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Politische Reibungsflächen infolge Hungers nach Raum

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Geopolitik
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Zusammenfassung

So tröstlich an sich die Aussicht anmutet, daß die Erde theoretisch 8 oder 16 und mehr Milliarden Menschen ernähren kann, so ist doch praktisch vorläufig damit nicht allzuviel anzufangen, solange zwischen den Nationen und Staaten der seit Anbeginn der Geschichte nie erloschene Kampf um die Futterkrippe andauert. Räumlicher Besitz bedeutet nun einmal politische Macht, und die Wachstumstendenzen starker, kriegstüchtiger Staaten kommen daher nicht immer, wie bei einem menschlichen Individuum, auf einer gewissen Entwicklungsstufe zum Stillstand, sondern es gilt von der Raumpolitik der Staaten, genau wie von den großen Kapitalien, das Claudius-Wort: „Je mehr er hat, je mehr er will“. Englands und Rußlands Imperialismus sind hierfür die charakteristischsten Beispiele aus neuester Zeit. Wie die Hunde am Futternapf und andere Tiere selbst dann, wenn überreiche Nahrung für alle geboten wird, sich voll Neid und Eifersucht gegenseitig wegbeißen oder wegpicken, so gönnen auch die Staaten einander nur schwer die territoriale Erweiterung oder die koloniale Ausdehnung, die immer häufiger an die Stelle der unmittelbaren Grenzvorschiebung tritt. Gar manche von ihnen haben bei der bisherigen „Teilung der Erde“ ein viel zu großes Stück erhalten, das sie nie und nimmer völlig verzehren, d. h. dem eignen staatlichen Organismus einverleiben können — man denke etwa an Frankreich oder Belgien oder Portugal oder an das Spanien des 17. und 18. Jahrhunderts — aber lieber lassen sie, neidischen Hündlein gleich, den erhaschten Bissen verkommen und verderben, ehe sie erlauben, daß ein anderer, der wirklich Hunger leidet, sich daran sättigt. An dieser psychischen Einstellung der Staaten, an der sich bislang auch durch die Gründung des Genfer Völkerbundes nicht das Geringste geändert hat und wohl auch in Jahrhunderten nichts Erhebliches ändern wird, scheitern bis auf weiteres alle theoretischen Berechnungen, wieviel Menschen sich im Höchstfall, bei völlig friedlichem Zusammenleben aller menschlichen Wesen, in der uns zur Verfügung stehenden Erdkiste verpacken lassen.

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Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.

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Hennig, R. (1928). Politische Reibungsflächen infolge Hungers nach Raum. In: Geopolitik. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-15984-1_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-15984-1_7

  • Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-663-15413-6

  • Online ISBN: 978-3-663-15984-1

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