Entwicklung landesspezifischer Legitimationsmuster am Beispiel der Kreisgebiets- und Gemeindereform in Brandenburg und Sachsen

Zusammenfassung

Die Kreisgebiets- und Gemeindereformen in den ostdeutschen Bundesländern gehörten zu den durchgreifendsten strukturellen Anpassungen an die westdeutschen Verhältnisse im Rahmen des Transformationsprozesses nach der deutschen Einigung. Der generell in Verwaltungsreformen angelegte Zielkonflikt zwischen der Effizienz der Verwaltung einerseits und ihrer Integrationsfunktion andererseits (vgl. Wagener 1974: 312) durchzog dabei als Leitmotiv die verwaltungspolitischen Reformmaßnahmen (vgl. Seibel 1993). Als ein spezifisches Merkmal dieses Zielkonflikts kann bei den Kreisgebiets- und Gemeindereformen in den ostdeutschen Bundesländern jedoch eine Variante des von Claus Offe beschriebenen „Dilemmas der Gleichzeitigkeit“ (Offe 1991: 279–292) ausgemacht werden: Neue Erfordernisse administrativer Effizienz konfligierten mit den Integrationspotentialen einer gerade noch mit den Kommunalwahlen vom 6. Mai 1990 und der Kommunalverfassung vom 17. Mai 1990 aufgewerteten kommunalen Identität. Während die staatlichen Institutionen zusammenbrachen, erbrachten die Gemeinde- und Landkreisverwaltungen in den neuen Bundesländern Leistungen im Hinblick auf die Alltagsbedürfnisse der Bevölkerung (vgl. Bernet 1993: 27). Damit schufen sie den notwendigen lebensweltlichen Bezug in einer neuen, auf die ostdeutsche Bevölkerung oft feindlich wirkenden sozio-ökonomische Ordnung. Gerade diese Ordnung erforderte jedoch den Bruch mit den übernommenen DDR-Verwaltungsstrukturen, da der wirtschaftliche Neubeginn entscheidend von der Leistungsfähigkeit der kommunalen Verwaltung abhängt (vgl. Püttner 1992: 1; Laux 1992). Damit gingen von den Kreisgebiets- und Gemeindereformen in den ostdeutschen Bundesländern nachhaltige Legitimationszwänge aus.