Zusammenfassung
„Symbolische Politik“ wird als Schlagwort in der Presse nicht sehr häufig, aber doch immer wieder gebraucht, meist allerdings nur in der Verwendungsweise, daß irgendein politischer oder politikrelevanter Tatbestand oder Vorgang als „bloß symbolisch“ o.a. bezeichnet wird. Einige wenige Bespiele42:
-
Der Benzinpreis ist wie vormals Brot-und Bierpreis hochpolitisch, aber auch irgendwie symbolisch:
„Natürlich sind zwei Mark fürs Benzin eine symbolische Marke. Wer Symbole ignoriert, kann wie einst die Grünen politisch ausrutschen. Ökonomisch gesehen sind zwei Mark allerdings keine Schallmauer.“ 43
Se non è vero, è molto ben trovato: se non è cossi, è molto bene iscusato ? uno per l’altro.
Wenn es nicht wahr ist, ist es gut erfunden: Wenn es so nicht stimmt, hat sich doch das eine gut vor dem anderen entschuldigt.
Giordano Bruno41
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Literatur
Giordano Bruno, Dialoghi italiani. Il: Dialoghi morali, 3 (Bruno 1985) bzw. Heroische Leidenschaften 2, 3 (Bruno 1989). Aber der Kontext dieses gern zitierten Spruches ist ein ganz anderer, wie Weiterlesen zeigt: „Denn wo zwei Kräfte sind, von denen die eine nicht größer als die andere ist, muß die Tätigkeit von beiden aufhören, da der Widerstand der einen und der Ansturm der anderen Kraft sich entsprechen.“
Hervorhebungen R. W.
Süddeutsche Zeitung vom 08.01.2000.
Süddeutsche Zeitung vom 11.09.1999.
Süddeutsche Zeitung vom 11.09.1999.
Süddeutsche Zeitung vom 26.04.1999.
Süddeutsche Zeitung vom 06.10.2001, Presseschau , Kommentar der Lübecker Nachrichten.
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26.11.1997.
Zach 1995.
Zach 1995, S. 151.
Zach 1995, S. 154; Hervorhebungen R. W. .
Saxerl993, S.317.
Vgl. Blome 1988.
Unter den Cäsar-Biographen betont Jehne (1997, bes. S.24, 28f, 51 ff) diese Aspekte; vgl. aber auch Chr. Meier 1986, bes. S.26ff.
Ein weiteres klassisches Exempel aus der Rubrik „Schon die alten Römer ...“ ist Cäsars erfolgloser Gegenspieler Cicero: Als Intellektueller versuchte er, schon die politische Sprache umzunutzen, indem er den Begriff „populäre“ Politik so zu besetzen versuchte, als bedeute seine optimatische Linie die wahre Politik im Sinne des Volkes; vgl. Fuhrmann 1992, S. 108f.
Fuhrmann 1992, S.93f.
Walzer 1967, S. 194.
Kertzerl988, S.4.
Kertzerl988, S.8.
In Holtmann 1994, S.639; Hervorhebungen R. W.
Sarcinelli in Jarren/Sarcinelli/Saxer 1998, S.729f; Hervorhebungen R. W.
Cassirer 1960, S.40; zur Interpretation dieses Diktums vgl. Saner 1988, S. 11 ff.
Das „politische Lebewesen“, was auch „gesellschaftliches Lebewesen“ bedeutet und damit die Bestimmung des „der Sprache/der Vernunft mächtigen Lebewesens“ miteinschließt.
Langer 1984, S.69.
Berger/Luckmann 1969, S.37.
Berger/Luckmann 1969, S. 104.
Berger/Luckmann 1969, S. 102
Berger/Luckmann 1969, S. 111.
Cassirer 1960, 1977, 1983, 1985.
Edelman 1964, 1971, 1976 bzw. 1990, aber auch 1971 und 1977.
Bourdieu 1970, 1982.
Pross 1974, Pross/Rath 1983.
Sarchielli 1987, 1989a.
Einen guten Überblick sowie einen interessanten Ansatz, der vom politischen Mythos aus-gehend politische Semiotik zu einer „Politologie der symbolischen Formen“ weitertreiben will, bietet Andreas Dörner (1995).
Vgl. z.B. Arnold 1938 und 1948.
Vgl. z.B. Lasswell/Lerner/Sola Pool 1952.
Vgl. z.B. Brown 1977 und 1987, Dittmer 1977, Etzioni 1975, Lakoff/Johnson 1980, Geertz 1973, Turned 974, Walzer 1967; im Zusammenhang zu sehen sind auch Arbeiten zur ameri-kanischen „Zivilreligion“ wie paradigmatisch die von Bellah (1967, 1988, 1996).
Dittmer 1977, 1981.
Elder/Cobb 1983.
Lyman/Scottl975.
Vgl. Klatch 1988.
Klatch 1988, S. 138.
Klatch 1988, S. 154.
Wobei an Kertzers oben zitierte Klage zu erinnern ist (1988, S.7), daß nicht-quantifi-zierungsfähige Empirie immer noch als minderbemittelt gilt und deswegen nicht attraktiv ist.
Im Sinne einer systemtheoretischen Begründung nach Luhmann (1969, 1970, 1975) oder einer handlungstheoretischen nach Etzioni (1975), wie sie Sarchielli (1987, S.43ff) beizieht.
Edelman 1976 bzw. 1990; hier wird die deutsche Ausgabe „Politik als Ritual. Die symbolische Funktion staatlicher Institutionen und politischen Handelns“ verwendet, weil sie eine Art Kompilation der Texte „The Symbolic Uses of Politics“ (1964) und „Politics as Symbolic Action. Mass Arousal and Quiescence“ (1971) ist, begleitet vom Editorial von Claus Offe (1976); im Vorwort zur deutschen Neuausgabe (1990) gibt Edelman einige Hinweise zur Modifikation seines Ansatzes.
36
So die Formulierung von Dieckmann 1981, S.255.
Nach Offe 1976, S.VIII.
Damit ist ungefähr der Bereich gemeint, den später Karl Rohe (1987, S.40ff) als „Deutungskultur“ von der komplementären „Sozialkultur“ innerhalb der politischen Kultur unterschied.
Sarchielli 1987, S. 116.
Dörnerl995, S.53.
Daß diese Trennung zeichentheoretisch und sprachwissenschaftlich höchst problematisch ist, hat Edelman später selbst eingeräumt (1990, S.VIIIf).
Aus einer studentischen Hausarbeit (Sigrid Schmid, Juli 1994).
Nullmeier 1993, S.193.
Siehe Mead 1968.
Goffman 1959.
Siehe Berger/Luckmann 1966.
Edelman 1990, S.VIIIf; S.IX: „Menschen handeln innerhalb intersubjektiv geschaffener Wirklichkeiten und nicht innerhalb derjenigen, die ein Betrachter als objektiv oder wissenschaftlich konstruiert. Diese phänomenologische Sichtweise macht den Begriff , VerweisungssymboP zweifelhaft, auch wenn er die Schlüsselrolle von Verdichtungssymbolen hervorhebt.“
Sarchielli 1987, S. 117f.
Käsler 1989, S.316 und Käsler u.a. 1991, S.13.
Dörner 1995, S. 56: „Notwendigkeit für den Bestand eines politischen Gemeinwesens einerseits, Instrumentalisierbarkeit für spezifische Interessen andererseits.“
Nullmeier 1993, S. 192: „Deutungsprozesse und Deutungswahlen nach dem Modell dramaturgischen, zweckrationalen oder rhetorisch-dialektischen Handelns zu verstehen, trifft [...] auf den Einwand, hier werde Wissen konzeptionell der Manipulation und Täuschung, bestenfalls der Selbsttäuschung unterworfen. Jede Anwendung der Kategorien „Strategie’, , instrumenteH’, , zweckrationar auf Wissen bedeutet zumindest im deutschen Kontext die Ausschaltung der Geltungsdimension wahr/falsch. Ein strategischer Zugriff auf Wissen kann nicht mit dessen Wahrheit kompatibel sein. Wissen zeigt sich als wahr nur dann, wenn es aus strategischen Kontexten befreit ist. Demnach wären Deutungsstrategien Täuschungsmanöver, die auf Zwie-denken beruhen.“
Nullmeier 1993, S. 193, der Vorwurf der Hinterlist nach Meyer 1992, S. 191 ; Hervorhebungen R. W. Vgl. zur Bildhaftigkeit angeblich bildfreier Argumentation die Ausführungen zur Metapher unten in 3.1.1. und 3.1.2.
Konstruktivistische Theorieansätze für die internationalen Beziehungen und entsprechende Fallstudien können dies anregen, aber nicht ersetzen.
Dieckmann (1981, S.255) nach Offe (1976, S.VIII über Edelman) — beide sind also für die Implikation dieser problematischen Formulierung nicht verantwortlich zu machen.
Kessler 1978, S. 214.
Vgl. Baudrillard 1978, 1993a, b.
Betitele 1992, S.229; Bentele konstatiert zuvor (S.228) eine Art eingebauter Sollbruchstelle im Zusammenwirken von Politik und Medien: „Es gibt jeweils einen Punkt, an dem symbolische Politik kontraproduktiv auch aus der Sicht der Symbolproduzenten wird, an dem das politische Realitätsprinzip in Gegensatz zum politischen Symbolprinzip gerät. [...]. Der Punkt, an dem das Realitätsprinzip das Symbolprinzip dominiert, ist [...] erreicht, wenn wahrnehmbare Diskrepanzen zwischen symbolisch vorgetragener Politik [...] und tatsächlichen Konsequenzen politischer Handlungen entstehen und so z.B. Glaubwürdigkeit verloren geht.“
Weber, Max 1973 (im „Objektivitätsaufsatz“ von 1904), bes. S.178ff.
Sarchielli z.B. (1987, S.9) definiert den Unterschied so: „Während politische Symbolik’ die kommunikativen, zumeist sprachlichen Stimuli meint, derer sich Akteure bedienen, wird von „symbolischer Politik’ immer dann gesprochen, wenn das prozeßhafte Handeln, also der politisch-strategische Verwendungszusammenhang im Kommunikationsablauf Gegenstand der Analyse ist.“ Der englische Sprachgebrauch unterscheidet meist in political symbolism und symbolic action , was der Grundidee der hier getroffenen Differenzierung ungefähr entspricht, im Einzelnen aber andere Einteilungen implizieren kann.
So konzipierte z.B. Günter Bentele (1992, S.222f) ein 6-Felder-Modell, das auf einer entsprechenden Unterscheidung zweier kommunikativen Ebenen aufbaut; er schlägt vor, „daß unter ‚symbolischer‘ Politik nicht nur politisches Handeln mittels manifester Symbole [...] verstanden werden soll, sondern ein medien-und vor allem fernsehvermitteltes Handeln, dessen kommunikative Dimension zuungunsten seiner , ‚Gebrauchsdimension‘ dominiert. “ (S.222).
Vgl. Wesel 1995.
Vgl. z.B. Haß 1991, Klein 1991, Liedtke/Wengeler/Böke 1991.
Vgl. Hofmannl998.
Siehe zum Beispiel die Vorschläge von Sarcinelli (1989a, S.229f) zum „Lernziel Kommunikative Kompetenz“.
The Poetry of Louis Dudek, Definitive Edition, Ottawa 1998, aus dem Gedicht#o/y Universe.
Süddeutsche Zeitung vom 18.10.1999, Feuilleton; vgl. z.B. Kepplinger 1998.
Siehe die ironische Übersicht von Wersig (1991); vgl. auch Meyers 1994.
Virilio 1989, 1997.
Virilio 1997, S. 14.
„Das Femsehen wird deshalb für so glaubwürdig gehalten, weil es in Bildern spricht. Es vermittelt dem Zuschauer den Eindruck, er sei Augenzeuge des Zeitgeschehens“ (von Harpe 1991, S.33).
Vgl. Edelman 1976 bzw. 1990, S.127f; Bentele 1992, S.229: „Der Erfolg tatsächlicher politischer Maßnahmen und nicht nur symbolischer Maßnahmen hängt stark davon ab, wieweit die Realitätsbereiche, um die es geht, von den jeweils Betroffenen entfernt sind.“
Richard Meng in der Frankfurter Rundschau vom 27.02.2001.
Nye 1990.
Vgl. dazu Jäger 1998 und Schneider 1998.
Bundesdeutsche Konzeptbastler zeichnen sich hier meist weniger durch Originalität als durch Konsequenz aus; vgl. Wesel 1982.
Vgl. für Deutschland Ruschkowski 2002.
Engels/Khan/Matthies 1975, S.50; Hervorhebungen im Original.
Durkheim 1994, S.570f.
Im Sinne von Immanuel Wallerstein (1981).
Nach Zürn 1998.
Vgl. Czempiel 1994.
Vgl. Wesel 2002b.
Vgl. Jäger 1998, S.517.
Siehe Jäger 1998, S.517ff.
Schneider 1998, siehe bes., S. 513.
Weber 1973, S. 166.
Vgl. auch die skeptischen Ausführungen von Bleiker 1997: „Forget IR Theory“.
Vgl. Jaeger 1996.
Kritische Durchsicht der Tradition sollte uns ersparen, das Rad immer wieder neu zu erfinden; Pawelka schrieb 1974 (S.7 und 9) über die Forschung zu den Internationalen Organisationen: „Die einander ablösenden Modellvorstellungen erinnern an einen Kreislauf, in dem die jeweils neueste Fragestellung als einzig relevante angesehen wird. [...] Eine Revitalisierung der Forschungsstrategie [...] darf nicht mehr dazu fuhren, daß heute verworfene Bestandteile eines bisher gültigen Erkenntnisstandes in einigen Jahren wieder neu entdeckt werden müssen.“
Jervis 1970, 1976.
Frei 1985, 1986.
Chernus 1986, 1991; vgl. auch Cochetti 1999.
Benford/Kurtz 1987: „Performing the Nuclear Ceremony: The Arms Race as a Ritual“.
Siehe u.a. Arquilla 1992, Bayne 1992, Bercovitch 1992, Carraro 1997, Druckman/Mitchell 1995, Eubank 1966, Fisher/Kopelman/Schneider 1994, Fisher/Kupfer Schneider/Borgwardt/ Ganson 1997, Gehring 1996, Habeeb 1988, Hampson 1995, Hopmann 1995, 1996, Iklé 1985, Kaufmann 1989a, 1989b, Kremenyuk 1989, 2002a, 2002b, Lakos 1989, Uli 1966, 1985, Mautner-Markhof 1989, Poortinga/Hendriks 1989, Staehelin 1997, Touval 1995, Watkins/ Rosegrant 2001, Zangl/Zürn 1996, Zartman 1994; siehe auch laufend die Beiträge zu inter-nationalen Verhandlungen in den Zeitschriften „Negotiation Journal“ bzw. „International Negotiation Journal“.
Cohen 1987.
Vgl. z.B. Brock 1999, Joerges 2000, Keck 1995, Müller 1995, Prittwitz 1996a, Schmalz-Bruns 1995.
Zum Beispiel Fisher/Ury/Patton 1991, S.XIX: „Every negotiation is different, but the basic elements do not change. Principled negotiation can be used whether there is one issue or several; two parties or many; whether there is a prescribed ritual, as in collective bargaining, or an impromptu free-for-all, as in talking with hijackers.“
Durkheim 1994, S.565f; Hervorhebungen R. W.
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Wesel, R. (2004). „Symbolische Politik“. In: Symbolische Politik der Vereinten Nationen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11576-2_2
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