anderen Kindern und Eltern, ist gerade bei Kindern aus armen Familien bzw. von Alleinerziehenden ein besonders knappes Gut, da die Mühen der alltäglichen Reproduktion viel Zeit absorbieren — vom Gang zu Ämtern bis hin zur Suche nach günstigen Einkaufsgelegenheiten. So verlängern sich z.B. mangels Auto die notwendigen Verkehrszeiten. Hinzu kommt das häufig niedrige Niveau der persönlichen Kompetenzen. Am Beispiel der Interaktion in Heimen hat Goede-Beisenherz mit den Mitteln der Goffmanschen Rahmenanalyse die Defizite dieser an personellen Ressourcen meist sehr knappen Interaktion herausgearbeitet (dies. 1996).

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  20. Vgl. Zeiher 1994, S. 370f.

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  21. Das gilt zumindest tendenziell, wenn auch z.B. die Kinderrechtscharta der UN vom Nov. 89 nicht von allen Mitgliedern ratifiziert wurde bzw. nur mit Ratifizierungsvorbehalten. Vgl. dazu und zum Stand der Implementation der Konvention durch Richtlinien des UNHCR z.B. Kraus 1996. Den ideologischen Charakter solcher deklaratorischen Bemühungen zum Kindeswohl betont Boyden 1990, S. 190: „The international rights legislation has been deeply influenced by the ideologies of the social work and legal professions. This influence is extremly significant for the development of a global standard of childhood because both tend to play down the impact of wider social, economic, political and cultural conditions in the shaping of social phenomena and therefore to advocate individual remedial solutions to social problems.“

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  22. Insbesondere die anhaltende Kontroverse zu den konträren Sichtweisen der Evolution der Kindheit, wie sie einerseits von de Mause 1974, andererseits durch Aries 1960 in Gang gesetzt wurde, hat offenbar werden lassen, welch breites Spektrum zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Räumen hierbei realisiert wurde. Dennoch scheint es einige „Universalia“ zu geben, wie die Initiation.

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  23. Vgl. dazu etwa Luhmann 1997a; schon Postman machte ja das Verschwin den der Kindheit an der Aufhebung dieser Differenz fest (ders. 1981).

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  24. Vgl. dazu z.B. S. N. Eisenstadt 1956; allgemein zu Übergangsriten Gennep 1986; Zum Fernhalten der Kinder und Jugendlichen aus der Nahrungsproduktion (Jagd, Sammeln, Landbau) vgl. eine Reihe von Beispielen bei Halperin 1984. Die Beispiele zeigen, daß es die Orientierung am gesellschaftlichen Produktionsprozeß war, die die Ausgrenzung anleitete.

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  25. Zur Verbreitung und Bedeutung von Initiationsriten in der Antike vgl. etwa E. Eyben 1985 und R. Zoepfel 1985. Bei Eyben findet sich ein interessanter Hinweis über die allmähliche Vorverlagerung der Initiation der Knaben durch Anlegen der toga virilis im Zuge zunehmender Komplexität der römischen Gesellschaft vom 17. auf das 14. Lebensjahr. Er erklärt dies mit einem Bedeutungsverlust des Übergangs aufgrund der erhöhten Komplexität. Daraus könnte man in Parallelität zur heutigen Inklusion von Kindern ablesen, daß die symbolische Inklusion gegenüber faktischen Möglichkeiten der Teilnahme bei wachsender Komplexität der Gesellschaft an Bedeutung verliert, insbesondere von der biologischen Reife abgekoppelt werden kann. Faktische Teilnahme aber entscheidet sich individuell und bedarf keiner gesamtgesellschaftlichen Normierung.

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  26. Der Schutz des Kindes gegen die fast unbeschränkte Verfügungsgewalt des pater familiae setzte sich freilich erst langsam durch. Im römischen Recht der späten Kaiserzeit etwa nimmt die Lex Pompeia (Digesten Nr. 48,8,1 Marcian) die Tötung des Kindes durch den Vater noch aus der Definition des Verwandtenmordes aus, indem es diese Möglichkeit einfach nicht erwähnt.

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  27. Ariés vermittelt ein anderes Bild vom Mittelalter; aber vieles spricht dafür, daß „der kleine Erwachsene“ eine Figur der feudalen Gesellschaft war. Der Adelsnachkomme war, da qua Religion immer schon Mitglied der feudalen Herrenschicht, auch mit der Geburt und z.T. schon davor Mitglied der Gesellschaft. Was für die Kinder der feudalen Schicht galt, war nicht die Haltung bei den Bauern oder dem Volk in den Städten.

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  28. C. Feil hat im Detail den komplexen Prozeß der Rückwirkung der Entwicklung der familienrechtlichen Sichtweise auf die Probleme der eingeschränkten Geschäftsfähigkeit von Kindern anhand des Schicksals des Taschengeldes und des § 110 BGB untersucht. Sie zeigt, wie die pädagogisch motivierte Emanzipation des Kindes im Bereich der Familie zuletzt über die Entwicklung der Teilhabe am Warenverkehr die Eingrenzung der Geschäftsfähigkeit von Kindern unter Druck setzt (Feil 2001).

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  29. Eine ähnliche Asymmetrie mit gleichen Folgen findet man etwa in der rechtlichen Stellung des sogenannten Gesindes bis ins 18. Jahrhundert hinein. Vgl. etwa die anschaulichen Fälle bei Schulte 1989.

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  30. Heute taucht eine vergleichbare Paradoxie im Risikobegriff im System der Hilfe wieder auf, das das Inklusions-/Exklusionsverhältnis bearbeitet; dazu o. Kap. 5.

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  31. Vgl. dazu etwa Luhmann/Schurr 1979, S. 77. Die Temporalisierung der internen Gegensätze der diversen Erziehungs-oder Bildungsprogramme wird dort als Schlüssel zur Lösung der Paradoxien angesehen. Vgl auch ibd., S. 151ff.

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  32. Vgl. Z. Bauman 1990, S. 155. Bauman bezeichnet Assimilation als „war against ambivalence“; das harmoniert gut mit der Zielsetzung der Pädagogik, Identität zu ermöglichen bzw. zu konstituieren.

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  33. Darin liegt dann auch der entscheidende Unterschied zur ethnischen Assimilation, die i.d.R. nur zu partiellen und abgestuften Formen der Inklusion führt.

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  34. Benner’Brüggen 1996 (in: O. Hannsmann [Hrsg.]) haben herausgearbeitet, daß Rousseau im Emile nicht zuletzt ausgeführt hat, auf welchen verschiedenen Ebenen das Verstehen — und entsprechend auch Mißverstehen — von Kindern erfolgt und wie man dieses Problem perspektivisch angehen kann. Rousseau hatte dabei den Erzieher als Adressaten im Auge. Er könnte auch dem „Kindheitsforscher“ etwas zu sagen haben.

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  35. Man kann darin den beginnenden Rückzug bzw. die Zurückdrängung Gottes aus der Gesellschaft und die kompensatorische Betonung seiner Allzuständigkeit für die Natur sehen. Mit der Technologisierung der Natur wird auch dieses Refugium Gottes allmählich eingeengt.

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  36. Vgl. dazu u.a. Herrmann 1997. Es kann daher auch nicht überraschen, wenn schon bei Rousseau eine „Pädagogik vom Kinde aus“ gelehrt wird. Das Kind wird nicht als Objekt der Erziehung, sondern als aktives Subjekt im Erziehungsprozeß gesehen (ibd., S. 40). Entscheidend bleibt dennoch die Differenz zur Postmoderne: Trotz aktivem Subjektstatus in der Erziehung ist das Kind damit nicht Gesellschaftsmitglied, sondern viel eher ein Gegenentwurf.

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  37. Die Arbeiten von Keim 1995 haben gezeigt, daß selbst die Reformpädagogen wie Peter Petersen nicht gegen die Verführung völkischer und rassistischer Rhetorik der Nationalsozialisten gefeit waren. Das spricht zwar nicht gegen deren emanzipatorischen, kindbezogenen Ansatz, zeigt aber doch auch, wie tief die Pädagogik immer auch der „gesellschaftlichen Nützlichkeit“ ihrer Zöglinge verpflichtet blieb, da nur diese Nützlichkeit zugleich Garant zukünftigen Wohlergehens sein konnte (vgl. dazu ausführlich Luhmann/Schorr 1979, S. 73ff.).

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  38. Vgl. Freud o.J. Sozialistischen Erziehungsexperimenten stand er daher sehr skeptisch gegenüber.

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  39. Nicht ohne Grund sind die Gründerväter der Sozialisationstheorie Pädagogen oder wirkten in diesem Kontext; das gilt vor allem für die US-amerikanischen Theoretiker wie Dewey oder Mead.

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  40. Ein früher, unübersehbarer Beleg für die neue Orientierung der Sozialisationsforschung war die theoretische Grundorientierung des Handbuchs der Sozialisationsforschung von GeulenlHurrelmann 1979 (1. Auflage), die das aktive Subjekt zum Ausgangspunkt machte und damit zumindest methodisch und prozedural die gegenwärtigen Auseinandersetzungsformen der Subjekte mit ihrer Umwelt ins Zentrum rückte, auch wenn dort viel empirisches Material eher der klassischen Wirkungsperspektive verbunden blieb.

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  41. Zur De-Mechanisierung des Subjekts in der Psychoanalyse vgl. etwa die Arbeiten von Roy Schaffer 1979. In der psychologischen Forschung verband sich die neue Sichtweise auf das Subjekt, seine De-Objektivierung, mit der methodologischen Kritik an Labor-Settings und künstlichen Experimenten. Vgl. dazu die Arbeiten von Mischel, W. 1971 und die Überblicksarbeiten in EndlerlMagnusson 1976.

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  42. So entwickelte sich eine Entwicklungspsychologie des Erwachsenenalters, die der neuen soziologischen Lebenslaufforschung ein empirisches Gerüst einziehen konnte. Vgl. etwa Whitebournel Weinstock 1982.

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  43. Vgl. etwa Beck 19976, S. 160f. Vgl. schon früh Heinze 1988. Auch das Konzept der antizipatorischen Sozialisation enthielt diesen Gedanken.

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  44. Vgl. Corsaro 1997, S. 95.

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  45. Vgl. dazu etwa Mansel 1999, Fromme/Vollmer 1999; zum Medienumgang von Jugendlichen und dessen kreativen Dimensionen etwa Barthelmesl Sander 1997, S. 40–49. Freilich muß man auch die Frage stellen, was Kreativität und beliebigen Aktionismus im Zeichen von postmoderner Regellosigkeit überhaupt noch unterscheidet. Selbstbeschreibung und deren wissenschaftliche Reduplikation geraten heute leicht zu Veranstaltungen des Selbst-Marketing als Variante von Kult-Marketing (dazu Bolz/Bosshardt 1995).

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  46. Häufig taucht freilich auch in diesem Zusammenhang das Argument der Instrumentalisierung auf: Miserable Lebensbedingungen für Kinder machen aus diesen unbrauchbare Erwachsene, z.B. Kriminelle (vgl z.B. Sampson/Laub 1994). Aber dieses Argumentationsmuster verliert deutlich an Wirksamkeit neben dem unmittelbaren Engagement für die Lebenssituation der Kinder als Kinder und für die „absichtslose“ Verbesserung ihres Lebens.

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  47. Dabei spielt natürlich auch die Veränderung der innerfamilialen Rollenzuschreibung und der Beziehungsideale eine wichtige Rolle. Eindrucksvoll haben z.B. Buchmann/Eisner durch die Analyse von Bekanntschafts-und Heiratsanzeigen nachgewiesen, daß sich etwa seit dem Ende des zweiten Weltkrieges das utilitaristische Beziehungsideal auf dem Rückzug befand, und schließlich in den sechziger Jahren weitgehend durch ein expressives Selbstideal verdrängt wurde (dies. 1997, S. 343–357). Damit muß sich auch die Rolle der Kinder in der Familie und für die Partnerbeziehung verändern und sich insbesondere deren Freiheitsraum in der Familie erweitern. Die positiven Folgen dieser Entwicklung stehen nicht zur Debatte. Dringlich ist aber gerade wegen dieser „Befreiung des Kindes“ eine Neubestimmung dessen, was — um mit Bettelheim zu sprechen — Kinder brauchen.

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  48. Dazu Feil 2001, die diesen Prozeß besonders an der Entwicklung des Taschengelds und seiner juristischen Untiefen nachzeichnet und analysiert.

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  49. Vgl. schon Hengst 1983. Die breite Palette der inneren Widersprüche zwischen der Rolle der Kinder im emotionalen Feld der Privatheit und der Rolle als Marktteilnehmer ohne eigene Ressourcen kann hier nicht dargestellt werden. Vgl. zur Wandlung des emotionalen Stellenwertes von Kindern die anregende Darstellung bei Zelizer 1985, bes. S. 208ff.

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  50. T. H. Marshall, Citizenship and Social Class. In: Ders. 1950, p. 72.

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  51. Zu den sozialhistorischen Grundlagen der Ausrichtung des aktuellen Kinderschutzes und deren Unzeitgemäßheit vgl. z.B. Beisenherz 1994.

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  52. Vgl. dazu etwa Hare& 1998, S. 225ff. Horelli zeigt in einem internationalen Vergleich dreier Länder, daß die organisatorischen und politischen Institutionen nicht in der Lage sind, die Bedürfnisse der Kinder angemessen zu berücksichtigen und die Umwelt kinderfreundlich zu arrangieren. Die Imperative von Grundstücksmarkt und Verkehrsplanung sind zu dominant. Vgl. auch McKendrick 1997.

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  53. Angesichts um sich greifender Entpolitisierung weiter Wählerschichten (vgl. nur die rückläufige Wahlbeteiligung auf allen Ebenen des politischen Systems) kann man freilich auch eine zynische Erklärung geben: In dem Maße, in dem Politik generell zum symbolischen Handeln verkommt, ist es sozusagen ohne gravierende Konsequenz, auch Kindern Mitsprache einzuräumen.

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  54. Zum Beispiel Bly 1998. Die Entwicklung rückt vor allem durch ihre negativen Begleiterscheinungen ins Zentrum der öffentlichen Debatte, das ist einmal die hier behandelte Kinderarmut, zum anderen der Mißbrauch von Kindern in den verschiedensten Formen: Kinderarbeit, Kinderprostitution, Kindsmißbrauch und Kinderpornographie, im Gefolge neuer technologischer Möglichkeiten. Am Fall der Kinderpornographie zeigt sich aber möglicherweise mehr als der Mißbrauch durch ein neues technologisches Medium. Die „neue“ Sicht von Kindern bedingt evtl. auch einen neuen psychohistorischen Schub in der sexuellen Ästhetisierbarkeit des kindlichen Körpers. In psychohistorischer Perspektive ist z.B. interessant, daß Eyben 1985, S. 416 einen antiken Text zur Geschlechtsreife der Frauen zitiert, der das Schleiertragen mit der männlichen Begierde folgendermaßen verbindet: „Das Gebot der Verschleierung wird ohne Zweifel erst von dem Alter an gelten, wo die Töchter der Menschen die Begierde auf sich lenken und eine Ehe eingehen können.” Das entsprechende Alter firmierte zwischen 12 und 14 Jahren, eine Altersgrenze, die die Kinderpornographie mittlerweile deutlich unterschreitet. Allerdings dürfte auch das Problem eine zunehmende Rolle spielen, daß in pädophilen Beziehungen Machtausübung im Vordergrund steht.

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  55. Ausführlicher zur „consumer society“ vgl. oben Kap. 4. Zwei Besonderheiten der gegenwärtigen „consumer society” werden betont: Die Technisierung und Monetarisierung aller Formen von Konsum, bis hin zur Abnahme aller Art von Dienstleistungen ja selbst der Inanspruchnahme von Kinderspielplätzen, den „commercialized playgrounds“, und der schnelle kulturelle Verschleiß von Gütern, die hohe eingebaute Produktobsolenz im Zeitalter des „hot” Konsums.

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  56. Ellen Seiter 1993 wertet die merkantile Kinderkultur positiv hinsichtlich der sozialen Erfahrungen; Stephen Kline 1993 formuliert dagegen ein kritisches Programm. Das ganze Ausmaß heutiger Marketing-Attacken auf Käufer aller Altersschichten wird etwa von R. Nader /M.-F. Jacobson/L.-A. Mazur 1995 vorgeführt. Zur Geschichte und Analyse der Kommerzialisierung der Kinderkultur in Deutschland vgl. Feil 2001.

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  57. Dies gilt natürlich primär dort, wo unreflektierter Konsum mit latenten Risiken verbunden wird. Vgl. etwa zur Notwendigkeit einer Werbepädagogik BeisenherzlFurtner-Kallmünzer 1997 und im europäischen Vergleich Furtner-Kallmünzer 1999. Verbraucherverbände erkennen auch zunehmend die Notwendigkeit systematischer Verbrauchererziehung. Vgl. STIFTUNG VERBRAUCHERINSTITUT 1998.

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  58. Vgl. Beisenherz 1994 zu den psychohistorischen Grundlagen des heute noch betriebenen Kindermedienschutzes. Hinweise zu juristischer Literatur dazu bei Beisenherz 1996.

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  59. Konsumgesellschaft heißt übrigens nicht, daß in ihr nicht produziert wird. In der Produktionsgesellschaft wurde ja auch konsumiert. Aber die Gesellschaft stellt heute aus Gründen der Sinnverlagerung und der Relevanzfokussierung ihr Selbstverständnis um: War vorher die Arbeit der kulturelle Mittelpunkt der Gesellschaft, so ist es nun der Konsum. Der sozialistische Realismus war wohl der letzte Versuch, Arbeit auch ins Zentrum der Sinnstiftung zu rücken, statt ihr zentrale instrumentelle Funktion zu attestieren.

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  60. Das gilt auch für die sonstigen, über den Markt zugänglichen Informationen und Erfahrungen, wie etwa die mediale Vermittlung und Inszenierung von Gewalt. Ober deren Auswirkungen auf die Kinder hat sich inzwischen ein breiter internationaler Diskurs entwickelt. Vgl. etwa Carlsson/Feilitzen 1998.

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  61. Im Detail mag hier vieles noch anders, traditioneller aussehen, weswegen eine Politik der Verbesserung der Rechte der Kinder immer noch auf der Tagesordnung steht (vgl. etwa Richter 1998). Generell ist davon auszugehen, daß die öffentliche Rhetorik über Kinder und Kinderbilder nicht die tatsächliche Situation der Kinder zum Ausdruck bringt, sondern nur einen ideologisch herausragenden Aspekt. Die Empirie des Kinderlebens in seiner vollen Breite ist dagegen sehr widersprüchlich und von ganz unterschiedlichen Tendenzen bestimmt. So gibt es neben der sozialen Inklusion zugleich konkrete Ansätze, Kinder partiell in kinderspezifische Reservate abzudrängen, so wie es auch altenspezifische, frauenspezifische etc. Reservate gibt.

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  62. Beispiel: Führerschein im Verkehr; aber bedeutsamer noch sind die genauen Altersgradierungen beim Zugang zu unterschiedlichen Stufen des Bildungswesens. Aber auch in der Arbeitswelt setzen sich wohl vermehrt scharfe Altersgradierungen durch, die insbesondere den Ein-und Austritt vom Arbeitsmarkt bestimmen. Dieser Prozeß ist ein Beispiel für die erwähnte Transformation der sozialen Rolle der Biologie: Wurde früher die gesellschaftliche Grenze biologisch definiert, so greifen nun Prozesse der sozialen Feindifferenzierung auf biologische Kriterien zurück.

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  63. Zu Vertrauen als soziale Kategtorie vgl. vor allem Luhmann 1967; zur legitimationsbildenden Rolle in politischen Systemen und den Mißbrauchsgefahren dort vgl. Beisenherz 1980; ebd. auch zur Problematik der Anerkennung im Kontext von triadischer Interaktion in Abgrenzung zum Marktmodell der dyadischen, Kap. 3.3.

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  64. Vgl. die Arbeiten von Elder/Conger 1994, Hornstein/Luders 1988, Schindler Wacker/Wetzels (Hg.) 1990.

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  65. Vgl. z.B. Sennet 1998.

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  66. Auf die Aufarbeitung des Neoliberalismus durch Foucault, die in der Sichtweise der „gouvernmentalité“ mündet, kann hier nicht näher eingegangen werden. Eine knappe Darstellung findet sich bei Lemke 1997, S. 257ff. Entscheidend an der Erweiterung, die Foucault in der späten Phase gegenüber den Arbeiten zur Mikrophysik der Macht vornimmt, ist die Einführung der Technologien des Selbst. Herrschaft und Selbstbeherrschung werden nun in einen engen aber nicht determinierenden Zusammenhang gestellt und untersucht.

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  67. Zum Beispiel Beck 1986, Beck/Beck-Gernsheim, in: Dies. 1994, S. 10ff.

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  68. Vgl. Luhmann 1994, der die enge Verknüpfung zwischen Individualität durch Lebensläufe und institutionelle Karrieremuster nachzeichnet (in BecklBeck-Gernsheim 1994, S. 191 ff.), und Luhmann 1997a.

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  69. Vgl. BecklBeck-Gernsheim 1993, S. 182. Als Restriktionen betrachten sie institutionelle Vorgaben, ökonomische Zwänge, persönliche Abhängigkeiten etc.

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  70. So ja bekanntlich schon Durkheim. Vgl. ders. 1893 (deutsch 1977).

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  71. Rose 1996, S. 155ff.

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  72. Latour 1987, S. 219ff.

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  73. Miller/Rose 1994, S. 79; zu ergänzen wäre aus der Erfahrung des letzten Jahrzehnts auch: das Töten aus Distanz, das in den modernen Cyber-SpaceFormen der Kriegsführung seine perfekte und perfide vollständige Abstraktheit gefunden hat.

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  74. Rose 1996, S. 16/17; vgl. auch Gross 1992.

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  75. Vgl. Gordon 1987.

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  76. Miller/Rose 1994, S. 95ff. Dieser Ansatz kann dann auch erklären, weshalb der Begriff des „Risikos“ der Sphäre des Technischen entwächst und zu einer gesellschaftstheoretischen Kategorie wird, was z.B. bei U. Beck 1986 durchaus im Dunkeln bleibt.

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  77. Miller/Rose 1994, S. 97/98.

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  78. Vgl. etwa die Arbeiten aus dem SFB 333 der Universität München von Voss, Kutschera,Jurcyk u.a., die den modernen Alltag unter dem Aspekt der Reproduktionsarbeit, der Beziehungsarbeit, der Betreuungsarbeit etc. untersucht haben. Die Arbeiten verknüpfen durchgängig erweiterte Freiheitsräume in der Biographie mit dem Vordringen von Arbeitscharakteristika in die Alltagswelt. Freiheit muß quasi alltäglich durch Arbeit hergestellt, aufrechterhalten oder konkretisiert werden.

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  79. Die Freiheit des Liberalismus des 19. Jahrhunderts war die der Produktion. Der soziale Klassenkampf ging daher folgerichtig auch um das Eigentum an den Produktionsmitteln, die die Freiheit verbürgten. Daß es darum heute primär nicht mehr geht, ist notwendige Folge der Verlagerung der Freiheit in die Sphäre des Konsums und der Reproduktion einerseits, der hochgradigen Konzentration, die wirtschaftliche Freiheit zum Privileg weniger macht, andererseits.

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  80. Rose 1996, S. 17; ders. 1990, S. 240ff.

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  81. Vgl. MillerlRose 1994, S.99. Bezogen auf Produktion und Vorsorge ist der „Unternehmer-Mensch“ längst gängige Münze polit-ideologischer Beschwörung geworden. Bei der Kommission für Zukunftsfragen etc. (dies. Teil III, 1997) lesen wir ganz in diesem Sinne z.B. „Zwar wird auch in absehbarer Zukunft die Mehrheit der Erwerbsbevölkerung ganz oder teilweise abhängig beschäftigt sein. Doch darf das Leitbild des Arbeitnehmers nicht im bisherigen Umfang bewußtseinsprägend bleiben. Vielmehr ist das Leitbild der Zukunft der Mensch als Unternehmer seiner Arbeitskraft und Daseinsvorsorge. Um sich diesem Leitbild zu nähern, muß der Staat die von ihm gesetzten Rahmenbedingungen so umgestalten, daß individuelle Initiative und Verantwortung geweckt und gefördert werden.” Und an anderer Stelle heißt es dort: „Von diesen Menschen gibt es… zu wenige. Ein wesentlicher Grund hierfür ist, daß die Ausbildung in Schulen, Hochschulen und selbst Betrieben nicht hinlänglich von einer unternehmerischen Kultur geprägt wird…. Deshalb müssen künftig bei Schülern, Auszubildenden und Studenten gezielt Eigenschaften wie Selbständigkeit, Verantwortungsbewußtsein, Eigeninitiative und Leistungsbereitschaft entwickelt werden.“ Bleibt anzumerken, daß die Frage nach den Ressourcen und dem Eigentum daran, die unternehmerisches Handeln ermöglichen, ausgeblendet bleibt. Hier soll wohl mehr oder weniger alles beim alten bleiben, sieht man von der Kapitalisierung der Rentenfonds ab, die vorgeschlagen wird. Die Konjuktur solcher Vorschläge dürfte wohl mit den Aktienkursen parallel laufen.

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  82. Sozialhistorisch liegt diesem Wandel eine kontinuierliche Delegitimierung der moralischen Impulse und der moralischen Handlungsregulierung zugrunde. Darauf hat insbesondere Z. Bauman 1990 hingewiesen, der diesen Wandel auch innerhalb der soziologischen Theorie nachweisen kann. Bauman stellt eine Verbindung mit dem Bedeutungsverlust der face to face Interaktion im Arbeitsalltag her, die für die weitere Zukunft kein gutes Schicksal für die residuale Moral erwarten läßt. (ibd., S. 17ff.) Ausführlich dazu auch Bauman 1989, S. 222ff.

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  83. Vgl. dazu vor allem Donzelot 1994, S. 140. Donzelot benutzt diese Terminologie für den Sachverhalt, daß sich die wohlfahrtstaatliche Entwicklung in Europa im sozialdemokratischen Jahrhundert (Dahrendorf) dadurch auszeichnet, daß Politik und Gesellschaft trotz der offenkundigen Dependenzen zwischen Ökonomie und sozialer Sphäre auf der Grundlage der Fiktion operierten, diese weitgehend getrennt regulieren zu können. So blieb z.B. lange das Bildungswesen als Element der sozialen Sphäre offiziell außer Reichweite der Ökonomie etc.

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  84. Colin Campbell (1996) hat diesen Kritikpunkt an der postmodernen und neoliberalen Subjektkonzeption ausgearbeitet. Es mag überraschen, postmoderne Subjektkonzeptionen auf dem Terrain der Rationalität zu verorten; darin liegt aber kein Widerspruch, wenn Maßstab der Rationalität nicht mehr eine „Identität“ der Person, sondern die Spezifität der Situation ist. Campbell schreibt: „ The tendency to overlook the central place occupied by habit in everyday conduct appears to stem from the enormous significance accorded to voluntarism and choice in both the modernist and the Postmodernist visions of contemporary life. Interestingly, in this respect postmodernist theories can be seen to embody the same assumption as those which charakterise economics and rational-choice theory”(ibd., S. 165).

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  85. HANDELSBLATT, 26./27.02.99.

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  86. Vgl. zur Charta „Wege zur Selbst-GmbH“ HANDELSBLATT, 26./27.02.99, Seite K1, K2. Die Charta umfaßt 13 Punkte. Insbesondere aus den Punkten 10 bis 13 wird ersichtlich, daß es den Initiatoren nicht um eine enge personalpolitische Umorientierung in den Unternehmen, sondern um eine grundsätzlich neue Sichtweise des einzelnen Individuums und seiner Verantwortung geht. Die gesamte Charta kreist um das Zentrum eines Individuums, das sich aus freiem, eigenem Entschluß ständig für die Bedürfnisse einer sich laufend verändernden Arbeitskräfte-und Qualifikationsnachfrage der Unternehmen optimiert. Überspitzt könnte man sagen: Die zur Antizipation des eigenen zukünftigen Qualifikationsbedarfs nicht mehr fähige Produktion delegiert die Verantwort dafür nun an die Arbeitskräfte selbst, deren Vermarktungsrisiko damit Unternehmercharakter erhält.

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  87. Vgl. zum Computern von Kindern in diesem Kontext als eine Ablösung traditioneller Habitualisierung im Sinne von Bourdieu durch Reaktionsgeschick und kognitive Steuerung Beisenherz 1988. Man denke etwa nur daran, mit welcher Intensität Mitte der 80er Jahre einige Kinder die Maschinensprache des Commodore 64 erlernten und beherrschten, diese dann aber bald auch wieder vergessen konnten.

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  88. Zur Trennung von Unterricht und Erziehung im Bildungswesen und dem Vordringen der Unterrichtsdimension im Schul-und Bildungswesen mit der Verwissenschaftlichung der Pädagogik vgl. z.B. Lieberman 1956.

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  89. Vgl. dazu z.B. die Veränderung der Kindergartenpädagogik durch den Si tuationsansatz und die Rolle des sozialen Lernens. Vgl. Zimmer 1996.

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  90. Vgl. Du Bois-Reymond u.a. 1992. Viele der von diesen Autoren zusammengetragenen Beobachtungen lassen sich auch als Folge oder Ausdruck einer Monetarisierung der Eltern-Kind-Beziehungen begreifen, was der „Unternehmer-Rolle“ auch entsprechen würde.

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  91. Bauman 1989, S. 202.

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  92. Früher bis zur Ausdehnung über die Pubertät hinaus, weil deren Verlauf der entscheidende Prüfstein für das Gelingen der Internalisierung war. Traditionelle Identitätstheorien wie die von Erikson setzen daher die Ausbildung einer Identität auch erst in der Phase direkt nach der Pubertät an. Daran zeigte sich das lange Fortwirken einer Verflechtung von Geschlechtsreife und gesellschaftlicher Initiation, wie sie aus den traditionalen Gesellschaften bekannt ist.

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  93. Beispiele für diese Entwicklung finden sich typischerweise im Kontext der Nutzung der jeweils neuesten Technologien, wie PC und Internet. Immer wieder wird in den Medien über Drei-bis Vierjährige berichtet, die z.B. durch die Computernutzung außergewöhnliche Sprach-oder Rechenkenntnisse erworben haben sollen.

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  94. Campbell 1996 sieht dagegen die Beschränkungen für das rationale Handeln vor allem in der Organismusgebundenheit der Person. Das reicht nicht, um die spezifische Abhängigkeit von einer technologisierten und monetarisierten Umwelt und ihre Auswirkung auf das Handeln zu beschreiben. Campbell scheint auch die Plastizität des organischen Substrats zu unterschätzen ebenso wie die Transformierbarkeit durch technische Manipulation.

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  95. Auf dieser Möglichkeit beruhte ja die Unterscheidung zwischen würdigen und unwürdigen Armen (vgl. Gans 1993, S. 51 ff.).

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  96. Vgl. dazu ausführlicher oben, Kap. 5. Daß die Konsumsphäre Ausschließungsfunktion entfalten kann, hat also zwei Voraussetzungen: Die eine ist die Definitionsebene für Gesellschaftlichkeit. Diese verschiebt sich von der Produktion zur Konsumtion. Das signalisieren Titel wie „Die Erlebnisgesellschaft“ (Schulze 1992). Die zweite ist die Tendenz der konsumtiven Sphären zur technologischen Schließung, d.h. der Errichtung quasi automatisierter Zugangssperren zu den Zonen des Konsums in ihrer ganzen Vielfalt.

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  97. Kinder in fast allen vergangenen Gesellschaftsformationen, die mittelalterliche Adelsschicht des Feudaladels und vergleichbarer Herrschergruppen vielleicht ausgenommen, galten bis zum Zeitpunkt der Initiation jedenfalls theoretisch und kulturell nicht als Gesellschaftsmitglieder; heute wird ihnen dagegen in der Konsumgesellschaft dieser Status grundsätzlich zugesprochen und die Konsumsphäre ist Schrittmacher für die Ausweitung des Status als Gesellschaftsmitglied. Daher wird es dann z.B. auch möglich, Kinderarbeit erneut als Recht der Kinder auf Arbeit zu diskutieren.

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  98. Auf die Notwendigkeit. die Inklusions-/Exklusionsproblematik aus der Perspektive dieser Unterscheidung anzugehen, hat vor allem Stichweh 1989 hingewiesen.

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  99. Zum systemtheoretischen Versuch, Inklusion/Exklusion zu bestimmen, vgl. Kapitel 4. Es erscheint mir symptomatisch, daß sich die Kontroverse zum Exklusionsbegriff in der Systemtheorie an Unschärfen hinsichtlich der Bedeutung von Leistungs-und Abnehmerrollen bzgl. der Teilsystemleistungen entzündet; denn damit geht es um die Beziehung von Personen zu sozialen Teilsystemen.

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  100. Beispiele für solche Vorgänge werden laufend aus den jeweils aktuellen Katastrophengebieten der Welt per TV frei Haus geliefert; man denke z.B. an die Bilder aus dem Südsudan, auf denen Hungernde Maiskörner von der Erde sammeln, die aus geplatzten, da vom Flugzeugen abgeworfenen, Säkken der Hilfslieferungen im Staub verstreut herumliegen.

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  101. Vgl. hierzu etwa: UN: Rights of the child E/CN4/ 1996/ 100; viele der Berichte der UN-Unterkommissionen kann man inzwischen über das Internet abrufen.

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  102. Welches erschreckende Ausmaß diese Zerstörung inzwischen angenommen hat, zeigt sich besonders drastisch in einigen Regionen Afrikas. Die Hauptstadt Angolas, Luanda, ist innerhalb von zwanzig Jahren von einer blühenden und zivilisierten Stadt in ein einziges Elendsghetto mutiert. Vgl. Die ZEIT, 14.03.01, Dossier. Motor der Zerstörung ist der Kapitalumschlag zwischen den entwickelten Weltregionen, der sich im ÖI-, Waffen-, Drogen-und Diamantenhandel vollzieht.Im Zeichen dieser Verelendung blühen dann auch wieder totgeglaubte Sitten auf, wie etwa der Kinderhandel und Kindersklaverei.

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Beisenherz, H.G. (2002). Die Inklusion der Kinder. In: Kinderarmut in der Wohlfahrtsgesellschaft. DJI-Reihe, vol 2. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10474-2_7

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