Zusammenfassung
Es liegt auf der Hand und stellt eine Erkenntnis schon frühester Zeiten dar, daß der Stand der Preise einer Volkswirtschaft unter anderem auch von der Menge und Umschlagsleistung des in dieser Wirtschaft umlaufenden Geldes abhängen müsse. In der modernen Volkswirtschaft des 20. Jahrhunderts zeigt sich ferner deutlich, daß auch der Beschäftigungsgrad der Wirtschaft in einer gewissen Abhängigkeit von jenem Geldumlauf stehen kann. Jedenfalls müssen wir die vom Gelde auf die Wirtschaft seines Währungsbereiches auszuübenden möglichen Wirkungen gewissermaßen als die eines ökonomischen Kraftfeldes verstehen lernen, das der Durchführung des volkswirtschaftlichen Versorgungsprozesses nicht nur Hilfsstellung leistet, sondern auf ihn und seinen Ablauf auch selbst bestimmenden Einfluß ausstrahlt. Als sich diese Erkenntnis allgemeiner durchsetzte, kam man denn auch schon in den Zeiten, in denen man im übrigen auf völlige Freiheit aller Teile der Wirtschaft plädierte und dem unbehinderten „Spiel der freien Kräfte© in ihr die Herstellung einer gottgewollten Harmonie aller wirtschaftlichen Dinge zutraute, zu dem Ergebnis, daß immerhin das Geldwesen zentral geregelt und ausschließlich nach gesamtwirtschaftlichen Interessen geordnet werden müsse.
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Wir gelangen damit schon hier zu dem wirtschafts- und geldtheoretisch einwandfreien Begriff der „Unterbeschäftigung“, wie ihn auch die strengere angelsächsische Literatur handhabt. Er ist enger gefaßt, als der seitens der breiteren Öffentlichkeit häufig gebrauchte gleichlautende Begriff. Diese spricht von Unterbeschäftigung meist schon dann, wenn überhaupt Arbeitskräfte oder dergleichen Produktionskräfte feiern oder unbeansprucht bleiben. Wir tun dies dagegen nur dann, wenn an sich eingliederbare Produktionskräfte brachliegen. Letztere können in der Marktwirtschaft aber auch deshalb brachliegen, weil sie infolge vorangegangener Fehlinvestition oder bei Arbeitskräften infolge lohnpolitischer Schwierigkeiten, ferner infolge von Übervölkerungserscheinungen, mangelhafter Kapitalbildung oder Rohstoffmangels zur Zeit nicht eingliederbar sind. In Fällen dieser Art sprechen wir im Sinne unserer engeren Fassung des Begriffes noch nicht von Unterbeschäftigung, und unterscheiden darum auch bei Arbeitslosigkeit zwischen struktueller, soweit solche auf die zuletzt gekennzeichnete Weise bedingt ist, und konjunktureller Arbeitslosigkeit, soweit es sich dabei um den zuerst erörterten Weg handelt, der zum Brachliegen und Feiern von an sich eingliederbarer Arbeitskraft führt. — Der korrespondierende Begriff zu dem von der Unterbeschäftigung ist nun natürlich der von der Vollbeschäftigung. In Konsequenz der gekennzeichneten engeren Fassung des ersteren werden wir auch diesen im folgenden nur in dem strengeren Sinne handhaben, daß wir von Vollbeschäftigung schon dann sprechen, wenn unter anderem keine konjunkturelle Arbeitslosigkeit vorliegt, ohne daß aber damit gesagt wäre, daß es etwa auch keine strukturelle gäbe.
Es versteht sich von selbst, daß es hierbei niemals auf die Menge des in der Wirtschaft befindlichen Geldes allein ankommt, sondern ebenfalls auf die Umlauf sleistung des Geldes oder seine Umlaufsgeschwindigkeit. Ein und dieselbe Geldmenge vermag ja umso mehr Bedarf kaufkräftig zu gestalten, je rascher und häufiger es seinen Besitzer wechselt, und umgekehrt. Der Einfachheit halber wollen wir aber im folgenden vorerst einmal annehmen, daß solche Umlaufsgeschwindigkeit keinen wesentlichen Veränderungen unterworfen sei.
Wenn solche Preissteigerung die Einbruchsstellen einer längst fortgesetzten Inflation rentabilitätsmäßig begünstigt und zunächst einmal ein Preisgefälle zwischen diesen und den übrigen Wirtschaftszweigen begründet, kann dies für die Dauer eines fortgesetzten Zustromes von überschüssiger Kaufkraft zu Umstellungen von Produktionskräften aus der übrigen Wirtschaft auf zusätzliche Erzeugung an diesen Einbruchsstellen führen, wodurch dann allerdings zwar nicht die allgemeine Preisbewegung nach oben, wohl aber jenes Preisgefälle beseitigt werden müßte. Soweit inflatorische Geldschöpfung ihren Eingang in die Wirtschaft über die Investitionsgüterindustrien dadurch findet, daß die Investoren statt nur mit tatsächlichen Ersparnissen der Wirtschaft auch mit zusätzlich geschöpften Geldmitteln Kapitalgüter nachfragen, und dann deren Erzeugung auf die soeben gekennzeichnete Weise vorübergehend tatsächlich erhöht wird, spricht man von inflatorischem Zwangssparen. Die Leidtragenden hierbei sind die Geldbesitzer, die insoweit wider Willen zu „sparen“ gezwungen sind, als ihr Geld im Verlaufe dieses Prozesses durch die Geldentwertung fortschreitend an Kaufkraft Einbuße erleidet.
Wobei wir von dem oben angedeuteten ersten Stadium einer als solche von der Wirtschaft noch nicht erkannten Inflation, nämlich dem der teilweisen Lägerräumung, absehen, in welchem Stadium Preissteigerungen auch ohne Dazutun des Staates noch weitgehend ausbleiben.
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Lukas, E. (1950). Das Problem angemessener Geldversorgung der Wirtschaft: neutrales Geld. In: Geld und Währung. Fachbücher für die Wirtschaft, vol 1. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-13388-9_2
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