Skip to main content

Führen durch Sinn

  • Chapter
  • First Online:
Führen lernen
  • 13k Accesses

Zusammenfassung

Sinnsuche ist ein zentrales Zeitgeistphänomen, charakteristisch für die Mentalität des modernen westlichen Menschen. Sie ernährt inzwischen ganze Industrien. Das ist kein Wunder, nachdem der große metaphysische Orientierungsrahmen, das geschlossene, von Christentum, antiker Kultur und bürgerlichemSelbstbewusstsein geprägte abendländische Weltbild ebenso zerfallen ist wie der Glaube an säkular-messianische Heilslehren aus der Zeit des „Klassenkampfes“.

Doch bei aller Fokussierung auf die individualisierte Selbstverwirklichung bleibt das Bedürfnis des Einzelnen nach einem Platz im Kósmos, der dem eigenen Leben, dem alltäglichen Tun undHandelnwenn nicht ewigen Ruhm, so doch immerhin innerhalb eines großen, das je Individuelle transzendierenden Ganzen Bedeutung und Richtung gibt. In einer offenen, pluralistischen oder „multikulturellen“ Gesellschaft stellt sich nicht nur die Frage nach dem Ganzen, sondern ebenso dringlich die Frage nach meinem Beitrag, den ich dazu leisten kann.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

eBook
USD 9.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Hardcover Book
USD 74.99
Price excludes VAT (USA)
  • Durable hardcover edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Einen Beitrag leisten ist die aktive Seite meines Zugehörigkeitsgefühls zu einer Gemeinschaft. Damit nehme ich mich selbst innerhalb meines sozialen Kontextes als selbstwirksam war. Auf dieser Voraussetzung beruht das Community Building.

  2. 2.

    Vgl. Bruch und Vogel (2005); Bruch et al. (2006).

  3. 3.

    Die Erforschung der Kraft des menschlichen Willens geht zurück auf den deutschen Psychologen Narziß Ach. Aus politisch-ideologischen Gründen verschwand sie seit 1945 und wurde erst zu Ende des letzten Jahrhunderts wiederentdeckt. Vgl. neben den Schriften von Ach für den Führungskontext v. a. Ghoshal und Bruch (2003).

  4. 4.

    Ghoshal und Bruch (2003, S. 51).

  5. 5.

    Vgl. zum Thema der organisationalen Sinnstiftung auch Weissmann (1997) – Sinnergie.

  6. 6.

    Wir können gar nicht anders, als im Mittelpunkt unseres Weltbildes zu stehen. Das hat nichts mit Egoismus oder Egozentrik in einem sozial-moralischen Sinne zu tun. Es beruht schlichtweg auf einer – reichlich erfahrungsbasierten und mittlerweile wissenschaftlich anerkannten – erkenntnistheoretischen Grundannahme. Letztendlich entscheiden wir immer selbst – manchmal bewusst, meist unbewusst – was wir für richtig oder falsch, gut oder schlecht, stimmig oder unstimmig halten. Unser Weltbild ist ein je ganz individuelles Konstrukt, etwas von uns selbst Geschaffenes. Dass dies keine creatio ex nihilo ist, sondern der Schöpfungsprozess bestimmt wird durch eine letztlich unüberschaubare Zahl von biologischen und historisch-kulturellen Randbedingungen, ist kein Widerspruch dazu. Dass wir selbst die Autoren unseres Weltbildes sind und dieses durch die Bedeutungen entsteht, die wir den verschiedenen Elementen und Vorstellungen in Bezug auf uns selbst beimessen, bedeutet keinesfalls, dass uns andere Menschen oder der Rest der Welt gleichgültig wären oder gar sein sollten. Es meint allerdings, dass die letzte Verantwortung immer bei uns selbst liegt.

  7. 7.

    Die Gallup Engagement Indizes (s. http://eu.gallup.com/Berlin/118645/Gallup-Engagement-Index.aspx) weisen für deutsche Mitarbeiter in den letzten Jahren traditionell miserable Werte hinsichtlich ihrer emotionalen Bindung an die jeweiligen Arbeitgeber aus. Laut Studie resultieren daraus geringe Arbeitsmotivation und -engagement mit den entsprechend hohen betrieblichen und volkswirtschaftlichen Kosten. Angesichts der Tatsache, dass die Arbeitsbedingungen und die soziale Absicherung der Mitarbeiter auf historisch höchstem Niveau liegen, ist es unwahrscheinlich, in diesen Bereichen Ursachen für die seit Jahren negative Entwicklung zu finden. Generell ist zweifelhaft, ob „komfortable“ Arbeitsbedingungen und hohe Löhne wirklich entscheidende Faktoren sind für die emotionale Bindung, d. h. die Identifikation von Führungskräften und Mitarbeitern mit einer Organisation. Wesentlicher dürften zwei Aspekte sein: Erstens die Organisationskultur: Erleben Mitarbeiter und Führungskräfte eine Wertschätzung für ihre Person auf ihrer Position? Empfinden sie sich auf ihrer Position als selbstwirksam? Zweitens der organisationale Sinn: Empfinden sie die Organisation und die Ziele des organisationalen Handelns als sinnvoll? Gibt es eine Konvergenz zwischen ihren persönlichen Werten und Zielen und der Realität des organisationalen Handelns?

  8. 8.

    Vgl. Neuberger (2005, S. 205–212).

  9. 9.

    Die Tatsache, dass es durchaus auch wirkungslose Organisationen gibt, sollte uns nicht dazu verleiten, anzunehmen, dass diese alle auf mentaler Ebene totalitär gesteuert wären. Die Ursachen von Wirkungs- bzw. Erfolglosigkeit sind erwiesenermaßen sehr vielfältig.

  10. 10.

    Aufschlussreich in diesem Zusammenstellung ist die Gegenüberstellung der Kernthemen der unterschiedlichen Alterskohorten, der „Geezers“, geb. um 1925, und der „Geeks“, geb. um 1975 bei Bennis und Thomas (2002, S. 23–85, zusammengefasst in den Tabellen S. 32 u. S. 58).

  11. 11.

    Doering-Manteuffel (2008, S. 327).

  12. 12.

    Sloterdijk (2011, S. 154–155). Hubbards Aktivitäten weisen eindeutig auf den Aspekt der Kommerzialisierung der Sinn-Industrie hin. Der europäische „Existentialismus “ und die „Situationistische Internationale“ (vgl. Zweifel et al. 2006), eine Europäische Avantgarde-Bewegung, die später den „Mai 68“ auslöste, reagierten auf das gleiche Krisenphänomen, jedoch mit gänzlich anderen Haltungen und Zielen.

  13. 13.

    Neuberger (2005, S. 141–221).

  14. 14.

    Vgl. dazu auch Malik (2006, S. 90–97).

  15. 15.

    Die populäre Rezeption der Maslowschen Bedürfnis-Pyramide (Maslow 1943; vgl. auch Maslow 1998) unterstellt, dass in der Hierarchie höherstehende Motivationen wie Individualbedürfnisse und der Wunsch nach Selbstverwirklichung erst wahrgenommen würden, wenn die Bedürfnisse an der Pyramidenbasis (Physiologische Bedürfnisse, das Bedürfnis nach Sicherheit) gestillt wären.

  16. 16.

    Vgl. Schacter (2001); Assmann, J., (1992); Assmann, A. (2010).

  17. 17.

    Ein Ausdruck, geprägt durch den evangelischen Theologen Fulbert Steffensky: „Das Böse sei überall gesucht worden, sagt Steffensky. Die Linke habe in allem schon die Vorläufer der Nationalsozialisten gesehen, bei Hölderlin angefangen. Auf diese Weise habe man die Geschichte immer nur als Verfall lesen können, und man habe der eigenen Geschichte, der eigenen kollektiven Erinnerung nichts Gutes zugetraut. Vor 30 Jahren gehörte auch Steffensky zu denen, die Traditionen unter Generalverdacht stellten. Heute sagt er: ‚Das ist eine Selbstberaubung, die die Freiheit zerstört und mit der vor allem die Kinder nicht leben können.‘ Wieder fällt mir der ‚vergiftete Boden‘ ein. Kulturleistungen, auf die üblicherweise jedes Volk stolz ist, wurden nachträglich vergiftet, weil man darin die Wurzeln des Zivilisationsbruchs vermutete. Es ist an der Zeit, unsere Erinnerungskultur zu überdenken. Was wollen und müssen wir an unsere Kinder und Kindeskinder weitergeben? Wie vermitteln wir die NS-Vergangenheit? Welche Schwerpunkte setzen wir bei der Weitergabe des Wissens über deutsche Geschichte und Kultur, damit das, was Deutschland im Kern ausmacht, für Kinder aus Migrantenfamilien begreifbar wird? Was kann ihnen – die in nicht allzu ferner Zukunft die Hälfte der Großstadtjugend ausmachen werden – helfen, sich kulturell zu verankern? Was bedeutet für sie deutsche Identität, solange das Fernsehen sich beim Darstellen der deutschen Geschichte überwiegend auf Schreckensbilder aus den dreißiger und vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts konzentriert?“ (Bode 2006, S. 266). S. auch Lackmann (2009).

  18. 18.

    Als politisches Kernprogramm der Bundesrepublik prägnant formuliert vom „Vater des Wirtschaftswunders“ Ludwig Erhard (Erhard 1957). Erhards Erfolgstitel wurde zuletzt 2009 neu aufgelegt. Angesichts der Konzentration der öffentlichen Diskussion auf die Verteilung (statt der Schaffung) von Wohlstand muss allerdings davon ausgegangen werden, dass die Verkaufszahlen nur einen geringen Hinweis auf eine tatsächliche Lektüre geben können. Zum Wohlstandsparadigma vgl. auch Peer Steinbrück: „Bei der Überlegung, was in der Bundesrepublik nach 1949 identitätsstiftend war, kommt Steinbrück [*1947] auf vier Punkte: Verfassungspatriotismus (nach Habermas), die D-Mark, die Fußballweltmeisterschaft 1954 und ein Wohlstands- und Wachstumsparadigma. Den vierten und letzten Punkt erläutert Steinbrück so: ‚Abgesehen von kleinen Ausschlägen in der Konjunktur hast du materiell von Jahr zu Jahr etwas mehr als vorher. Das ist die Erfolgsgeschichte dieser Republik. Und zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist dieses Wohlstandsparadigma leider zum Ende gekommen.‘“ (Bode 2006, S. 78). Ergänzend zu Steinbrück und mit Blick auf die Traditionsvergiftung von großer Bedeutung ist das seit den 1960er Jahren aufgekommene, bis heute wirksame Paradigma der traditionsvergiftenden „Post-mortem-Entnazifizierung“, bei der sicherheitshalber der wesentliche Teil der deutschen Geschichte und Kultur entsorgt wird. Allerdings steht zu befürchten, dass sich die Machtergreifung der NSDAP 1933 auch dadurch nicht verhindern lassen wird, dass man Hölderlin, Fichte, Hoffman von Fallersleben, die Familien Krupp, Benz und gleich ganz Preußen – um nur einige populäre Beispiele nennen – zu (proto-)faschistischen Wegbereitern Hitlers deklariert.

  19. 19.

    Stil- und meinungsbildend seit fast 2000 Jahren: Die Apokalypse des Johannes.

  20. 20.

    Vgl. Jarausch (2008a).

  21. 21.

    Möglicherweise entwickelt sich Nokia gerade zu einem Beispiel für den Fluch des Erfolgs resp. das Innovatoren-Dilemma.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2012 Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Gräser, P. (2012). Führen durch Sinn. In: Führen lernen. Gabler Verlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-8349-7135-7_25

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-8349-7135-7_25

  • Published:

  • Publisher Name: Gabler Verlag, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8349-3263-1

  • Online ISBN: 978-3-8349-7135-7

  • eBook Packages: Business and Economics (German Language)

Publish with us

Policies and ethics