Zusammenfassung
Gottfried August Bürger wurde in der Silvesternacht vom Jahre 1747 auf 1748 geboren, etwa anderthalb Jahre vor Goethe. Wir sind der Vollendung der deutschen Lyrik nahe. Aber wie gerade die Stunden vor Sonnenaufgang unruhiger und unfaßlicher scheinen als Dunkel, Traum und Sternenlicht, als Morgenklarheit und Tagestatkraft, so ist auch Bürgers Persönlichkeit uneinheitlich und schwer zugänglich. All seine Vorgänger waren von Einem Punkt aus verständlich und notwendig gewesen. Wie der Maler ein Bildnis schafft, indem er sein Modell in hundert Stellungen und Stimmungen seinem Auge, seinen Skizzen einprägt, und dann aus diesen Hundert Eine schafft, die alle anderen in sich schließt, so konnten wir bei allen früheren Lyrikern aus der Mannigfaltigkeit ihrer Werke und ihres Lebens Ein Bild gewinnen, das all ihr Leben und Dichten, ihr inneres und äußeres Schicksal in sich versammelt hatte, uns als notwendige Einheit zeigte. Bei Bürger ist es kaum möglich, diesen Einen Punkt zu finden. Unruhig wogen alle Elemente in ihm durcheinander. Und wenn wir uns wieder der alten Gegensätze besinnen, die wohl formelhaft anmuten und doch nur letzte innere Möglichkeiten und Richtungen andeuten wollen: Sinnlichkeit und Idee, Gefühl und Reflexion sind bei Bürger nicht einseitig mächtig.
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Witkop, P. (1921). Bürger. In: Die Deutschen Lyriker. Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-16124-0_13
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-16124-0_13
Publisher Name: Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-663-15552-2
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