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Zusammenfassung

Kaum ein Begriff wird so vielfältig verwandt wie jener der Region (Engert et al. 2009:9; Altemeyer-Bartscher 2009:27; Amann 2008:13; Hillier 2005:2; Weichhart 1999b:5; Bösch 1989:57). Regionen werden häufig auf einer „mittleren Maßstabsebene“ (Ivanisin 2004:46; Wardenga/Miggelbrink 1998:41; Weichhart 1990:14; Blotevogel et al. 1989:70; Schmitter/Lanzalaco 1989:203f) verortet. Gemeint sind dann räumliche Einheiten die zwischen der lokalen Ebene einerseits und dem Nationalstaat andererseits liegen (Schuhbauer 1996:42). Allerdings können Regionen auch mehrere Staaten umfassen (Keskitalo 2007:187; Bailly 2007:3; Larner/Walters 2002:392; Blotevogel 1996:57). Dies gilt beispielsweise für die Region des Mittleren Ostens oder für Westeuropa als Region. Zudem zählen die auf europäischer Ebene ins Leben gerufenen Euregios zu diesen überstaatlichen Regionen (Maier/Tödtling 1996:15 ff). Regionen als Konzept können insofern „Gegenstände durchaus unterschiedlicher, miteinander konkurrierender Diskursivierungen“ umfassen (Amann et al. 2008:8). Dadurch bleiben sie inhaltlich unscharf (Weichhart 1996:27). Für Hinweise darauf, was unter „Region“ verstanden werden kann, lohnt sich zunächst ein Blick auf den Begriff des „Raums“.

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Notes

  1. 1.

    Die Eigenschaften und Funktionsweisen von überstaatlichen Regionen werden ausführlich diskutiert in Larner/Waters (2002:391 ff). In der vorliegenden Arbeit werden supra-nationale Regionen aus der Betrachtung ausgeklammert.

  2. 2.

    Zwar entzieht sich auch der Raumbegriff einer verallgemeinernden, kategorisierenden Definition (Weichhart 2008:75; Weichhart 1999b:75; Sahr 1999:47; Zierhofer 1999:177; Läpple 1991:164), dennoch lassen sich aus dessen Diskussion eine Reihe von Zusammenhängen ableiten, welche zum Verständnis des Regionskonzepts beitragen.

  3. 3.

    Diese Raumkonzeption weist hohe konzeptionelle Nähe zu dem in der Geographie weitverbreiteten chorischen Raumverständnis auf. Chorische Räume sind als „zweidimensionale, metrische Ordnungsrahmen eines erdräumlichen Kontinuums“ (Läpple 1991:167) zu verstehen. Sie dienen als Grundlage dafür, die Verteilungsmuster menschlichen Handlungen in Abhängigkeit von räumlichen Distanzen zu erfassen und zu analysieren (Läpple 1991:169).

  4. 4.

    Dennoch gehen einige Autoren (vgl. Altemeyer-Bartscher 2009:35) weiterhin davon aus, dass der Container-Raum für bestimmte Fragestellungen Gültigkeit behält. Dies ist beispielsweise für Untersuchungen zu politisch-administrativen Räumen der Fall: sie werden alltagsweltlich immer noch als kulturelle, wirtschaftliche, politische etc. Einheit verstanden. Insofern stellt nach Altemeyer-Bartscher (2009:35) das Modell des Containers für dieses Raumverständnis ein brauchbares Erklärungsmodell bereit.

  5. 5.

    Klüter (1999), Hard (1999) und Redepenning (2006) sehen Räume über soziale Kommunikation konstituiert. In der vorliegenden Arbeit kann der Unterschied zwischen handlungsorientierter und kommunikativer Raumkonstitution nicht erörtert werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass im Kontext der informativ-signifikativen Handlungszusammenhänge von Werlen (2007:343) Kommunikation ebenfalls als Handlung aufgefasst wird. Kommunikation soll hier daher unter den Begriff der sozialen Handlung subsummiert werden.

  6. 6.

    Versteht man nicht die Handlung als konstituierend für Räume, sondern die dahinter stehenden Akteure, so können neben Menschen (bzw. Individuen) auch kollektive Akteure wie Organisationen, Unternehmen oder politische Einheiten als Raumkonstrukteure identifiziert werden. Auch sie führen Regionalisierungen im Sinne von räumlicher Gestaltung durch Handlungen aus. Im Gegensatz zur Regionalisierung von Individuen, welche für andere kaum bindende Wirkung haben, weisen die Raumkonstruktionen von Organisationen oder politischen Einrichtungen eine höhere Bindungswirkung auf. D. h. ihre Regionalisierungen sind mit einem größeren Maß an Macht ausgestattet; gleichzeitig weisen sie eine höhere Dauerhaftigkeit auf (Meusburger 1999:127).

  7. 7.

    Diese „enträumlichte“ Sichtweise der Geographie war und ist teilweise Objekt von Kritik. So hält Hard (1999:138) fest: „Ohne eben diesen physisch-materiellen ‚Raum’ fühlt auch der Sozialgeograph, ist die Geographie ‚enträumlicht’; die mentalen Räume (‚Raumvorstellungen’), die von Handlungssubjekten konstituierten und vom Sozialgeographen rekonstruierten Räume, die Raumabstraktionen als Elemente sozialer Kommunikation – diese blutleeren (d. h. entmaterialisierten) Räume sind, zumindest für viele Geographen, gar keine wirklichen Räume“.

  8. 8.

    Ausgangspunkt der Definition dieser drei Sinnbezüge ist Poppers (1969; 1980) metatheoretische Grundlegung der Sozialwissenschaften sowie die darin enthaltene Unterscheidung der physischen (Welt 1), sozialen (Welt 2) und mentalen (Welt 3) Welt. Kann Poppers Ansatz als Raumkonzept aus objektiver Perspektive angesehen werden, so fand er bei Schütz (1971; 1981) eine subjektive Interpretation (vgl. Werlen 2010:45ff; Weichhart 2008:69ff; Werlen 1997:234 ff).

  9. 9.

    In ähnlicher Weise unterscheidet Schmitt-Egner (2005:62) drei unterschiedliche Handlungszusammenhänge, welche zu verschiedenen Regionstypen führen. Je nachdem, ob juristisch-politisches Handeln oder aber materielles bzw. symbolisches Handeln vorliegt, entstehen administrative Regionen, Strukturregionen oder aber Identitätsregionen.

  10. 10.

    Baecker (2009:22f) greift diesen Gedanken der Region als „Adresse“ in einer globalisierten Welt auf. Um angesprochen werden zu können, brauchen Individuen einen Ort, an dem sie erreicht werden können. Allerdings bieten Regionen als Adressen aus seiner Sicht nicht nur eine Kommunikationsplattform, sondern ihnen können Besonderheiten zugeordnet werden. Regionen sind insofern Mittel zur Differenzierung: „Eine Adresse zu haben, ist nutzlos, wen man nicht gleichzeitig die Chance hat, dieser Adresse auch einen Ort zuzuweisen, der als dieser Ort ein besonderer Ort, das heißt von anderen Orten unterschiedener Ort ist“ (Baecker 2009:23; Altemeyer-Bartscher (2009:38).

  11. 11.

    Diesem Raumverständnis entsprechen auch jene Regionsdefinitionen, die Natur und Kultur zur Beschreibung von Regionen in eins setzen, so z. B. Larner/Waters (2007:412), welche Regionen als „places“ verstehen, durch „particular identities and cultures“ gekennzeichnet sind und die ihre Legitimation über „shared geographies, histories of trading connectsion, cultural exchanges, and social values“ erhalten.

  12. 12.

    Weichhart (1999b:72) spricht daher auch nicht von handlungsorientierter, sondern von „individuumszentrierter“ Sozialgeographie. In ähnlicher Weise findet sich der Subjekt- statt Handlungsbezug auch bei Meusburger (1999:110 und 116). Und auch Neumann (1994:58) geht davon aus, dass es (politische) Akteure sind, welche Regionen im Sinne der Festlegung, was dazugehört und was außen vorliegt, gestalten. Dies unterstützt Keskitalo (2007:187), die in Bezug auf die Arktische Region festhält: „the Arctic [is] a region that is not natural or given but […] constructed by and for particular actors and interests“. In der vorliegenden Arbeit werden Handlung und Subjekt nicht strikt voneinander getrennt. Akteure stehen durch ihre Handlungen (insbesondere die Bereitstellung von Ressourcen für regionale Zielsetzungen) im Fokus der Analyse.

  13. 13.

    Die Reduktion von Raum auf die Räumlichkeit von Objekten oder Prozessen ist nicht unumstritten. Siehe zum Problem des Raums als Räumlichkeit (spatiality) von kulturellen oder sozialen Prozessen Hillier (2005:3f).

  14. 14.

    Die Überzeugung, dass menschliches Verhalten (und damit soziale Phänomene) von räumlichen Gegebenheiten zumindest mitbestimmt werden, wird nicht von allen Vertretern des Faches geteilt. So gehen beispielsweise Hard (1999) oder Klüter (1999) davon aus, dass soziale Gegebenheiten völlig unabhängig von materiellen Bedingungen auftreten. Sie sind insofern Vertreter des starken „Raum-Exorzismus“ (vgl. Weichhart 1999b:68).

  15. 15.

    Auf die Körperlichkeit von Handlungen und damit auf deren physisch-materielle Effekte weisen auch Sahr (1999:60) und Weichhart (2008:74) hin.

  16. 16.

    Raum kann nach Läpple (1991:163) ebenso wenig wie Zeit unmittelbar wahrgenommen werden. Räumliche Wahrnehmung bezieht sich demnach nicht auf den Raum selbst, sondern auf räumliche Anordnungen der Gegenstandwelt: „ auf das Neben- und Hintereinander, auf Nähe und Ferne, Tiefe und Höhe, Fixiertheit und Bewegung etc. der Gegenstände“ (Läpple 1991:164).

  17. 17.

    Insbesondere in seiner jüngsten Publikation betont Werlen (2010:48f) den Zusammenhang zwischen den drei Ebenen sozialen Handelns. Die Zusammenhänge zwischen materiellen Artefakten und sozialen Prozessen unterstreicht auch Weichhart (2008:74).

  18. 18.

    Dieses Raumverständnis findet Widerhall in der Definition von Ogburn (1936), der Region als „a large area that was sufficiently distinguished by climate or geography to possess characteristic traits“ beschrieb und damit gleichzeitig auch deren kulturelle bzw. gesellschaftliche Ausstattung ansprach: „It was isolation as well as a specific climate that led to such distinguishing characteristics as dialects, manners, and customs“ (Ogburn 1936:6). Noch deutlicher wird die Vermengung von kulturellen und natürlichen Faktoren bei der Definition des Regionsbegriffs bei Vance (1929). Er beschreibt Region als „the site of a particular group with a particular culture“ (1929:217), wobei Kultur vor dem Hintergrund natürlicher Gegebenheiten entsteht. Die Region „becomes the culture area characterized not only by common physical traits but by common culture traits“ (1929:215).

  19. 19.

    Auch die Regionsbildung durch Clusteranalyse greift auf die Vorgehensweise der Klassifizierung nach ähnlichen Kriterien zurück: Ausgehend von einer Klasseneinteilung bei der jede kleinste Raumeinheit einen eigenen Regionstyp bildet, wird entlang von einem oder mehreren Kriterien so lange zusammengefasst, bis eine vorgegebenen Grenze der Heterogenität erreicht ist (Bathelt/Glückler 2002:45).

  20. 20.

    Insgesamt können nach Partzsch (1964:10) sechs Daseinsgrundfunktionen unterschieden werden: neben das Bedürfnis des Wohnens bzw. nach Gemeinschaft treten die Bedürfnisse nach Arbeit, nach Bildung, nach Erholung, nach Versorgungsmöglichkeiten und Mobilität im Sinne der Teilnahme am Verkehr.

  21. 21.

    Wahrnehmungsräume sind dabei eng mit dem Begriff des Regionalbewusstseins verbunden. Damit ist nach Fach et al. (1998:18) eine Einstellung von Individuen zu verstehen, die eine kognitive, affektive und konative Dimension aufweist. Insbesondere die konative Dimension, welche auf die rationale Erfassung der räumlichen Umwelt durch ein Individuum zielt, ist dabei mit dem Begriff der Wahrnehmungsregion zu koppeln. Wahrnehmungsräume können insofern definiert werden als „kognitiv-emotionale Repräsentationen von Raumausschnitten auf der regionalen Maßstabsebene im Bewußtsein eines Individuums“ (Wardenga/Miggelbrink 1998:38). Die affektive Komponente wiederum weist in Richtung regionale Identität bzw. Heimatgefühl.

  22. 22.

    Dabei ist wesentlich zu verstehen, dass es sich bei Netzwerken nicht um Organisationen, sondern um eine Art und Weise der Koordination von Akteuren handelt (vgl. Ortner 2003:105).

  23. 23.

    Der Market-as-Networks-Ansatz wurde beispielsweise vertieft durch Johanson/Mattsson (1994), Hakansson/Snehota (1989), Gemünden/Ritter (1996), Corsaro/Snehota (2010).

  24. 24.

    Die IMP-Gruppe wurde 1970 im Rahmen eines Forschungsprojektes zu „Industrial Marketing and Purchasing“ von fünf europäischen Universitäten gegründet. Heute versteht sie sich als loser Zusammenschluss und informelle Plattform von Forschern, die sich interaktiven Ansätzen im Management, Marketing, Beschaffung und in der Technologieentwicklung widmen wollen. Die wesentlichen Kernaussagen des IMP-Interaktionsansatzes können wie folgt zusammengefasst werden: Märkte bestehen wie Netzwerke aus Akteuren und den wechselseitigen Beziehungen zwischen ihnen. Der Begriff „Unternehmensnetzwerk“ bedeutet dabei nicht nur Kooperation zwischen Unternehmen. Netzwerkmitglieder können Organisationen/Unternehmen, aber auch Individuen sein. [Wenn man die Beziehungen zwischen den Akteuren betrachtet, können unterschiedliche Interaktionsprozesse (direkte oder indirekte) und –inhalte unterschieden werden. Auch der zeitliche Horizont einer Interaktion spielt eine Rolle: ist diese kurzfristig und zeitlich begrenzt, spricht man im Rahmen des IMP-Ansatzes von einer Episode. Ist der Kontakt langfristig, so liegt eine Beziehung vor. Episoden sind gekennzeichnet von geschäftlichen Transaktionen. Sozialer Austausch findet statt, steht aber nicht im Mittelpunkt der Episode. Dies ist in Beziehungen anders: hier geht es um Langfristigkeit und sozialer Austausch wird zum wichtigsten Transaktionselement. Besonders hervorzuheben ist im Ansatz der IMP das Verhältnis des Netzwerkes zu seiner Umwelt: Die strikte Trennung zwischen Unternehmen und Umwelt wird aufgelöst. Die Unternehmensgrenzen verschwimmen mit der Umwelt und Unternehmen werden grenzenlos (Mack 2003:92 ff, Renz 1998:15 ff).

  25. 25.

    Grundsätzlich ist jedoch festzuhalten, dass nicht jedes Netzwerk konkrete Leistungen zeitigen muss, um erfolgreich zu sein. Netzwerke, die zum Informations- und Meinungsaustausch dienen, haben ebenfalls ihre Legitimität. Sie werden dann als erfolgreich eingestuft, wenn ihre Mitglieder die Beziehungsqualität hinsichtlich gemeinsamen Lernens oder der Möglichkeit, neue Kontakte zu schliessen als hoch einstufen (Mandell/Keast 2008a:693; Koppenjan 2008:708f).

  26. 26.

    Demgegenüber lässt sich aber auch eine Reihe von Risiken in Netzwerken feststellen. Eines der am häufigsten ins Feld geführten Probleme ist jenes des Lock-in. Netzwerke können ihre Innovations- und Entwicklungskraft durch kognitive oder funktionale Schließungsprozesse verlieren. Funktionale Schließung tritt dann auf, wenn die Netzwerkpartner die Motivation des freien Informations- und Wissensaustausches untereinander verlieren, weil sie in zu intensiven Wettbewerb um Aufträge eines zentralen Großunternehmens stehen (Pechlaner/Bachinger 2010). Eine kognitive Schließung wiederum liegt vor, wenn sich die Partner über Angleichungsprozesse so ähnlich geworden sind, dass sie immer wieder die gleichen Gedankengänge reproduzieren. Kreativität und Innovation von außen werden nicht mehr wahrgenommen. Nicht zuletzt ist jedoch auch eine politische Schließung denkbar. Diese liegt vor, wenn sich Unternehmen, Verbände und öffentliche Einrichtungen in einem Raum so intensiv aufeinander einstellen, dass Impulse von außen als Störungen empfunden, und dem vorherrschenden Interpretationsmuster angepasst werden. Dann entstehen geschlossene Wissenssysteme, die im internationalen Wettbewerb der Wissensregionen ihre Durchsetzungsfähigkeit verlieren (Bieger/Scherer 2003:22). Auf der Ebenen des einzelnen Netzwerkmitglieds bedeutet Lock-in die Gefahr, aufgrund zu hoher Spezialisierung auf die im Netzwerk nachgefragte Teilleistung bei veränderten Umfeldbedingungen in die Falle laufen. Gleiches gilt für andere Arten von „sunk costs“ in Netzwerken, z. B. für Investitionen in netzwerkspezifisches Wissen oder in die Beziehungspflege zu den Netzwerkpartnern (Genosko 2000: 6, Camagni 1991:5). Zudem besteht die Gefahr, dass es bei einer starken Netzwerkidentität zu Motivationsproblemen bei den eigenen Mitarbeitern kommt, da die organisationale Identifikationsgrundlage unscharf ist (Sydow 2006:402, Michalski 2003:81). Ganz allgemein lässt sich darüber hinaus feststellen, dass durch die parallele Interaktion der Mitglieder es in Netzwerken häufig schwierig ist, Verantwortlichkeiten genau zuzurechnen. Dies hat unmittelbare Auswirkung auf die Steuerbarkeit des Netzwerkes: es ist davon auszugehen, dass Netzwerke nur eine partielle Systembeherrschung zulassen (Sydow 2006:402f). Da jedes Netzwerkmitglied potenziell mit jedem anderen in Kontakt treten kann, sind Netzwerke von sehr dicker, d. h. intensiver Kommunikation mit teils widersprüchlicher Information charakterisiert. Um dies zu bewältigen ist hohe Ambiguitätstoleranz erforderlich, was die Gefahr der Überforderung der Netzwerkmitglieder beinhaltet (Oesterle 2005:145).

  27. 27.

    Die Konzentration auf Kernkompetenzen führt automatisch zur Netzwerkbildung: denn konzentriert sich ein Unternehmen auf seine Stärken, so ist damit ausgeschlossen, dass fehlende Fähigkeiten, die keine Kernkompetenzen darstellen, über Lernprozesse oder Zukäufe – also durch Internalisierungsprozesse – im Unternehmen selbst generiert werden. Periphere Kompetenzen werden vielmehr externalisiert – fehlende Fähigkeiten werden auf dem Wege der Quasi-Internalisierung oder der Quasi-Externalisierung beschafft (Hinterhuber/Stahl 1996:100f). Wenn sich rechtlich selbständige Unternehmen in einer Kooperation zusammenfinden und ihre Aktivitäten einer intensiven Abstimmung unterwerfen, spricht man von „Quasi-Internalisierung“. Auf diese Weise entstehen Wertschöpfungsnetzwerke als „Ergebnis einer die Unternehmensgrenzen überschreitenden Differenzierung und Integration ökonomischer Aktivitäten“ (Michalski 2002:68). Dabei bleibt ihre Eigenständigkeit erhalten, es kommt aber trotzdem zu einer engen Verzahnung in Form von strategischen Allianzen, Partnerschaften oder Kooperationen. Der zweite Weg zur Netzwerkbildung kommt von der Hierarchie. Hierbei geht es darum, aus einem Unternehmen kleinere Einheiten auszugliedern. Allerdings werden sie nicht völlig den freien Marktkräften ausgesetzt, sondern in einer kooperativen Organisationsform mit dem Mutterunternehmen in Verbindung gehalten. Bei dieser Art der Netzwerkgründung handelt es sich um „Quasi-Externalisierung“, die häufig unter Schlagworten wie Subcontracting oder Ausgründung thematisiert wird. (Duschek 2002:27f).

  28. 28.

    Genaueres über die Wirkung der Vernetzung auf innovative Prozesse findet sich bei Hartlieb et al. 2003:214 ff.

  29. 29.

    In ähnlicher Weise lassen sich co-operative, co-ordinative und collaborative networks mit dem Gedanken des Netzwerkspools bzw. des aktivierten Netzwerks verbinden (Mandell/Keast 2008a:690f): Bei co-operative networks geht es nur um die Koordination zwischen den Aktivitäten von ansonsten unabhängigen Einheiten. Diese Koordination beruht auf reinem Informationsaustausch bzw. Kommunikation zwischen den Partnern und zieht keine wesentlichen Veränderungen in der internen Struktur der Teilnehmer nach sich (Head 2008:735f). Die Partner teilen auch keine gemeinsamen Ziele oder treiben gemeinsame Maßnahmen voran (Koppenjan 2008:708). Die Bindungsintensität ist gering. Bei co-ordinative networks gehen die Partner einen höheren Grad an gegenseitiger Verpflichtung ein. Hintergrund dieser Vernetzungsform ist die Einsicht der Partner, dass ein Wertschöpfungsprozess nicht optimal koordiniert ist, dass also Ineffizienzen vorliegen. Indem sie ihre individuellen Prozesse und Handlungen aufeinander abstimmen, erhoffen sie sich Effizienzgewinne. Dies schließt Veränderungen in den eigenen Strukturen mit ein. Allerdings bleiben die Unternehmen in diesem Modell eigenständig und verpflichten sich nur lose zur Zusammenarbeit. Dies ändert sich in collaborative networks. Sie zielen auf die Schaffung gemeinsamer Leistungen ab. D. h. es geht nicht um die Addition eigenständiger Leistungsbausteine, sondern um die Schaffung netzwerkeigener Produkte und Leistungen (Head 2008:734). Co-operative, Co-ordinative und Collaborative Networks sind also von einer zunehmenden Bindungsintensität gekennzeichnet. Sie können auf einem Kontinuum von angeordnet werden, das von losen, schwachen bis hin zu starken Bindungen reicht (vgl. strukturelle Merkmale von Netzwerken). Der Netzwerkpool lässt sich mit der Qualität der Co-operative Networks in Verbindung bringen; die anderen beiden Netzwerkqualitäten entsprechen den aktivierten Netzwerken.

  30. 30.

    Die Bedeutung der Existenz eines Netzwerkzieles geht auch aus der Definition von Netzwerken von Chisholm (1998:xxi) hervor: „a network is a set of autonomous organizations that come together to reach goals that non to them can reach separately“.

  31. 31.

    Die Divergenz von einzelbetrieblichen Zielen und Netzwerkzielen kann zu Motivationsproblemen führen, die das Management von Netzwerken erheblich erschwert (Hess/Wittenberg 2003:166).

  32. 32.

    Häufig fällt in diesem Zusammenhang der Begriff des „territorialen Produktionssystems“. Ein territoriales Produktionssystem ist zu verstehen als ein Netzwerk aus regionalen Akteuren, die durch gemeinsame Wahrnehmungen, eine gemeinsame technische Kultur und daraus abgeleitet gemeinsamen Wissen verbunden sind und in einer bestimmten Art und Weise auf Anforderungen der Umwelt hinsichtlich Technology, Markt- oder Kapitalstrukturen reagieren (Crevoisier/Maillat 1991:14f).

  33. 33.

    Ähnliche Aufgabenbündel werden auch von anderen Autoren diskutiert. Biedermann et al. (2003:164 ff) führen beispielsweise vier Aufgabengruppen an, die ebenfalls regulative Funktionen (Festlegen von Spielregeln, Vertragsgestatlung), Führungsaufgaben (Planung & Krontolle, soziale Aktivitäten), organisatorische (Projektabgrenzung, Projektstruktur, Innovationsprozesse) und personelle Aktivitäten (Wahl der Kooeprationspartner, Personelle Konstellation, Kompetenzportfolio) umfassen.

  34. 34.

    Wesentlich für den Erfolg einer netzwerkbezogenen Steuerungsleistung ist es, zu erkennen, dass Netzwerke – anders als Hierarchien – von seriellen Informationskanälen (Ortner 2003:87) gekennzeichnet sind. In Hierarchien ist das Kommunikationssystem geprägt von bidirektionaler Interaktion. D. h. eine übergeordnete Instanz kommuniziert „nach unten“, in Richtung nachgeordneter Einheiten, die untereinander keine Information austauschen oder austauschen dürfen. Aufgrund dieser exponierten Stellung kann die Instanz Informationen inhaltlich färben, monopolisieren oder selektiv weitergeben. In Netzwerken hingegen ist das Kommunikationssystem seriell aufgestellt, d. h. es gibt keine informationstechnisch überlegene Position. Alle Akteure kommunizieren untereinander.

  35. 35.

    Der Stakeholder-Begriff lässt sich in Bezug setzen zum Begriff des Shareholder, also des Aktionärs eines Unternhemens. Waren unternehmerische Aktivitäten in der Vergangenheit darauf ausgerichtet, maximale Werte für Shareholder zu genieren, tritt heute die Wertschöpfung für breite Anspruchsgruppen in den Vordergrund (Freeman 2008:74; Ackermann 2006:185).

  36. 36.

    Auf der anderen Seite zeigen Cennamo et al. (2008), dass Stakeholdermanagement nicht zwangsläufig zu höherer Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens führt. Dazu sind die Zusammenhänge zwischen den Maßnahmen, die ein Unternehmen im Rahmen seiner Stakeholderpolitik ergreift und den Reaktionen, welche die Stakeholder zeigen, zu komplex: „ambiguity bay be so great that not even managers within the firm understand the relationship between actions and outcomes“ (Reed/Defillippi 1990:90f). Eine besondere moderierende Rolle für die Zielgenauigkeit der Maßnahmen ist das Verhalten von den mit der Durchführung betrauten Managern. Häufig verfügen sie aufgrund der Komplexität der Stakeholder Arena über großen Handlungsspielraum und damit Macht. Diese können sie für eigenen Zielsetzungen missbrauchen und damit die Wirksamkeit der unternehmerischen Stakeholder-Initiativen contrakarrieren. Cennamo et al. (2008) bezeichnen diese Zsuammenhänge als „dark side of stakeholder management“.

  37. 37.

    Stakeholdermanagement wird aher auch als Teil der Business & Society-Forschung betrachtet (Litz 1996:1357). Darin eingeschlossen sind ebenfalls Ansätze der Corporate Social Responsiblity, der Corporate Social Responsiveness, der Corporate Social Performance, der Business Ethics etc. (vgl. Buchholtz/Carroll 2008:34 ff). Freeman/Reed (1983:91) stellen zudem heraus, dass die Stakeholder-Theorie in unterschiedlichen Kontexten Anwendung gefunden hat: neben der Managementlehre ist sie in Arbeiten zur praktischen Unternehmensführung eingeflossen und dient nicht zu letzt als analytischer Rahmen für unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen.

  38. 38.

    Vgl. auch das “principle of corporate legitimacy” und das “stakeholder fiduciary principle” bei Evan/Freeman (1993:82) und die „Doctrine of Fair Contracts“ bei Freeman (1994) oder die „Responsibility Thesis“ bei Freeman (2008:78).

  39. 39.

    Freeman (1984:52 ff) unterscheidet prinzipiell drei Ebenen des Stakeholder-Managements: die rationale, die prozessuale und die transaktionale Ebene. Aufgabe des Managements auf der rationalen Ebene ist es zu klären, wer die Stakeholder des Unternehmens sind. D. h. es geht um die Identifikation wesentlicher Anspruchsgruppen, ihrer Anliegen und ihrer Macht (Buchholtz/Carroll 2008:108). Hierauf liegt auch der Schwerpunkt des vorliegenden Kapitels. Auf der prozessualen Ebene ist das Stakeholder-Management aufgefordert, die Art und Weise, wie Anspruchsgruppen auf die eigenen Organisation, die eigenen Zielsetzungen und Prozesse einwirken können, zu analysieren und geeignete unternehmensinterne Antworten zu entwerfen. Um wirksam werden zu können, benötigt die unternehmensinterne Stakeholder-Strategie jedoch die dritte, transaktionale Ebene. Inhalt diese Ebene sind die konkreten Beziehungen zwischen Unternehmen und Stakeholdern (vgl. Buchholtz/Carroll 2008:108 ff). Diese beiden letzten Ebenen bleiben – da es hier um eine begriffliche Eingrenzung des Stakeholder-Konzepts geht, außen vor.

  40. 40.

    Mit der Definition der eigenen Stakeholder nimmt ein Unternehmen die Abgrenzung seiner eigenen Umwelt vor. Es schafft sich sein eigenes „enacted environment“ bzw. „relevante Umwelt“ (Menz/Stahl 2008:70). Dies hat weitreichende Folgen: das Unternehmen schließt damit Gruppen inklusive deren Ansprüche oder deren Ressourcenbeiträge aus der Beobachtung aus (Pfeffer/Salancik 1978:71 ff). Auf der anderen Seite, sind Entscheidungen für oder gegen einzelne Gruppen notwendig, weil Unternehmen nicht über genügend Ressourcen verfügen, um alle möglichen Interessensgruppen zu berücksichtigen (Giger 2005:105; Figge/Schaltegger 2000:12; Kankkunen 1993:51).

  41. 41.

    Interaktionen werden in dieser Arbeit als „verbale und nicht verbale, reziproke Aktionen zwischen zwei oder mehreren Partnern im Hinblick auf die Erstellung und/oder den Absatz eines Leistungsbündels bei gegenseitiger Abhängigkeit (Interdependenz) von Aktion und Reaktion“ (Hadwich 2003:63) verstanden. Interaktionen sind insofern wechselseitig und schließen die Bereitschaft zum Umgang miteinander ein. Sie sind zudem von einer sozialen Dimension gekennzeichnet. D. h. die Interaktionsqualität der Partner wird nicht nur über technische Handlungen bestimmt, sondern ist in wesentlichem Maße von sozialen Elementen wie Offenheit, Fairness, Vertrauen geprägt. Das Ergebnis der Interaktion hängt von der Stärke der Beziehung zwischen den Partnern ab.

  42. 42.

    Aus der Berücksichtigung von außermarktlichen bzw. nicht vertraglich motivierten Stakeholder-Ansprüchen entsteht für Godpaster das sog. „Stakeholder-Paradoxon“. Es ergibt sich daraus, dass entweder die Shareholder-Ansprüche oder jene der weiteren Anspruchsgruppen verletzt werden. Godpaster (1991) löst das Dilemma, indem er treuhänderische Pflichten des Unternehmens nur gegneüber der Shareholder anerkennt. Allen anderen Anspruchsgruppen ordnet er indirekte (moralisch begründete) Pflichten zu.

  43. 43.

    Wichtig bei der Identifikation von Stakeholdergruppen ist zudem zu berücksichtigen, dass es unterschiedliche Detaillierungsgrade gibt. Es können große Gruppen voneinander abgegrenzt werden (Mitarbeiter, Aktionäre, Zulieferer). Diese sind in sich jedoch wiederum unterteilbar. So unterscheiden sich Mitarbeiter auf verschiedenen Hierarchiestufen in ihren Ansprüchen voneinander (Friedman/Miles 2006:14). Bunn et al. (2002:189) unterstreichen zudem, dass die Identifikation von Anspruchgsgruppen eine Lernprozess ist. Je mehr eine Organisation über eine Branche oder ein Wertschöpfungsnetzwerk weiß, desto genauer kann sie Stakeholderbeziehungen beurteilen. Daher wird sich die relevante Stakeholder-Karte über die Zeit hinweg verändern (vgl. Menz/Stahl 2008:4; Phillips 2003:33f; Post et al. 2002b:23f; Janisch 1993:384).

  44. 44.

    Hintergrund für die netzwerkbasierte Sichtweise der Stakeholder-Theorie sind normative Überlegungen, welche das Verhältnis zwischen Unternehmen und Stakeholdern nicht wie bei der organisationszentrierten Sichtweise als Auseinandersetzung, sondern als Partnerschaft verstehen (Wicks et al. 1994; Burton/Dunn 1996). In dieser Partnerschaft haben beide die Verantwortung für das Wohlergehen des anderen. Es wird die Interdependenz der fokalen Organisation mit ihren Stakeholdern betont: Das Unternehmen profitiert von seiner Umwelt und ist daher verpflichtet, etwas zurück zu geben. Insofern haben Unternehmen eine Verantwortung für die Akteure ihres Beziehungsnetzwerks. Dies entspricht dem von Freeman und Evan (1993) formulierten Prinzipien: Das Prinzip der unternehmerischen Verantwortung sagt aus, dass Unternehmen Nutzen für ihre Stakeholder stiften und sie in Entscheidungen, welche ihr Wohlergehen betreffen, einbinden sollen 1993:82. Im Prinzip der Verantwortlichkeit gegenüber Stakeholdern wird das Management eines Unternehmens in die Pflicht genommen. Es hat die Aufgabe, in der Rolle des Agenten im Sinne einer Vertretung der Stakeholder-Interessen zu handeln und damit das langfristige Überleben des Unternehmens zu sichern (Evan/Freeman 1993). Es geht insofern um Harmonie, Ausgewogenheit und Nachhaltigkeit – nicht um Kontrolle und Macht. In diesem Sinne liegt der Schwerpunkt dieser Ansätze auch nicht auf Wettbewerb, sondern auf Vertrauen und Kooperation. Ziel ist die Herstellung von Win-Win-Situationen. Der Weg dorthin ist gekennzeichnet von Dialog und Mitgefühl. Die Partner interagieren in flachen Hierarchien bzw. in hierarchielosen, polyzentrischen Strukturen und schaffen in kreativen Prozessen Mehrwerte für alle Beteiligten (Friedman/Miles 2006:67).

  45. 45.

    Buchholtz/Carroll (2008:111) verweisen in diesem Zusammenhang auch auf das Konzept der „stakeholder symbiosis“. Dieses sagt aus, dass alle Anspruchsgruppen in ihrer Wohlfahrt voneinander abhängen.

  46. 46.

    Nach Janisch (1993:131) sind es fünf Kontexte: das ökologische, ökonomische, technologische, politisch/rechtliche und gesellschaftlichen Handlungfeld. Menz/Stahl (2008:136 ff) identifizieren ebenfalls fünf „Stakeholder-Arenen“: die interne, die öffentliche, die mediale sowie die Markt- und Finanzarena. In ähnlicher Weise gehen Payne/Holt (2001:173) vor: sie gehen davon aus, dass eine Unternehmen seine Stakeholder auf sechs Märkten antrifft: dem Konsumentenmarkt, dem internen Markt, dem Einflussmarkt, dem Reputationsmarkt, dem Zuliefer- und Parntermarkt sowie dem Markt, über den neue Mitarbeiter akquiriert werden können (vgl. auch Payne/Rapp 2003; Peck et al. 1999; Christopher et al. 1991). Strong et al. (2001:219) identifizieren im Unterschied dazu drei Märkte: den Arbeitsmarkt, den Kapitalmarkt und den Produkt- bzw. Dienstleistungsmarkt. Wesentlich für diese Arbeit ist zu erkennen, dass sich Stakeholder innerhalb von Handlungsbereichen gruppieren lassen.

  47. 47.

    Kooperation kann definiert werden als „similar or complementary coordinated actions taken by firms in interdependent relationships to achieve mutual outcomes or singular outcomes with expected reciprociation over time“ (Anderson/Narus 1990:45).

  48. 48.

    Inhaltlich betrachtet können verschiedene Issue-Typen identifiziert werden. So wird von „social“, „ethical“, „political“, „technological“, „economic“ und „financial“ Issues (Carroll 1993:579) ebenso gesprochen wie von “universal”, “advocary”, “selective” und “technical” Issues (Bartha 1982). Als besonders relevant erscheint jedoch die Unterscheidung von „social issues“ von „stakeholder issues“ (Clarkson 1995): erstere betreffen die Gesellschaft insgesamt. Letztere liegen der konkreten Interaktion zwischen dem Unternehmen und einer spezifischen Anspruchsgruppe zugrunde. Sie bilden selektive Anliegen von Teilen der Bevölkerung ab. „Social Issues“ haben demgegenüber die Besonderheit, dass sie selten in direkter Auseinandersetzung zwischen Unternehmen und Anspruchsgruppe bearbeitet werden. Vielmehr werden sie in die politischen Willensbildungsprozesse eingespeist (Clarkson 1995:103). Wichtig ist dabei festzuhalten, dass Issues sowohl von objektiven als auch subjektiven Elementen gekennzeichnet sind (Martello 1997:34).

  49. 49.

    Dies geschieht vor dem Hintergrund der „Resource Dependence“ Theorie (Pfeffer/Salancik 1978). Grundaussage darin ist, dass Unternehmen nicht alle Ressourcen, die für ihr Überleben wichtig sind, selbst besitzt. Es muss diese aus der Umwelt beziehen. Die Knappheit von Ressourcen führt insofern zu Kooperation. Ergebnis sind Unternehmensnetzwerke. Unternehmen, die über knappe und stark nachgefragte Ressourcen verfügen, können Machtvorteile für sich realisieren (vgl. Skelcher/Sullivan 2008:757 Hinterhuber/Stahl 1996:89).

  50. 50.

    Diese Ressourcen fließen dem Unternehmen entweder freiwillig (Kunden, Mitarbeiter, Zulieferer, Investoren) oder unfreiwillig (Standortgemeinden) zu. Freiwillige Stakeholder können darüber entscheiden, ob sie an der unternehmerischen Wertschöpfung (und dem damit verbundenen Nutzen bzw. Risiko) teilnehmen möchten – unfreiwillige Anspruchsgruppen können diese Entscheidung nicht treffen (Rühli/Sachs 2003:54; Post et al. 2002b:17). Wichtig ist jedoch, dass sie alle ein positives Interesse am Unternehmen haben.

  51. 51.

    Die Nutzenerwartung der Stakeholder verweist auf den in der Literatur zu findenden Begriff des Stakeholder-Value. Der Begriff kann aus zwei Perspektiven definiert werden (Figge/Schaltegger 2000:17f; Eberhardt 1998:162): Erstens aus der Sicht der Anspruchsgruppen. Bewertungsgegenstand ist in diesem Fall das Unternehmen. Stakeholder Value ist gleichzusetzen mit dem Wert des Unternehmens für die Stakeholder (Eberhardt 1998:162). Aus der Perspektive des Unternehmens hingegen werden die Stakeholder zum Bewertungsgegenstand. Dabei ist zu berücksichtigen, dass von einer Wertgenerierung (dem Value) grundsätzlich dann gesprochen werden kann, wenn der Nutzen einer Handlung, deren Kosten übersteigt (Figge/Schaltegger 2000:23). Ziel des Stakeholder-Value-Ansatzes ist es, den stakeholderorientierten Unternehmenswert (Figge/Schaltegger 2000:17), d. h. den Wert des Unternehmens für Stakeholder zu steigern (Aharoni 1993:39). Dies gelingt dadurch, dass der Nutzenüberschuss, welchen die Anspruchsgruppen durch die Interaktion mit dem Unternehmen realisieren können, möglichst maximiert wird. Dabei können die Ansprüche, welche Stakeholder gegenüber einem Unternehmen halten, als Gegenleistung für die von ihnen eingebrachten Ressourcen verstanden werden: „das Unternehmen [gewährt] Anspruchsrechte an die Stakeholder. Diese erbringen im Gegenzug einen Leistungsbeitrag für die Gewährleistung des Anspruchsrechts […] Der aus dem Anspruchsrecht resultierende Nutzen dient als Maßstab der Bedürfnisbefriedigung der Anspruchsgruppen. Von dieser subjektiven Messlatte, dem ursächlich wahrgenommenen Nutzen, aus dem wiederum die Leistungsbereitschaft resultiert, hängt die Höhe des Stakeholder Value ab“ (Skrzipek 2005:52). Da das Konzept des Stakeholder Value insgesamt eher auf Erkenntnisse der Customer Life Time Rechnung aufbaut und damit in den Bereich der Investitionskostenrechnung fällt, wird es in dieser Arbeit nicht näher ausgeführt.

  52. 52.

    Kuhn (2008:1232 ff) geht davon aus, dass Unternehmen kommunikative Konstrukte darstellen. Kommunikationsprozesse in Unternehmen führen zu einer „coorientation“ (Kuhn 2008:1232) der Gesprächspartner. Es entsteht ein gemeinsames, semantisches Orientierungssystem der Akteure, welches die kommunikative Infrastruktur des Unternehmens darstellt. Dieses Orientierungssystem besteht aus bestimmten, sich durch Wiederholung immer wieder selbst reproduzierende „Texte“. Texte tragen dazu bei, Handlungen und Äußerungen der Unternehmensmitglieder zu koordinieren. In der Interaktion mit Stakeholder ermöglichen Texte, den Austausch von Leistungen. Voraussetzung dafür ist die „intertextuality“ (2008:1243) des Unternehmens – d. h. seine Offenheit und Flexibilität, den eigenen Text (Handlungszusammenhang) an jenen der Stakeholder anzupassen.

  53. 53.

    Rowley/Moldoveanu (2003:205 ff) gehen davon aus, dass es nicht nur gemeinsame Anliegen oder Themen sind, die Stakeholder dazu bringen, Ressourcen zur Verfügung zu stellen, sondern eine geteilte Identität: Je stärker die Gruppenidentität und je ausgeprägter die gemeinsame Interaktionsgeschichte, desto höher wird das Engagement für kollektive Ziele ausfallen. Identität kann insofern als „alternative basis for mobiliziation“ (2003:208) angesehen werden.

  54. 54.

    Stahl (2003) stellt hier auf den Bezug der Stakeholdertheorie zur Koalititionstheorie (Cyert/March 1963) bzw. der Anreiz-Beitrags-Theorie (March/Simon 1958) ab. Bei letzerer spielt der Ansatz des organisationalen Gleichgewichts (Barnard 1938; Simon 1976) eine Rolle. Dieser geht davon aus, dass eine Organisation nur dann überleben kann, wenn deren Rückflüsse an die eigenen Teilnehmer hoch genug ist, um dauerhaft deren Beiträge zu sichern (vgl. auch Menz/Stahl 2008:3; Eberhardt 1998:152 ff).

  55. 55.

    Dass diese Aushandlungsprozesse keine leichte Aufgabe sind, stellt Peitsch (2005:40) heraus: Die Anzahl der Stakeholder ist bei öffentlichen Themen wesentlich größer als bei privatwirtschaftlichen Zielsetzungen. Die Ansprüche der Stakeholder sind zudem häufig sehr heterogen, wenn nicht sogar widersprüchlich, was eine Einigung erschwert (vgl. auch Earl/Clift 1999:150).

  56. 56.

    Kamann/Strijker (1991:147) hingegen gehen davon aus, dass nicht nur jene, die aktiv Ressourcen für regionale Ziele einsetzen, Stakeholder-Qualität aufweisen, sondern alle Gruppen und Individuen, die von regionalen Projekten betroffen sind. Dies öffnet die Kreis der zu betrachtenden Akteure enorm: im Grunde ist von Projekten beispielsweise der Lebensqualität oder der Infrastruktur jeder Einwohner der Region und darüber hinaus (auch Gäste und Besucher) betroffen. Da dieser weite Stakeholderbegriff schwer operationalisiert werden kann, erscheint eine engere Fassung für die vorliegende Arbeit sinnvoll.

  57. 57.

    Der Wertbegriff wird häufig im Kontext weiterer Begriffe wie denjenigen der Tugend, der Ethik, der Moral oder der Norm verwandt. Alle vier Begriffe sind inhaltlich zwar ähnlich, aber dennoch unterscheidbar: Unter Tugenden werden „Haltungsbilder“ (Mieth 1984 zitiert in Werner 2002:326) verstanden, welche dem eigenen Leben Stetigkeit verleihen. Sie entstehen dadurch, dass ein Individuum ethisches Verhalten immer wieder praktiziert und dieses damit zur eigenen, fest verankerten Verhaltensdisposition werden lässt. In Bezug auf den Begriff des „Werts“ kann festgehalten werden, dass durch wiederholendes Handeln verfestigte Werthaltungen mit Tugenden verglichen werden können. Die Idee der Werthaltung entspricht insofern dem Konzept der Tugenden; beide entstehen in habituellem, also gewohnheitsbasiertem Handeln. Der moderne Wertbegriff kann somit als Erbe des antiken Tugendbegriffs verstanden werden (Werner 2002:336). Moral wiederum lässt sich in zwei Richtungen deuten: zum einen in einem faktischen Sinne. In diesem Fall stellt Moral diejenigen Ideen, Überzeugungen, Handlungen sowie die zugrundeliegenden Normen dar, welche ein Mensch faktisch vertritt. Auf der anderen Seite kann Moral normativ interpretiert werden. Dann geht es um die Ideen, Überzeugungen und Handlungen, welche ein Mensch vernünftiger Weise haben sollte. Moral ist in diesem Fall Handlungsaufforderung, die gesellschaftliche Normen beinhaltet (Suchanek 2005:64f). Normen sind eine Ebene über Werten zu verorten. Sie fassen verschiedene Werte zu einem Wertsystem zusammen. Dieses System kann neben individuellen Werten auch gesellschaftliche Werte enthalten. Als wesentlicher Unterschied zu Werten beinhalten Normen allgemeingültige Sollensforderungen an das Individuum. Sie sind zu verstehen als „ein Maßstab, ein Prinzip bzw. eine Richtschnur, welcher Einstellungen und Verhalten von Menschen regelt“. Sie implizieren damit einen höheren Bindungsgrad bzw. Verbindlichkeit (Tokarski 2008:34). Die Ethik ist eine Disziplin der Philosophie, welche sich mit dem „Zustandekommen und Befolgen moralischer Vorgaben“ (Petry 2005:173) auseinandersetzt. Allgemein kann Ethik auch als die Wissenschaft vom Handeln des Menschen verstanden werden, wobei insbesondere das gute Handeln im Zentrum der Aufmerksamkeit steht (Nygaard/Biong 2010:88; Gold 2009:180; Krobath 2009:39; Bombassaro 2002:13f;).

  58. 58.

    Obwohl Werte Normen als Handlungsrahmen begründen, legen sie kein konkretes Verhalten fest, denn Werte sind inhaltlich unspezifisch (Werner 2002:104f). D. h. ein Wert wie z. B. Gerechtigkeit steht inhaltlich unterschiedlichen Interpretationen offen. Er selbst kann daher für konkrete Handlungen nur eine vage Vorgabe bieten. Gleiches gilt für Zielbildungsprozesse: ein Wert kann eine Vielzahl von Zielen begründen. Ziele sind insofern einem Wert logisch untergeordnet. Zur Erreichung eines Ziels entfaltet sich menschliches Handeln. Ein Wert beeinflusst eine Vielzahl an Zielen; ein Ziel erlaubt eine Vielzahl an Handlungen. Der Effekt von Werten öffnet sich in Richtung Handlung trichterförmig (Tokarski 2008:30). Homann (2003:77) geht entsprechend davon aus, dass nur ein ganz geringer Anteil des menschlichen Handelns unmittelbar von Werten gelenkt wird. Der überwiegende Teil des Handelns beruht auf ökonomischen Anreizen.

  59. 59.

    Werte stellen zeit- und gesellschaftsbezogene Konstrukte dar: „Values then are changeable, vulnerable to the affects of time and location, and because of one’s own self-interest in them, can suffer extensively from biases of which one may not even be aware“ (Gold 2009:180). Sie können in ihrer Bedeutung wachsen oder aber auch Aushöhlung bzw. Missachtung erfahren (Küng 2010:409; Breuer 2010:109; Gold 2009:180; Rödder 2008:13). Insofern kann sich auch die Richtung ihrer Steuerung verändern.

  60. 60.

    Problematisch ist dies insbesondere deshalb, weil Werte nichts über den Inhalt dieser Handlugen sagen. D. h. im Prinzip kann jedes Handeln mit dem Bezug auf Werte gerechtfertigt werden. Gleiches gilt für die Rechtfertigung von Macht durch den Rekurs auf Werte: Werte sagen nichts über die richtige Machtverteilung aus – sie können missbraucht werden, um bestehende oder erwünschte Machtkonstellationen zu begründen (Werner 2002:144f).

  61. 61.

    Werner (2002:13) betont demgegenüber, dass Werte nicht nur Zusammenhalt, sondern auch Konflikte begründen. Die Definition von Werten bedingt immer auch die Abgrenzung gegenüber anderen Werten, bzw. deren Klassifizierung als Unwerte.

  62. 62.

    Eine Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die durch die Akteure wahrgenommenen Werte ihren eigenen Werthaltungen entsprechen (Sharma et al. 2009:253; Valentine/Barnett 2003:361). Denn geteilte Werte bilden die Basis für Identifikation, vor deren Hintergrund sich Zugehörigkeitsgefühl entwickeln kann (Nygaard/Biong 2010:89). Weichen die individuellen und die organisationalen Werteorientierungen zu stark voneinander ab, so gelingt es kaum, eine gemeinsame Ziel- und Handlungsbasis zu definieren (O’Donohue/Nelson 2009:260; Ackermann 2006:189).

  63. 63.

    Dies erklärt teilweise auch die Problematik bei der Integration unterschiedlicher Kulturen in eine Unternehmenskultur. Unternehmenskulturen können definiert werden als die „kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Organisation von einer anderen unterscheidet“ (Hofstede 1997:249). Wenn man diese kulturellen Unterschiede verschiedener Organisationen nun genauer betrachtet, dann kann man feststellen, dass in geringerem Maße die Werte, an entscheidender Stelle jedoch die Praktiken voneinander abweichen. Dies gilt insbesondere bei Unternehmen, die im gleichen Land angesiedelt sind. Dies lässt den Rückschluss zu, dass alle diese Unternehmen auf ein ähnliches – nämlich national geprägtes Wertegerüst zurückgreifen und dieses je nach ihren organisationalen Besonderheiten unterschiedlich interpretieren (Tokarski 2008:27; Fürst 2005:43). Diese Interpretationen des Wertegerüsts werden in verschiedenen Organisationspraktiken deutlich. Unternehmenskulturen werden damit von nationalen Kulturen beeinflusst (Hofstede 1997:250 ff), was die Integration anderer Nationalitäten erschwert.

  64. 64.

    Allerdings darf nicht davon ausgegangen werden, dass Gesellschaften vollkommen wertehomogen sind (Gödde/Zirfas 2010:93). Vielmehr findet sich innerhalb einer Gesellschaft eine Vielzahl unterschiedlicher Werteorientierungen (Schmidt 2005:15). Sie sind insofern geprägt von Wertepluralismus und daraus abgeleitet Wertekonflikten (Tokarski 2008:32).

  65. 65.

    Ursprüngliche wurde nur Dingen ein Wert zugeordnet, nicht aber dem Menschen: „Der Mensch hat keinen Wert, das haben Dinge. Der Mensch aber besitzt eine unveräußerliche Würde“ (Deckers 2008:109). Allerdings erfuhr der Wertebegriff im Laufe der Zeit eine Aufwertung, so dass heute auch die Würde als Wert angesehen wird. Es werden also gewissermaßen auch außer-ökonomischen, immateriellen Sachverhalten Werte zugeordnet. Der ursprünglich ökonomische Begriff des Wertes verbindet sich damit mit grundsätzlich „preisbildungsunfähigen“ Lebensorientierungen (Lübbe 2007:58).

  66. 66.

    Der Prozess der Habitualisierung läuft dabei noch auf individueller Ebene ab: indem ein Subjekt bestimmte Wertungen gegenüber seiner Umwelt häufig wiederholt, verfestigen sich diese zu Werthaltungen im Sinne von erlernten Verhaltensdispositionen (Werner 2002:159). Der Mensch eignet sich insofern Gewohnheiten bei seinen Bewertungen an, die zu inneren Wertmodellen werden. Mit diesen Wertmodellen tritt er in Beziehung zu anderen Menschen. Grundlage für diese Interaktion ist zunächst jedoch eine Objektivierung der individuellen Werte. D. h. durch Sprache und Schrift gelingt es, individuelle Werte so auszudrücken, dass sie von anderen verstanden und geteilt werden können. Werte werden insofern anonymisiert. Dies ist Grundlage dafür, dass Gruppen gemeinsame Werte ausbilden können. Im Zeitverlauf wiederum verstetigen sich diese geteilten Werte. Indem Menschen auf wiederholt stattfindende gemeinsame Werterlebnisse zurück greifen, werden sie zu festen Rahmenbedingungen des Handelns: „Im Rahmen mitmenschlicher Kommunikation und Interaktion kommt es aufgrund […] der Erfahrung übereinstimmender konstanter Bewertungen von Objekten hinsichtlich ihrer Vorzugswürdigkeit und deren Bewusstwerdung, […] zu einer intersubjektiven Verständigung“ (Werner 2002:159). Ausgehend von habitualisierten Wertungen der Individuen, formen sich innerhalb von Gruppen also über einen Prozess der Objektivierung individueller Werte in kollektive Werthaltungen aus, die sich im Lauf der Zeit verfestigen. Kollektive Werte erfahren insofern eine Institutionalisierung. Sie gelten unabhängig von konkreten Situationen und haben gewisserweise die Qualität von allgemeinen Handlungsleitlinien. Institutionalisierte Werte finden sich so auch in Normen bzw. gesellschaftlichen Rollen wieder (Werner 2002:160).

  67. 67.

    Im Grunde unterhält jede Disziplin ihre eigenen Wertegerüste: Um die Veränderung von Werthaltungen bei Individuen nachzuverfolgen, wird in der Soziologie beispielsweise auf eine „List of Values (LOV)“ zurückgegriffen (Kahle 1996). Diese umfasst acht Werte, welche sich in Defizitwerte (deficit values) und Erlebniswerte (excess values) unterscheiden lassen. Unter die erste Kategorie fallen die Werte Sicherheit, Zugehörigkeit und Respekt. Die Gruppe der Erlebniswerte umfasst hingegen die Selbstwertschätzung, Freundschaft, Erfolg, Selbstverwirklichung und Genuss. Im Rahmen des European Social Survey werden in ähnlicher Weise die Werteorientierungen der Menschen in Europa untersucht (vgl. Davidov 2008:425 ff). Der Analyse dort liegen allerdings 10 Werte zugrunde, welche sich in Teilen von der amerikanischen LOV unterscheiden. Insgesamt ergibt sich folgendes Feld an Werten: Macht im Sinne von sozialem Status und Prestige, Erfolg, Genuss, Herausforderung im Sinne von Spannung und Veränderung, Selbstbestimmung, Toleranz, Wohlwollen, Traditionsbewusstsein, Konformität und Sicherheit.

  68. 68.

    Zur inhaltlichen Erklärung der einzelnen Werte sei auf entsprechende Fachliteratur verwiesen, z. B. Krobath (2009).

  69. 69.

    Im Unterschied dazu wird häufig jedoch auch das Gefühl als konstitutives Element von Werten angesehen: „Es sind die ‚Bedürfnisse des Gemütes‘, die das ‚Gleichgültige vom Wertvollen‘ scheiden“ (Schloter 2004, 559 zitiert in Krobath 2009:45).

  70. 70.

    Als kategorischer Imperativ wird in der Kantischen Ethik „jenes schlechthin höchste Gebot (Sollen), das ohne jede Einschränkung, also unbedingt gültig ist“ beschrieben (Höffe 2008:157). Er umfasst Handlungen, die nicht Zweck für ein übergeordnetes Ziel sind, sondern die aus sich selbst heraus gut (im Sinne von sittlich gut) sind. Dabei fußt der kategorische Imperativ auf der menschlichen Vernunft. Demnach sind Verhaltensvorschriften dann sittlich, wenn sie so formuliert sind, dass sie allgemeine Gültigkeit erlangen können. Dies gelingt vor dem Hintergrund des guten Willens einer sittlichen Person. Dieser Wille, den Kant mit der Würde des Menschen verbindet, kennt keinen Wert, sondern ist Zweck an sich. Er entzieht sich der subjektiven Bewertung; er stellt einen absoluten Wert dar. Er ist es, vor dessen Hintergrund allgemein Gesetze formuliert werden können. Oder anders ausgedrückt: Der vernunftbasierte menschliche Wille ist in der Lage, ohne Bezug auf die Realisierung vorauslaufender Zwecke Verhaltensvorschriften so zu fassen, dass sie die formalen Anforderungen des kategorischen Imperativs erfüllen (Ricken 2003:134ff; Werner 2002:14f).

  71. 71.

    Frey et al. (2004:50f) entwickelte diese Prinzipien als Handlungsanleitung im organisationalen, unternehmerischen Kontext; eine Übertragung auf Netzwerke erscheint aufgrund der Interaktionsorientierung der Prinzipien jedoch vertretbar.

  72. 72.

    Darüber hinaus gibt es Ansätze, welche objektive und subjektive Ansätze in sich vereinen (vgl. Niehans 1990:233).

  73. 73.

    Nicht jedes Gut weist einen Tauschwert auf. Es gibt Güter mit hohem Gebrauchswert, die keinen Tauschwert besitzen. Dies ist beispielsweise bei freien Gütern wie Sonne oder Luft der Fall (Bontrup 1998:36). Wesentlich für den Tauschwert eines Gutes ist also dessen Knappheit. Nur knappe Güter sind ökonomische Güter im dem Sinne, dass sie einen Preis aufweisen (Frambach 2008:13; Bontrup 1998:33).

  74. 74.

    Kritik erfährt der objektive Ansatz der Werttheorie deshalb, weil er ein wesentliches Problem bei der Bewertung von Gütern nicht in der Lage ist zu erklären: das Wertparadoxon (Brösse 1999:70). Darunter wird der Umstand verstanden, dass Güter, welche für das Leben der Menschen einen hohen Gebrauchswert haben, häufig nur einen geringen oder gar keinen Tauschwert (und damit verbunden keinen Gegenwert in Arbeitleistung) besitzen und umgekehrt. Zudem konnte der klassische Ansatz der objektiven Wertbestimmung nicht erklären, wie die durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit determinierten Werte in Preise umgewandelt werden (Transformationsproblem) (Bontrup 1998:39). Hinzu tritt das Problem der Bewertung von Gütern, in denen sich unterschiedliche Qualitäten an Arbeit manifestieren (Himmelmann 1974:29).

  75. 75.

    Marx koppelt die Entlohnung der Arbeiter an den Wert des Gutes Arbeit: Das ist diejenige Arbeitszeit, welche zur Erhaltung eines Arbeiters notwendig ist. Arbeiter werden insofern entsprechend den Kosten für ihre „Reproduktion“ (Himmelmann 1974:23) entlohnt. Diese Kosten richten sich nach dem durchschnittlichen Preis der Lebensmittel (im weitesten Sinn, inklusive Wohnung etc.), die ein Arbeiter für die Wiederherstellung seiner Arbeitskraft benötigt (Heine/Herr 2000:541, Niehans 1990:145f).

  76. 76.

    Der Substanzwert kann angesehen werden als Wert der in einer Ware angehäuften Arbeit; der Substratwert hingegen meint den Rohstoffwert eines Gutes im Sinne des Arbeitswertes, welcher in ein Rohprodukt eingeflossen ist und nun weiterverarbeitet wird. Der Substanzwert eines Gutes entspricht in den Worten Marx’ der „lebendigen Arbeit“, der Substratwert der „toten Arbeit“, also der Arbeit, die früher verausgabt wurde (Heine/Herr 2000:539).

  77. 77.

    Innerhalb der Grenznutzenlehre lassen sich drei Richtungen voneinander abgrenzen: die sog. Wiener (oder Österreichische) Schule, die Lausanner Schule und die Cambridge Richtung. Als Hauptvertreter der Wiener Schule kann Menger (1840–1921) angesehen werden. Er folgerte aus der Knappheit von Gütern, dass deren Wert nicht aus der gesamten Gütermenge, sondern analog zum Nutzenzuwachs beurteilt wird, der sich durch die „zuletzt befriedigend eingesetzten Teilmenge eines Gutes“ (Piekenbrock 2008:69) ergibt. Der bekannteste Vertreter der Lausanner Schule hingegen ist Walras (1834–1910). Er bereitete mit seinem „Gesetz vom (absoluten) Grenznutzenniveau“ die Formulierung des Pareto-Optimums und über seine Präferenzskalen die Definition des Begriffs der Indifferenzkurven vor. Ein Vertreter der Cambridge Richtung der Grenznutzenschule wiederum ist Jevons (1835–1882). Er interpretiert den individuellen Nutzen insbesondere vor dem Hintergrund eines Lust-Unlust-Prinzips. Nutzen entspricht der Lust, die durch eine Einheit eines Gutes hervorgerufen wird. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass allen Vertretern der marginalistischen Richtung die Bestimmung des Wertes als Grenznutzen (bzw. als Grenzwert) gemeinsam ist. Zudem lehnen alle die Arbeitswertlehre, nach der sich der Wert eines Gutes durch die zu seiner Herstellung notwendige Arbeitszeit bestimmt, ab (Reimherr 2005:264).

  78. 78.

    Der Grenznutzen entspricht dabei demjenigen Nutzen, der bei einem Individuum je konsumierter Einheit eines Gutes entsteht. Knappe Güter werden, wenn man deren Grenznutzen berücksichtigt, demnach so verteilt, dass jedes durch den Konsum einer Einheit des Gutes befriedigte Bedürfnis mehr wert ist, als dasjenige Bedürfnis, das zurückgestellt wird. Der Wert des betrachteten Gutes ergibt sich aus der Bedürfnisbefriedigung, auf die ein Individuum verzichten müsste, wenn die letzte Einheit des Gutes nicht zur Verfügung stünde (Reimherr 2005:262; Niehans 1990:221f). Dies bedeutet für die Allokation von Ressourcen auf Bedürfnisse: Ein Bedürfnis wird solange befriedigt bis ein anderes Bedürfnis eine größere Bedeutung erhält. An diesem Punkt ist der Grenznutzen des Gutes in der zweiten Bedürfnisbefriedigung höher als in der ersten. Das Konzept des Grenznutzens ist damit in der Lage, Hinweise auf die optimale Verteilung knapper Ressourcen (im Sinne einer Nutzenmaximierung) auf konkurrierende Verwendungszwecke zu geben (Herdzina/Seiter 2009:75; Grossekettler/Hadamitzky 2008:35; Reiß 2007:190f; Brösse 1999:7).

  79. 79.

    Knappheit ist dann gegeben, wenn ein Gut nicht ausreicht um das Bedürfnis nach ihm zu decken (Herdzina/Seiter 2009:10; Graf 2002:5; Bontrup 1998:45). Sie führt dazu, dass Personen mit einem Bedürfnis in Konkurrenz zueinander treten und bereit sind, eine Gegenleistung (z. B. einen Preis am Markt) für das Gut zu entrichten (Brösse 1999:33f). Der Tausch von Gut und Gegenleistung erfolgt vor dem Hintergrund einer subjektiven Wertzuschreibung. D. h. diejenige Person, die dem Gut den höchsten Wert zuschreibt und bereit ist, am meisten dafür einzutauschen, wird das Gut erhalten (Graf 2002:10f und 44). Knappheit ist allerdings relativ: Sie bestimmt sich in unterschiedlichen Personenkreisen, in unterschiedlichen Märkten oder Zeitpunkten verschieden (Herdzina/Seiter 2009:10; Bontrup 1998:45).

  80. 80.

    Zum Begriff des gerundiven Werts siehe Engels (1962:11 ff) und Wöhe (1986:945 ff).

  81. 81.

    In ähnlicher Weise stellen Payne/Holt (2001:160) die neoklassische Wertelehre als Grundlage des Kundennutzens heraus: „This neoclassical theory has, however, provided the basis for much of the work on consumer value“.

  82. 82.

    Lucas-Bachert (2001:16) erklärt dies damit, dass Kunden immer häufiger nicht nur funktionelle, sondern ideelle Werte bei Produkten suchen: Trademarks wandeln sich zu Trustmarks und schließlich zu Lovemarks. Ähnliches gilt für alle anderen Stakeholder. Gerade hochqualifizierte Mitarbeiter engagieren sich häufig bevorzugt für Unternehmen, die neben ökonomischen Werten, auch ethische Werte berücksichtigen.

  83. 83.

    Nach Schmidt (2002:77) lässt sich dieser Einfluss auch in die andere Richtung formulieren: Ethische Werte generieren nicht nur Wert, sondern hängen auch von der ökonomischen Wertschöpfung eines Unternehmens ab. Ohne ihre dauerhafte Existenzsicherung können Unternehmen ihre Werte nicht leben.

  84. 84.

    Die Werteorientierung der eingesetzten Managementinstrumente wurde dabei über drei bzw. vier Indikatoren je Stakeholdergruppe gemessen. Bei den Mitarbeitern sind dies die mitarbeitergerechte Gestaltung der Arbeitsaufgaben, die Teilhabe an Entscheidungen und die Unterstützung von Mitarbeitern bzw. die Anerkennung ihrer Leistungen. Die Werteorientierung in Bezug auf Kunden wurde über die Indikatoren Qualitätsmanagement, Informationspolitik und Beschwerdemanagement abgebildet. Hinsichtlich der gesellschaftlichen Anspruchsgruppen wurden vier Indikatoren eingesetzt: das soziale Engagement des Unternehmers/Geschäftsführer, Spenden und Schenkungen, Partnerschaften im Sinne nicht-monetärer Unterstützung gesellschaftlicher Ziele und die Integration von Randgruppen in die unternehmerischen Aktivitäten (Hammann et al. 2009:41f).

  85. 85.

    In ähnlicher Weise verbindet Fromhold-Eisebith (2004:753 ff) den Ansatz der innovativen Milieus (der in der vorliegenden Arbeit die Eigenschaften des latenten Netwerkpools charakterisiert) mit jenem des Sozialkapitals. Inhaltlich beziehen sich beide Konzepte auf ähnliche Prozesse der regionalen Wettbewerbsfähigkeit. Sie betonen die Vorteilhaftigkeit von dichten Netzwerken aus sozial eingebetteten, regionalen Kontakten für den Zusammenhalt der Gesellschaft, die Entstehung von Normen, damit die Reduktion von Unsicherheit, den leichteren Zugang zu emotionaler Unterstützung und netzwerkimmanentem Wissen. Auf der anderen Seite ergeben sich auch Unterschiede: So betont der Milieu-Ansatz die Heterogenität der Akteure, während der Sozialkapitalbestand in homogenen Gruppen am höchsten ist. Im Mittelpunkt der Milieu-Forschung steht die Förderung der Innovationsfähgikeit von Unternehmen und damit Erneuerung und Wandel; die Sozialkapitaltheorie impliziert hingegen Stabilität und Sicherheit. Beide Konzepte sind insofern unterschiedliche genug, um sich gegenseitig Mehrwerte stiften zu können. Auf der anderen Seite weisen sie jedoch genügend Parallelen auf, die eine Verbindung der beiden Theoriestränge als sinnvoll erscheinen lassen.

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Bachinger, M. (2012). Begriffliche Grundlagen. In: Stakeholder Value in Regionalentwicklungsprozessen. Entrepreneurial Management und Standortentwicklung – Perspektiven für Unternehmen und Destinationen. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-8349-4033-9_2

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